Hamburg. Wieder musste ein psychisch Kranker fixiert werden und erlitt schwere gesundheitliche Schäden. Er war jahrelang in Ochsenzoll.

Ein offensichtlich psychisch kranker Mann hat am Montag am Alsterglacis in Rotherbaum eine Auszubildende der Hamburger Polizei (20) mit einem Messer angegriffen und verletzt. Sie kam in ein Krankenhaus. Bei der anschließenden Fixierung in der Polizeiwache 17 erlitt der Angreifer einen Herz- und Atemstillstand. Es ist innerhalb weniger Tage in Hamburg der zweite schwerwiegende Fall von Fixierungen, bei denen ein psychisch Kranker vermutlich schwere körperliche Schäden davonträgt. Er wird in einer Hamburger Klinik behandelt.

Die Streife war gerufen worden, weil ein Mann aus einer Werkstatt anrief, der berichtete, sein unter psychischen Problemen leidender Neffe (27) attackiere einen Mitarbeiter mit Fäusten. Der Anrufer konnte seinen Neffen augenscheinlich in ein Büro lotsen, bis die Polizisten eintrafen. Dort aber griff der Mann die Polizisten mit einem Messer an, das bis dahin niemand an ihm bemerkt hatte.

Offenbar versuchte er, der 20-jährigen Polizeianwärterin die Kehle durchzuschneiden. Die junge Frau zog sich oberflächliche Schnittwunden am Hals zu. Ein weiterer Polizist erlitt Prellungen im Gesicht beim Versuch, den Mann zu bändigen.

Amtsarzt stufte Angreifer als "verwahrfähig" ein

Mit weiteren Einsatzkräften wurde der Angreifer festgenommen und zum Polizeikommissariat 17 gebracht. „Durch einen angeforderten Amtsarzt wurde der Mann als verwahrfähig eingestuft und die Aufrechterhaltung der Fixierung bestätigt. Im weiteren Verlauf sollte der Mann nunmehr einem Haftrichter zugeführt werden“, so Polizeisprecher Ulf Wundrack.

Der Mann soll sich beruhigt haben, sodass die Polizisten die Fixierung lösten. Beim Gang in eine Zelle soll er erneut aggressiv geworden sein, sodass er nach Polizeiangaben erneut gefesselt werden musste.

Kurz nach seinen "Widerstandhandlungen" soll er einen plötzlichen Herz-und Atemstillstand erlitten haben. "Die Beamten leisteten sofort Erste Hilfe und informierten weitere Rettungskräfte. Er wurde unter Reanimationsmaßnahmen in ein Krankenhaus gebracht", so die Polizei. Er liege nach wie vor auf der Intensivstation, sagte ein Sprecher des Lagedienstes am Mittwochvormittag.

Tatverdächtiger war sieben Jahre in Ochsenzoll

Unterdessen wurde bekannt, dass der Mann von 2010 bis 2017 wegen verschiedener Gewaltdelikte in der Psychiatrie Ochsenzoll der Asklepios-Klinik Nord untergebracht war. Seit seiner Entlassung war er nicht weiter auffällig geworden.

Gegen den Mann wird wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt, nicht aber wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Das LKA 13 und das Dezernat Interne Ermittlungen der Polizei haben den Fall übernommen.

Polizeigewerkschaft spricht sich für Taser aus

Erst am Ostersonntag hatte ein 34-Jähriger einen Herzstillstand erlitten, nachdem er von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes des UKE gewaltsam fixiert worden war. Der Mann starb mehrere Tage später.

Dass Einsätze gegen psychisch gestörte Menschen mit einem hohen Maß an Gewaltanwendung verbunden sein können, bestätigt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Es gibt Fälle, bei denen die Person nicht auf Pfefferspray reagiert oder geradezu schmerzunempfindlich wirkt, gleichzeitig aber große Kräfte entwickelt“, sagt er. „In so einem Fall kann man sie nur durch Gewaltanwendung, in der Regel zu mehreren, stoppen. Der Einsatz eines Tasers, einer Elektroschockpistole, könnte ein deutlich milderes Mittel für alle Beteiligten sein."