Hamburg. Ein Mann hat Impfpässe gefälscht und sich damit nicht strafbar gemacht. Das sieht auch ein Richter so. Hier die Urteilsbegründung.
Als die Ermittler im vergangenen Herbst in einer Rahlstedter Wohnung aufschlugen und mit einer Durchsuchung begannen, ging es um Drogen. Doch quasi als „Beifang“ kamen sie einer Fälscherwerkstatt für unechte Corona-Impfpässe auf die Spur. So absurd das klingen mag: Dieser Polizeieinsatz vom 13. September 2021 hat Cagatay A. wohl eine ganz empfindliche Zeit im Gefängnis erspart.
Denn damals, so entschied jetzt das Landgericht, war das Fälschen von Impfpässen in diesem konkreten Fall nicht strafbar. Deshalb sprach die Kammer den Angeklagten am Dienstag in dieser Sache frei. Mit dem Freispruch folgte das Gericht der vorherrschenden Auffassung, dass das Fälschen von Impfpässen nach der bis zum 24. November 2021 geltenden Rechtslage nur strafbar war, wenn der Impfpass gegenüber einer Behörde oder einer Versicherung verwendet wurde – und nicht, wenn jemand ihn im Kino oder im Restaurant vorlegte.
Prozess: Hamburger fälscht Impfpässe – Freispruch
Cagatay A. wurde vorgeworfen, 15 Blanko-Impfpässe mit den Namen seiner jeweiligen Kunden versehen und Eintragungen über angeblich erfolgte Corona-Impfungen vorgenommen zu haben. Die entsprechenden Papiere habe er mit einem gestohlenen Stempel versehen sowie mit der Unterschrift des angeblichen Impfarztes. Darüber hinaus habe er in einer Wohnung weitere knapp 400 Blankoimpfpässe gelagert, die mit angeblichen Chargennummern eines Vakzins sowie mit der nachgeahmten Unterschrift eines Arztes versehen waren.
Das Strafgesetzbuch habe früher Gesundheitszeugnisse nicht wie andere Urkunden behandelt, sodass es seit Langem eine Streitfrage gewesen sei, wieweit die Echtheit von Gesundheitszeugnissen geschützt seien, begründete der Vorsitzende Richter jetzt den Freispruch für Cagatay A. Der Gesetzgeber habe viele Jahre Zeit gehabt, diese Zweifel auszuräumen und eine Regelung erst dann getroffen, als diese Frage mit Blick auf die Impfpässe plötzlich sehr wichtig geworden sei. Und diese „Nachbesserung“ war erst am 24. November erfolgt und hatte so Rechtssicherheit geschaffen.
Haftstrafe für Handel mit Marihuana
Anders als jetzt das Landgericht hatte das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG), das sich zuvor mit der Rechtsfrage hatte befassen müssen, eine andere Ansicht vertreten. Dort waren die Richter der Auffassung, dass auch schon Taten vor dem 24. November strafbar seien.
Doch allein für den Handel mit Marihuana haben Cagatay A. und der Mitangeklagte Sassi B. (34) Haftstrafen bekommen. Das Landgericht verhängte gegen den vorbestraften Cagatay A. eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Der nicht vorbestrafte Sassi B. erhielt eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.