61 Prozent der Hamburger Eltern würden ihre Kinder gern an einer Privatschule anmelden. Schon jetzt besuchen knapp zehn Prozent der Schüler Schulen, die nicht staatlich sind.

Überfüllte Klassen, marode Gebäude, viel Unterrichtsausfall - zunehmend benoten Eltern staatliche Schulen als mangelhaft. Mehr als jeder zweite Hamburger (51 Prozent) und sogar 61 Prozent der Mütter und Väter würden ihre Kinder sofort an einer Privatschule anmelden, so das Ergebnis einer Psephos-Umfrage im Auftrag des Abendblatts. Fest steht: Private Schulen liegen im Trend, auch Hamburg verzeichnete in den vergangenen Jahren einen wahren Gründungsboom. Tendenz steigend. Schon 20 358 Kinder und Jugendliche, knapp zehn Prozent der Hamburger Schüler, besuchen Privatschulen. Laut Schulbehörde gibt es derzeit knapp 70 private Schulen, davon 17 Berufsschulen. Schon 2009 wird es weitere Alternativen zum staatlichen Schulsystem geben: Bei der Behörde liegen laut Abendblatt-Information bereits 13 Anträge für neue Schulen vor.

Neben weiteren Berufsschulen warten fünf allgemeinbildende Schulen auf eine Genehmigung. Zwei Anträge stammen von den Planern der "Modernen Schule-Hamburg" (MSH), die mit Grundschule und Sekundarstufe 1 im Sommer 2009 in Groß Borstel eröffnen soll. Zentrale Idee: Die Schüler sollen von Anfang an neben Deutsch auch Englisch und Chinesisch lernen. Die Höhe des Schulgelds steht noch nicht fest. Die Gründung einer Grund- sowie einer Gesamtschule bereitet der Hamburger Unternehmer und Strategieberater Philipp A. Thode vor. Der Verein "Leben mit Behinderung e.V." hat eine Sonderschule beantragt. Die "OKO Private School" für Hochbegabte (Intelligenzquotient von mindestens 115) will im August 2009 in den Walddörfern eröffnen und nimmt bereits Anmeldungen entgegen.

Das Recht, Privatschulen einzurichten, ist in Deutschland durch das Grundgesetz geschützt. Neben den Schulen, die sich auf reformpädagogische Ansätze wie die Rudolf-Steiner-Schulen (sechsmal in Hamburg) oder Montessori-Schulen (zum Beispiel eine Grundschule in Bergedorf) stützen, zählen auch kirchliche Schulen zu den privaten Alternativen. Die katholische Kirche ist derzeit Träger von etwa 20 Schulen in Hamburg, dazu kommen einige evangelische Schulen, die größte in Norddeutschland ist die Wichern-Schule (Horner Weg) der Stiftung "Das Rauhe Haus".

Während kirchliche Schulen keine Gebühren erheben, zahlen Eltern für nahezu alle anderen Privatschulen ein monatliches Schulgeld. Die Obergrenze sollte laut Behörde bei 200 Euro liegen - doch bereits vor vier Jahren, bei der letzten Erhebung über das Schulgeld in der Hansestadt, lag bei elf Hamburger Privatschulen der monatliche Beitrag darüber. Im Juni dieses Jahres hatte die Behörde erklärt, dass Privatschulen Ermäßigungen und Stipendien für wirtschaftlich benachteiligte Schüler vorsehen müssten.

Denn das oftmals hohe Schulgeld der Privatschulen sorgt immer wieder für Kritik. Zumal es tatsächlich in der Regel die sogenannten bildungsnahen und finanzstarken Familien sind, die sich vom staatlichen Bildungssystem verabschieden. Als "elitär" und "Ausdruck eines Zwei-Klassen-Bildungssystems" kritisieren Gegner die privaten Schulen. So wurde beispielsweise auch die Phorms-Schule in Eimsbüttel wegen des zunächst geplanten Schulgelds von bis zu 900 Euro pro Monat erst nach einem Kompromiss genehmigt: Die von einem Tochterunternehmen der Phorms-Aktiengesellschaft eröffnete bilinguale Schule (20 Kinder pro Klasse) nimmt jetzt 200 Euro monatliches Schulgeld. Liegt das Jahreseinkommen der Eltern unter 40 000 Euro, werden 50 Euro im Monat fällig. Den Vorwurf, eine "Eliteschule" zu betreiben, hatte das Unternehmen stets zurückgewiesen. Man achte bei den Schülern "auf die soziale Mischung", hieß es.