Hamburg. Omaima A. war mit dem Rapper und Dschihadisten Deso Dogg verheiratet. Ihr werden schwere Straftaten vorgeworfen.

Ihr langer Weg an der Seite von Dschihadisten endet für Omaima A. am Flughafen. Bundespolizisten führten die Deutschtunesierin zu einem Helikopter ab, sie wurde für den Termin bei einem Haftrichter nach Karlsruhe geflogen. Am Dienstag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gegen die Frau den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet.

Mindestens drei Jahre lang soll die Mutter von vier Kindern für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geworben haben – sie war auch mit dem verstorbenen deutschen Terroristen Denis Cuspert alias Deso Dogg liiert. Nun wurde die bekannteste Hamburger IS-Anhängerin am Montagmorgen in ihrer Wohnung in Neugraben verhaftet.

Die Bundesanwaltschaft führt das Verfahren gegen die Frau. Wie der Generalbundesanwalt mitteilte, wird Omaima A. vorgeworfen, Mitglied der terroristischen Vereinigung IS zu sein. Zudem werden der 34-Jährigen Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und die Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht gegenüber ihren Kindern vorgeworfen.

Bereits im Frühjahr hatte der arabische Sender Al Aan TV aus Dubai aufgedeckt, dass Omaima A. zusammen mit ihren Kindern in Hamburg lebt. Die „Übersetzerin und Eventveranstalterin“ soll demnach ein Doppelleben als Dschihadistin geführt haben. Ihr Smartphone sei im ehemaligen syrischen IS-Gebiet gefunden worden, darauf ein großer Datensatz an Dokumenten, Fotos, Videos, mehr als 24.000 Dateien.

IS unterstützte Omaima A.s Familie

Nach Abendblatt-Informationen ist Omaima A. den Hamburger Behörden bereits im Jahr 2011 erstmals mit Bezügen zur islamistischen Szene aufgefallen. Ihre Mutter versuchte, ein muslimisches Kaufhaus in der City zu eröffnen. Aus einer ersten Ehe hatte Omaima A. bereits eine 2007 geborene Tochter. Kurz nach der Scheidung heiratete sie im Mai 2012 Nadir Hadra, in der deutschen Salafisten-Szene als IS-Propagandist „Stimme der Wahrheit“ bekannt.

Hadra reiste in der Folge in die Kampfgebiete aus, im Jahr 2015 soll Omaima A. ihm gemeinsam mit ihren Kindern gefolgt sein. Die in diesem Jahr veröffentlichten Handybilder zeigen auch, wie ihr Sohn auf dem Schoß des berüchtigten IS-Kommandanten Mohamed Mahmoud sitzt.

Laut Bundesanwaltschaft lebten Omama A. und ihr zweiter Ehemann zusammen in einer Wohnung in Raqqa (Syrien). „Fortan führte Omaima A. den Haushalt und erzog die gemeinsamen Kinder im Sinne der IS-Ideologie und ermöglichte so ihrem damaligen Ehemann Nadar H., für die terroristische Vereinigung als Kämpfer tätig zu werden“, heißt es in einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft. „Von dem IS erhielten sie sowohl für sich als auch für ihre Kinder monatliche finanzielle Zuwendungen.“

Omaima A. wird auch selbst Waffengewalt vorgeworfen

Im Zuge der Ermittlungen gewann die Bundesanwaltschaft auch Erkenntnisse, dass die Frau im Umgang mit Waffen ausgebildet worden sein könnte. „Im März 2015 übte die Beschuldigte (…) die tatsächliche Gewalt über ein Sturmgewehr Kalaschnikow AK 47 aus“, heißt es in der aktuellen Mitteilung.

Der damalige Rapper Deso Dogg, mit bürgerlichem Namen Denis Cuspert, starb 2018 als IS-Kämpfer.
Der damalige Rapper Deso Dogg, mit bürgerlichem Namen Denis Cuspert, starb 2018 als IS-Kämpfer. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Di Matti

Nachdem Nadar H. nur sechs Wochen nach der Einreise von Omaima A. bei einem Luftangriff in Kobane getötet worden war, soll Omaima A. sogenannte Kondolenz-Zahlungen in Höhe von mehr als 1000 Euro erhalten haben, bevor sie nur wenige Monate später „das höherrangige IS-Mitglied Denis C.“ heiratete. Dabei handelt es sich nach Abendblatt-Informationen um Denis Cuspert, auch bekannt als „Deso Dogg“, wie sich der Berliner als Gangsterrapper nannte.

Auch das Zusammenleben mit ihrem dritten Ehemann war jedoch nicht von Dauer. Nach Streitigkeiten mit Cuspert und vor der Geburt ihres vierten Kindes kehrte Omaima A. bereits im September 2016 nach Deutschland zurück, Cuspert starb später bei Kämpfen. Möglicherweise lebte sie bereits seit damals in Neugraben. Inwieweit Omaima A. seitdem weiterhin für die Terrormiliz IS warb oder sonstige Kontakte zu Dschihadisten unterhielt, ist unklar.

Vier Kinder der Frau sind in städtischer Obhut

Nach Angaben des Verfassungsschutzes sind insgesamt rund 30 Islamisten aus den Kampfgebieten nach Hamburg zurückgekehrt, darunter offenbar Omaima A. und zwei weitere Frauen. In der Regel seien diese Menschen auch weiterhin in der radikalmuslimischen Szene unterwegs, heißt es in Sicherheitskreisen. Laut Verfassungsschutz lebten in Hamburg insgesamt 771 Salafisten, 410 gelten als Unterstützer des militanten Dschihad.

Noch im Frühjahr hatte es von der Hamburger Generalstaatsanwaltschaft geheißen, dass es kein aktuelles Ermittlungsverfahren gegen die Frau gebe. Die Reporterin des Senders Al Aan TV, die Omaima A. aufgespürt hatte, fragte im Gespräch mit dem Abendblatt, warum die mutmaßliche Terroristin nicht festgenommen werde.

Offenbar sammelte die Bundesanwaltschaft bereits im Hintergrund belastende Indizien, die nun für einen Haftbefehl ausreichten. Die drei, fünf, sechs und zwölf Jahre alten Kinder der Frau wurden vom Jugendamt Harburg in staatliche Obhut genommen, wie ein Sprecher der Sozialbehörde auf Anfrage bestätigte.