Zunächst soll der Pfleger der 47-Jährigen ein valiumähnliches Medikament injiziert haben, dann - so der Vorwurf - missbrauchte er sie.

Hamburg. Zuerst war sich die Patientin eines Hamburger Krankenhauses nicht sicher: War es Wirklichkeit oder nur ein böser Traum? Doch durch den Menthol-Geruch an ihrem Schlafanzug sei die Erinnerung wiedergekommen: An den Pfleger, der sie mit nach Eukalyptus riechender Salbe an der Brust einrieb und ihr dabei ins Ohr stöhnte, während sie benommen dalag und sich nicht wehren konnte. So habe ihre Mutter den Vorfall geschildert, sagte die 23-jährige Tochter am Donnerstag vor dem Hamburger Amtsgericht. Dort muss sich ein 36 Jahre alter Krankenpfleger wegen des Vorwurfs der schweren sexuellen Nötigung verantworten.

Laut Anklage soll er der 47 Jahre alten Frau im Januar 2008 erst ein valiumähnliches Medikament durch eine Infusion injiziert haben, woraufhin die Patientin zeitweise das Bewusstsein verlor. Stunden später sei der Angeklagte in ihr Zimmer zurückgekehrt und habe sich dort an der immer noch benommenen und wehrlosen Frau vergriffen. Das Medikament konnte später im Urin der Frau nachgewiesen werden, auf der Krankenakte war eine solche Verabreichung jedoch nicht vermerkt. Der Angeklagte wollte sich zu den Vorwürfen zunächst nicht äußern. Nahezu regungslos saß er im grauen Hemd und mit halbgeöffneten Augen auf der Anklagebank. Das mutmaßliche Opfer sagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus.

Zu Beginn des Prozesses warf die Verteidigung dem Richter Befangenheit vor. Er habe die Unschuldsvermutung gegen seinen Mandanten missachtet, begründete Anwalt Johann Schwenn, der ebenfalls Wettermoderator Jörg Kachelmann vor Gericht vertritt, den Ablehnungsantrag. Das Hamburger Gericht sah sich nicht befugt, den 36-Jährigen vor dem Sitzungssaal vor Fotografen zu schützen. „Das ist nicht mein Machtbereich“, stellte der Richter klar.

Auch im weiteren Verlauf der Verhandlung rasselten Richter und Verteidiger immer wieder aneinander: Bei einer Diskussion um die sachgerechte Vernehmung einer Zeugin sagte der Richter in Bezug auf die Strafprozessordnung: „Das habe ich gelernt.“ Woraufhin Schwenn entgegnete: „Offenbar nicht mit Erfolg.“ Dafür regte der Vorsitzende eine Entschuldigung an. „Ich denke gar nicht daran“, entfuhr es dem Anwalt. Auch als Verteidiger im Vergewaltigungsprozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann vor dem Mannheimer Landgericht gilt Schwenn als durchaus angriffslustig. Der Hamburger Prozess wird am 12. April fortgesetzt.