Heftige Debatte um geschlossene Heime und Abschiebung. Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge fallen im Kompetenzgerangel zwischen Behörden und Polizei durchs Raster.

Hamburg. Mitten im Bürgerschaftswahlkampf hat sich in Hamburg eine erbitterte Diskussion um straffällig gewordene Flüchtlinge entwickelt. Die CDU und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordern ein konsequenteres Vorgehen gegen minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (Muf), die auffällig geworden sind. Die SPD spricht von „Wahlkampfgetöse“.

Der jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christoph de Vries, sagte: „Bei aller Schutzbedürftigkeit der Flüchtlinge gibt es auch ein Recht der Bürger auf innere Sicherheit.“ Für die vom DPolG-Vorsitzendem Joachim Lenders geschätzten 60 bis 80 jungen Flüchtlinge in der Stadt, die besonders straffällig seien, forderte de Vries unter anderem den zeitnahen Bau einer geschlossenen Einrichtung als „letzten Ausweg vor dem Jugendknast“. Hierfür habe der Senat zu lange nichts getan. Darüber hinaus müssten alle rechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, kriminelle junge Flüchtlinge abzuschieben, die als Intensivtäter geführt werden.

Für die SPD sagte Melanie Leonhard, Fachsprecherin Familie, Kinder und Jugend: “Eigentlich müsste auch der CDU bekannt sein, dass beispielsweise in der Unterbringung an der Feuerbergstraße keine Plätze aufgestockt, sondern die Kapazitäten dort reduziert werden. Weitere Unterbringungsmöglichkeiten sind konkret in Vorbereitung und werden helfen, die Situation insgesamt zu entspannen.“ Unter den minderjährigen Flüchtlingen gebe es „eine sehr kleine Gruppe mit hoher krimineller Energie, die uns vor große Herausforderungen stellt“. Die Straftaten müssten verfolgt werden.

Bei der Betreuung straffälliger unbegleiteter Flüchtlinge kritisierte Joachim Lenders ein Kompetenzgerangel zwischen Polizei, Sozialbehörde und Jugendhilfeeinrichtung. „Es ist nicht die Aufgabe der Polizei, diese Jugendlichen zu erziehen“, sagte der Landesvorsitzende der DPolG mit Blick auf den Fall eines mutmaßlich straffälligen 11-Jährigen, mit dem die Polizei von der Jugendhilfe zuletzt für längere Zeit alleine gelassen worden sei. Er berichtete von Einrichtungen, die entsprechende Jugendliche etwa nachts nicht mehr aufnehmen und sie der Straße oder der Polizei überlassen würden.

Lenders zitierte auch aus einem internen Papier des Landeskriminalamts, in dem von einer „Kapitulation der Jugendhilfe“ die Rede sei. De Vries forderte runde Tische an allen betroffenen Einrichtungen. Der Sozialbehörde warf er vor, „bewusst wahrheitswidrige Angaben gemacht“ zu haben, was die Kriminalität von minderjährigen Flüchtlingen anbelange. „Das Problem wird verschwiegen.“

Zuletzt waren in Hamburg gehäuft Straftaten bekannt geworden, die von minderjährigen Flüchtlingen begangen wurden. Auch hatten einige von ihnen Betreuer angegriffen. Offiziell liegt die Anzahl der Betroffenen, die als Intensivtäter gelten, jedoch deutlich geringer als die von DPolG-Chef Lenders prognostizierten 60 bis 80. In einer Senatsantwort im Dezember war von 28 die Rede, die besonders straffällig seien. Das wären 5,3 Prozent aller Intensivtäter in Hamburg.