Berlin/Hamburg. Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung. Arabischstämmige Großfamilien und Hells-Angels-Mitglieder unter Tatverdächtigen.
Mit einer Großrazzia ist die Polizei gegen Organisierte Kriminalität im Clanmilieu und in der Rockerszene vorgegangen. Insgesamt wurden am Donnerstagmorgen 33 Wohnungen und andere Räume in Berlin, Hamburg und Brandenburg durchsucht, drei Verdächtige wurden verhaftet, wie die Berliner Staatsanwaltschaft mitteilte.
Es gehe um Verdächtige aus arabischstämmigen Großfamilien und um Querverbindungen zum Rockermilieu, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Die Hamburger Polizei wollte sich nicht äußern, und verwies auf die Berliner Behörden.
Razzien gegen Clans: Hells-Angels-Mitglieder unter Tatverdächtigen
In Berlin und Hamburg waren etwa 500 Polizisten im Einsatz. Auch Bundespolizisten – die GSG9 – nahmen an den Durchsuchungen teil. Laut Polizei waren auch Spezialeinsatzkommandos vor Ort. Der Einsatz begann um kurz nach 6 Uhr, sagte eine Polizeisprecherin.
Bei den Ermittlungen geht es auch um den Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung, gewalttätiges Eintreiben von Schulden, Betrug und Drogenhandel. Die Kriminellen sollen „erhebliche Vermögenswerte“ kassiert haben. Mit den Durchsuchungen sollten laut Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft auch solche Vermögenswerte sowie Beweise gesichert werden. „Wir kämpfen gegen Paralleljustiz und Organisierte Kriminalität“, twitterte die Staatsanwaltschaft.
Großrazzia gegen Clan und Rocker – 36 Verdächtige
Den drei Verhafteten wird vorgeworfen, sich mittels gefälschter Vollmachten und Personaldokumente eine Immobilie übereignet zu haben. Die rechtmäßigen Eigentümer der Immobilie, die laut Steltner über drei Millionen Euro wert ist, sollen vom Betrug zu Beginn nichts gemerkt haben. An der Tat waren demnach auch ein Notar, ein Rechtsanwalt und ein Makler beteiligt.
Die drei verhafteten Männer sollen ein älteres Ehepaar um das Grundstück im Wert von mehr als drei Millionen Euro betrogen haben. Dafür sollen eigens eine Gesellschaft gegründet und Vollmachten gefälscht worden sein. Weitere Verdächtige sollen mit Drogen gehandelt haben. Offenbar wurden dabei nicht alle Schulden bezahlt. Ein „Streitschlichter für die Unterwelt“ soll zwischen den Konkurrenten vermittelt und auch kassiert haben – so sei dann nicht zur Schusswaffe gegriffen worden. Der mutmaßliche Vermittler sei aber nicht in U-Haft. Sprecher Steltner sagte, es gebe verschiedene Verflechtungen, „alles hängt mit allem zusammen“.
Ermittelt werde seit einem Jahr gegen 36 Verdächtige verschiedener Nationalitäten, zu denen auch Mitglieder der Rockerbande Hells Angels sowie Menschen aus deren Umfeld gehörten, wie die Staatsanwaltschaft am Mittag mitteilte. Zwei der drei verhafteten Männer gehören einem bekannten Clan an, wie es bei der Staatsanwaltschaft hieß.
Durchsuchungen in Hamburg und Berlin – Gewaltinkasso, Drogen
Die Beschuldigten haben demnach vor allem auf dem Gebiet des sogenannten Gewaltinkassos und durch "Betrugstaten und Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz" Vermögen angehäuft. "Die heutigen Durchsuchungs- und Vermögensabschöpfungsmaßnahmen dienten der weiteren Aufklärung der Struktur und der durch die Vereinigung begangenen Straftaten sowie der Sicherung von Vermögenswerten", teilte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin mit.
Bei den Durchsuchungen wurde eine Vielzahl von Beweismitteln sichergestellt, deren Auswertung durch das Landeskriminalamt Berlin noch andauert.
Der Vorwurf Bildung einer kriminellen Vereinigung ist neu im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen kriminelle Clanmitglieder. Der entsprechende Paragraf 129 definiert eine kriminelle Vereinigung als einen Zusammenschluss von mehr als zwei Menschen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.
Razzien: Haftbefehle im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften
Nach Informationen der Berliner Morgenpostgeht es um den Verdacht, dass über Immobiliengeschäfte Geld gewaschen worden sein soll. Im Zentrum steht demnach offenbar der Familien-Clan Abou-Chaker. Hier gibt es aktuell mindestens ein Gerichtsverfahren, in das Familienmitglieder involviert sind. Als mutmaßliches Opfer ist der Rapper Bushido Zeuge.
Die Haftbefehle seien im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften erlassen worden, zitierten "Bild" und "B.Z." Steltner. Der Schwerpunkt der Einsätze soll in den Bezirken Mitte, Charlottenburg und Spandau liegen.
Clanmitglieder sorgen immer wieder für Schlagzeilen
Clan- und organisierte Kriminalität ist seit längerem in Berlin und in anderen Bundesländern ein Thema. Ende September gab es Durchsuchungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Geldwäsche bei Managerhonoraren in der Rapper-Szene. Vermögen in Höhe von mehreren Millionen Euro wurde vorläufig sichergestellt.
Im November fasste die Polizei drei Verdächtige aus einer anderen Großfamilie im Zusammenhang mit dem spektakulären Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden. Zwei weitere mutmaßliche Täter entkamen. Zuvor hatten Anfang November gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Clanmitgliedern und Tschetschenen Schlagzeilen gemacht.