Hamburg . Der 45-jährige Patient erlag seinen Verletzungen. Zuvor hatte er in der Psychiatrie der Bethesda-Klinik einen Beamten angegriffen.

Mit gezielten Schüssen haben Polizisten im Bethesda Krankenhaus in Bergedorf einen 45 Jahre alten Mann gestoppt, der sie mit Messern attackiert hatte. Der Angreifer wurde mehrfach getroffen und so schwer verletzt, dass er am Abend starb. Es handelt sich um einen Patienten, der zwangseingewiesen werden sollte. Auch ein Polizeibeamter erlitt einen Messerstich. Er wurde dank seiner Schutzausrüstung aber nur leicht verletzt.

Am Morgen war Borak G. im Krankenhaus am Glindersweg aufgetaucht. Der Mann galt bereits als psychisch auffällig. Eine Ärztin untersuchte den Mann und beantragte eine Zwangsunterbringung, die von einem Richter bestätigt wurde. Als sie das dem 45-Jährigen eröffnete, rastete dieser aus. Er zog zwei Messer, die er versteckt getragen hatte, und bedrohte Krankenhauspersonal. Alle Versuche, den Mann zu beruhigen und zum Weglegen der Messer zu bringen, schlugen fehl. Gegen 13 Uhr wurde die Polizei alarmiert.

Die rückte mit mehreren Streifenwagen an. Die Beamten setzten ihre Spezialausrüstung ein, die im Rahmen der Terrorbedrohung angeschafft worden war. Dazu gehören auch beschuss­sichere Schutzschilde, von denen sie mehrere mit in diesen Einsatz nahmen. Zudem waren die Beamten mit Maschinenpistolen bewaffnet.

Reizgas zeigte offenbar keine Wirkung

Der Versuch, den 45-Jährigen mit Pfefferspray auszuschalten, misslang. Der Reizstoff zeigte bei dem 45-Jährigen kaum Wirkung. Was dann passierte, schildert ein Beamter so: „Mit den Schilden wurde versucht, den 45-Jährigen, der äußert gewalttätig war, in eine Ecke zu drängen. Beim Versuch, den Mann zu entwaffnen, griff dieser einen der Beamten an.“ Dabei stach der 45-Jährige auf den Polizisten ein und traf ihn am Oberkörper. Der 36-Jährige schoss. Auch ein zweiter Beamter (28) soll mindestens einen Schuss abgegeben haben. Dabei soll auch eine Maschinenpistole zum Einsatz gekommen sein. Getroffen sackte der Angreifer zusammen. Er wurde von Ärzten versorgt. Auch der Polizist war verletzt worden. „Er hatte dank seiner Schutzweste nur oberflächliche Verletzungen am Oberkörper erlitten“, so ein Beamter. Der Polizist konnte nach ambulanter Versorgung wieder entlassen werden. Der Angeschossene musste notoperiert werden, erlag aber später seinen schweren Verletzungen.

Die Mordkommission hat den Fall übernommen. Zunächst war gegen den Angreifer wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt worden. Mit seinem Tod sind Ermittlungen hinfällig. Gleichzeitig wurde die Dienststelle Interne Ermittlungen (DIE) eingeschaltet. Sie prüft die Rechtmäßigkeit des Schusswaffeneinsatzes durch die Beamten – ein Standardverfahren in einem solchen Fall.

Immer wieder greifen Polizisten zur Waffe

Der Einsatz im Bethesda Krankenhaus ist bereits der vierte Fall in diesem Jahr, bei dem Polizisten in Hamburg zu ihrer Waffe griffen und bei dem Angreifer getroffen wurden. Erst am Sonntag mussten Polizisten auf einem Schul­gelände in Niendorf einen 24 Jahre alten Mann mit gezielten Schüssen in die Beine stoppen. Er war mit einem Schwert auf die Beamten losgegangen. Die Polizisten waren von der Mutter des 24-Jährigen gerufen worden, nachdem dieser, unter Alkohol- und Drogeneinfluss stehend, seinen Suizid angekündigt hatte.

Anfang September schoss eine Polizistin in St. Georg einem 24-Jährigen, der mit gezücktem Messer auf sie und ihre Kollegen losgegangen war, in den Bauch. Die Beamten waren wegen eines Streits in einer Jugendwohnung gerufen worden.

Diskussion um Elektroschockwaffen

Am 1. Februar schoss ein Zivilfahnder ebenfalls in St. Georg auf einen 33 Jahre alten Mann, der mit einem Messer versuchte, auf ihn einzustechen. Der Einsatz von Pfefferspray gegen den Angreifer war zuvor wirkungslos geblieben.

Der Schusswaffeneinsatz befeuert erneut die Diskussion um den sogenannten Taser, einer Elektroschockwaffe, die zwei an Drähten befestigte Nadeln abschießt, die den Getroffenen lähmen. Bislang verfügt in Hamburg lediglich das Sondereinsatzkommando (SEK) über diese Waffe.

Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), fordert eine flächendeckende Ausrüstung der Polizei mit Tasern. „Es muss keine persönliche Ausstattung sein. Ein Taser auf jedem Streifenwagen, genau wie eine Maschinenpistole, würde aber sinnvoll sein.“ Gerade in Situationen wie in dem Krankenhaus wäre die Situation für die Beamten deutlich einfacher zu bewältigen. „Ein Schusswaffeneinsatz ist auch immer eine enorme psychische Belastung für den Beamten“, sagt Lenders. „Wenn man ihn durch so eine Elektroschockwaffe vermeiden kann, ist das sowohl für den Betroffenen, wie auch für den Beamten der deutlich bessere Weg.“