Hamburg. Hamburger Einsatzkräfte mussten rund 300 Mal ausrücken. Unwetter auch im Umland. Auch am Mittwoch weitere Gewitter möglich.
Ein Unwetter mit Starkregen und Hagel hat am Dienstagabend Berufs- und Freiwillige Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und weitere Helfer in Hamburg über Stunden hinweg beschäftigt. Nachdem innerhalb weniger Minuten diverse Notrufe bei der Feuerwehr eingegangen waren, löste die Einsatzzentrale den Ausnahmezustand aus. Insgesamt wurden rund 300 wetterbedingte Einsätze verzeichnet, die neben um "sämtliche noch verfügbare Reservekräfte aufgestockten" hauptamtlichen Retter auch von 30 Freiwilligen Feuerwehren und dem THW bearbeitet wurden.
Erst um 22.18 Uhr, gut vier Stunden, nachdem das Gewitter begonnen hatte, konnte der "Betriebszustand 'Ausnahme'" wieder aufgehoben werden, wie ein Feuerwehrsprecher am Mittwochmorgen erklärt. Trotz der großen Menge an Einsätzen wurde niemand verletzt, allerdings entstand erheblicher Sachschaden. Besonders betroffen war der Nordwesten Hamburgs. Andere Gebiete in der Hansestadt blieben hingegen fast vollständig von Starkregen und Hagel verschont.
Warum waren nur wenige Stadtteile vom Unterwetter betroffen?
Meteorologe Dominik Jung von wetter.net erklärt, wie es dazu kam, dass an einem Ende der Stadt die Sonne schien, während am anderen vermeintlich die Welt unterging. "Der Grund sind kleinräumige Gewitterzellen", sagt Jung. Hinzu kommt, dass einige Gewitter nur langsam über die Stadt ziehen, so wie gestern über den Nordwesten Hamburgs. Somit entlade sich das Gewitter beispielsweise nur über drei anstatt sechs Stadtteilen.
In der Messstation Fuhlsbüttel wurden am Dienstag ab 8 Uhr innerhalb von 24 Stunden 72 Liter Regenwasser pro Quadratmeter gemessen. "Das ist eigentlich eine Monatsmenge", sagt Jung. Die Messstation in Neuwiedenthal (Hausbruch), die rund 25 Kilometer entfernt ist, registrierte im selben Zeitraum hingegen nur 1,9 Liter Wasser pro Quadratmeter.
"Dass es dann zu Überschwemmungen kommt, liegt aber auch an dem trockenen Boden", erklärt Jung. Das Wasser könne in der kurzen Zeit nicht im Boden versickern.
Auch am Mittwoch weitere Gewitter und Starkregen möglich
Auch am Mittwoch könnte es wieder zu Gewittern und Starkregen kommen, warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD): Besonders im Süden Schleswig-Holsteins, in Mecklenburg-Vorpommern und in der Osthälfte Niedersachsens seien ab dem Nachmittag örtlich Unwetter mit Regen um 30 Litern pro Quadratmeter und Sturmböen der Stärke neun zu erwarten.
In ganz Norddeutschland ist darüber hinaus erneut mit Temperaturen jenseits der 30 Grad zu rechnen, ab Donnerstag soll es insgesamt etwas kühler und rund um Hamburg überwiegend sonnig werden.
"Eingeschlossene" Menschen konnten sich selbst befreien
Die meisten Einsätze wurden durch überflutete Straßen, Keller und Tiefgaragen ausgelöst. In zwei Fällen wurde die Feuerwehr mit dem Hinweis alarmiert, dass Menschen von den Wassermassen eingeschlossen sein. "Diese konnten jedoch bereits vor Ankunft der Einsatzkräfte aus einem im Regenwasser stehenden Auto befreit werden", so die Feuerwehr zum ersten Fall, in dem es um einen im Wasser stehenden Pkw ging. Auch im zweiten Fall stellte sich die Lage weniger dramatisch dar als befürchtet: Für die in einem Keller stehenden Menschen habe keine akute Gefahr bestanden.
Eine Alarmierung, bei dem ein Wohnhaus durch Blitzschlag in Brand geraten sein sollte, stellte sich als unrichtig heraus: Zwar gab es ein Feuer in einer angrenzenden Gartenlaube, die Brandursache blieb jedoch unklar.
Feuerwehr öffnet Gullys
Von der Straße Nedderfeld berichteten Autofahrer von überschwemmten Fahrbahnen nach dem Starkregen. An einigen Stellen sei das Wasser auf der Straße knietief gewesen. Feuerwehrleute versuchten in den Stadtteilen Lokstedt und Eppendorf, die Gullys wieder frei zu bekommen, damit das Wasser abfließen konnte. Zudem mussten die Helfer das Wasser aus Straßenunterführungen pumpen. Auch Keller und Garagen liefen voll und mussten von Feuerwehr und THW ausgepumpt werden.
Durch Böen oder den Starkregen abgeknickte Äste und Baumkronen mussten durch die Einsatzkräfte entfernt wären, sie waren nicht nur in Dächer oder auf parkende Fahrzeuge gekracht, sie hätten zum Teil auch "Wege und Gleisanlagen des ÖPNV" blockiert, so die Feuerwehr. Bei der Hochbahn kam es aber laut Auskunft des Sprecher Christoph Kreienbaum zu keinen Einschränkungen. Auch bei der Deutschen Bahn und der S-Bahn blieben in Hamburg und dem Hamburger Umland Störungen des Betriebs aus.
Unwetter auch im Landkreis Harburg und bei Rostock
Auch im Landkreis Harburg und in Mecklenburg-Vorpommern waren die Helfer im Einsatz, um vollgelaufene Keller auszupumpen und umgestürzte Bäume von den Fahrbahnen zu entfernen. Einige Stämme sollen dabei auch Häuser beschädigt haben, melden Zeugen. Besonders rund um die Landeshauptstadt Rostock kam es zu großen Sachschäden, dort wurden mehr als 200 wetterbedingte Einsätze verzeichnet. Im Raum Stralsund fielen diverse Züge aus, nachdem Äste auf die Oberleitung gefallen waren.
Insbesondere die Gemeinde Stelle war von dem Unwetter betroffen. Auf der A 39 im Landkreis Harburg kam es während des Starkregens zu Unfällen. Nach Angaben der Polizei war es auch auf der A 1 an der Anschlussstelle Harburg zu einem Unfall gekommen. Mindestens ein Autofahrer soll dort auf regennasser Fahrbahn die Kontrolle über sein Auto verloren haben.
Unfall auf Autobahn 7 wegen Starkregens
Ein starker Platzregen hat auf der Autobahn 7 bei Neumünster zu einem Unfall mit drei Autos geführt. Zuerst habe ein Autofahrer auf der nassen Straße die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und sei anschließend in eine Leitplanke geprallt, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. Eine hinter ihm fahrende Frau stoppte ihr Auto auf dem Standstreifen, um zu helfen. Ein weiteres Auto kam aufgrund der schwierigen Bedingungen ins Schlingern und krachte in das Auto der Frau. Alle drei Fahrer wurden verletzt und in ein Krankenhaus gebracht. Die A 7 blieb am Dienstag wegen der Aufräumarbeiten in Richtung Norden für rund eine Stunde gesperrt.