Hamburg. Anrufer gab sich als Sohn aus, der sofort Kaution in Höhe von 30.000 Euro benötigt. Seniorin informiert Polizei. Abholer festgenommen.

Wahrscheinlich hielten die Betrüger die Seniorin für ein leichtes Opfer. Und ein ausgesprochen lohnendes noch dazu. Die Blankeneserin Henriette M. (Name geändert) hat dankbar reagiert, als sie angeblich von der Polizei angerufen wurde und es um ihr Geld ging. Und die 95-Jährige hat bereitwillig erzählt, dass sie nicht nur über die geforderten 30.000 Euro, sondern auch noch über Schmuck und Goldbarren verfüge. Doch am Ende wurde die Rentnerin nicht das Opfer von perfiden Straftätern, sondern zur Helferin der Polizei. Henriette M. hat äußerst clever dazu beigetragen, dass einem Mann mit bösen Absichten das Handwerk gelegt werden konnte.

Es war der 10. Mai dieses Jahres, als bei der 95-Jährigen zu Hause in Blankenese das Telefon klingelte. Laut Anklage im Prozess vor dem Schöffengericht, wo sich jetzt ein 44-Jähriger wegen des versuchten gewerbsmäßigen Betruges an der Seniorin verantworten muss, kam es jetzt zu einem sogenannten Schockanruf.

Polizei Hamburg: Opfer durchschaut Enkeltrick und ködert Betrüger

Dies ist eine Variation des Enkeltricks, mit dem Betrüger systematisch Senioren ausplündern. Den Ermittlungen zufolge gab sich der Anrufer als der Sohn der Seniorin aus und sagte, er habe einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Mensch gestorben sei. Nun müsse der Sohn vermutlich in Haft.

Zwei weitere Männer sollen dann das Telefonat übernommen und sich als „Polizeibeamter Schneider“ und „Staatsanwalt Grünewald“ vorgestellt haben. Sie forderten Henriette M. auf, eine Kaution in Höhe von mindestens 30.000 Euro zu zahlen, damit ihr „Sohn“ vor dem Gefängnis verschont werde. Die Seniorin erkannte jedoch den Betrugsversuch und gab nur zum Schein an, über Goldbarren, Schmuck und Bargeld zu verfügen sowie zu einer Übergabe ihrer Wertgegenstände bereit zu sein.

Seniorin verhilft Polizei zur Festnahme

Tatsächlich, so die Anklage weiter, informierte de 95-Jährige umgehend die Polizei. Diese konnte den Angeklagten, der einen „Mitarbeiter des Amtsgerichts“ mimen sollte, festnehmen. Er sei in seiner polnischen Heimat von Fremden angesprochen worden, die ihm 500 bis 1000 Euro für einen Job angeboten hätten, sagt der Angeklagte Aladyn P. im Prozess. Dabei habe er lediglich etwas abholen sollen.

Dem 44-Jährigen sei bekannt, „dass das keine legale Beschäftigung war“, erklärt der Verteidiger des Angeklagten. Aladyn P. habe von seinen Auftraggebern ein Handy erhalten und die Anweisung bekommen, sich dafür in Hamburg eine Sim-Karte zu besorgen. Per Telefon erfuhr der 44-Jährige dann weiter, zu wem er gehen und dass er sich als Mitarbeiter des Amtsgerichts ausgeben solle.

Doch dann sei er direkt festgenommen worden. „Ich habe keinen Widerstand geleistet, nur die Hände nach hinten gehalten“, beteuert Aladyn P. Die Hintermänner des Betruges kenne er nicht. Er habe auch nicht genau gewusst, was er hätte abholen sollen. „Mir wurde gesagt, wenn ich das erledige, wird man mir Dankbarkeit zeigen.“ Er selber habe „aus meiner Güte heraus“ mitgemacht, „aus Hilfsbereitschaft“, übersetzt eine Dolmetscherin die Aussage des Angeklagten ins Deutsche. „Sie haben mich sehr eindringlich gebeten. Ich wollte ihnen helfen.“

Henriette M. bleibt im Prozess eine Zeugenaussage erspart. Sie hatte schon bei der Polizei geschildert, wie sie sofort den Betrug durchschaut und die Täter mit ihrem angeblichen Reichtum geködert habe. Das Urteil des Schöffengerichts für den geständigen Angeklagten: Er erhält ein Jahr Haft – auf Bewährung.