Hamburg. Ehemann soll mit Messer auf die Bäckereiverkäuferin losgegangen sein. 43-Jährige leidet noch unter Folgen früherer Tat.

Im Prozess um einen blutigen Angriff auf eine Bäckereiverkäuferin in Hamburg-Eidelstedt hat das Opfer am Freitag über verstörende Details der Tat berichtet. Ihr Ehemann sei am Morgen in die Bäckerei gekommen, habe sie freundlich begrüßt und ihr einen Kuss geben wollen, sagte die 43-Jährige als Zeugin vor der Strafkammer am Landgericht. Dann habe er sie plötzlich mit kochendem Teewasser überschüttet und mit einem Messer auf sie eingestochen. Dabei habe er gesagt: „Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich liebe.“

Als es ihr gelungen war, ihm in den Daumen zu beißen und ihm das Messer wegzunehmen, sei er zum Verkaufstresen gegangen und habe ihr Portemonnaie geplündert: „Das ist das, was mir am meisten wehtut: Er lächelt, nimmt mein Geld, während ich ihm blutverschmiert gegenüberstehe“, sagte die inzwischen geschiedene Ehefrau.

Anklage lautet auf Mord

Der 50 Jahre alte Angeklagte soll am 12. April 2016 aus Eifersucht seine damals getrennt von ihm lebende Ehefrau angegriffen und lebensgefährlich verletzt haben. Laut Staatsanwaltschaft verdächtigte er sie, eine Affäre mit einem anderen Mann zu haben. Die Frau erlitt den Angaben zufolge mindestens 18 Stichverletzungen. Die Anklage lautet auf versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung.

Der Verteidiger stellte während der Befragung der Frau durch den Vorsitzenden Richter immer wieder Zwischenfragen. Als sie anbot, ihm eine fragliche Bewegung zu demonstrieren, sagte er: „Seien Sie nicht so aggressiv!“ Der Richter Thees Willemer ging vermittelnd dazwischen. Kurz darauf warf der Verteidiger Willemer vor, der Zeugin etwas zu suggerieren. „Das weise ich von mir“, gab der Richter zurück.

Tochter des Opfers wurde ermordet

Die 43-Jährige erklärte, sie leide bis heute unter Schmerzen im Gesicht, am Oberkörper und an der Hand. Wenn sie ihre kleine Tochter aus dem Kindergarten abhole, könne sie sie nur unter Schmerzen hochheben. Sie versuche wieder zu arbeiten, obwohl sie weiter in medizinischer und psychiatrischer Behandlung sei. Auf Nachfrage ergänzte sie, dass sie seit zehn Jahren immer wieder Gesprächstherapien gemacht habe. Der Grund: „Vor Jahren wurde meine Tochter ermordet. Ich kam mit dieser Situation nicht klar.“ Nach Angaben ihres Anwaltes handelt es sich dabei um eine Tochter aus einer früheren Beziehung.

Die Nerven lagen im Prozess blank, sowohl bei der Zeugin als auch bei dem Angeklagten. Zu Beginn der Verhandlung schluchzte der 50-Jährige laut in ein Taschentuch, gab auf Frage des Vorsitzenden Richters aber an, dass er verhandlungsfähig sei. Auch die Frau brach bei der Schilderung der Tat in Tränen aus, so dass die Befragung unterbrochen werden musste. Eine weitere Unterbrechung war wiederum dem Weinen des Ehemannes geschuldet. Im Anschluss berichtete die Frau von 13 Liebesbriefen, die er ihr aus der Untersuchungshaft geschrieben habe. In einem habe er ihr mitgeteilt, dass er sich ihren Namen auf den Unterarm habe tätowieren lassen. Die Briefe, von denen nur einer durch die Postzensur des Gefängnisses gegangen sei, hätten ihr schwer zu schaffen gemacht.