Untreue in 220 Fällen: Mit dem Schwarzgeld sollen Angestellte von Hotels bezahlt worden sein, damit diese bestimmte Taxis bestellten.
Hamburg. Vor dem Hamburger Amtsgericht müssen sich ab diesem Mittwoch fünf Angeklagte im Alter zwischen 55 und 70 Jahren wegen schwerer Untreue oder Beihilfe in insgesamt 220 Fällen verantworten. Laut Staatsanwaltschaft sollen die Verantwortlichen eines Hamburger Taxi-Unternehmens in der Zeit von 2004 bis 2008 durch Scheinrechnungen ein System sogenannter „schwarzer Kassen“ aufgebaut haben. So soll ein Schaden von rund 230.000 Euro entstanden sein. Mit dem Geld sollen unter anderem Mitarbeiter in Hotels bezahlt worden sein, damit diese für ihre Gäste die Wagen des Hamburger Unternehmens bestellen.
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Schwarze Kassen bei Hansa Taxi - Anklage erhoben
Mit einem reuigen Taxifahrer kam alles ans Licht. Im Mai zeigte sich der Unternehmer selber an. Er gestand, geholfen zu haben, das System der schwarzen Kassen beim Taxi-Unternehmen Hansa Taxi (211 211) unterstützt zu haben. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen fünf aktuelle und ehemalige Führungskräfte erhoben. "Wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil von Hansa Taxi", sagt Bernd Mauruschat von der Staatsanwaltschaft Hamburg. Der Schaden soll rund 230 000 Euro betragen.
Die Führungsriege soll laut Staatsanwaltschaft schwarze Kassen eingerichtet haben, um Mitarbeiter von Hotels zu bezahlen, damit diese für ihre Gäste Wagen von Hansa Taxi bestellten. Dafür hätten sie rund 20 Taxifahrern Blanko-Rechnungen gegeben, in die diese fiktive Leistungen eingetragen haben sollen. Gegen sie wird wegen Beihilfe ermittelt. Jene Rechnungen seien anschließend im Unternehmen eingereicht und ausgezahlt worden. Für ihre Dienste erhielten die Fahrer laut Mauruschat die Mehrwertsteuer - der Rest sei in die schwarze Kasse gewandert. Seit den 80er-Jahren soll dieses System bei Hansa üblich gewesen sein. Das ist verjährt. Die Ermittlungen erstrecken sich auf die Jahre 2004 bis 2008.
Im Fokus steht auch Ex-Geschäftsführer Jürgen Kruse. Dem Abendblatt gegenüber räumte er ein, dass es schwarze Kassen gab, ebenso Scheinrechnungen. "Natürlich habe ich Fehler gemacht, die ich heute bereue. Als ich von meinem Vorgänger das System "Hansa" übergeben bekam, da wurde mir erst das Ausmaß der schwarzen Kassen bewusst." Er habe dann versucht, "den Sumpf trockenzulegen", was mehr als zwei Jahre gedauert habe. Außerdem sagt Kruse: "Ich hätte sofort alles auffliegen lassen können, aber dann wäre Hansa von einem auf den anderen Tag zerstört worden. Das wollte ich unseren Mitgliedern nicht antun." Kruse war von Oktober 2004 bis Anfang Juli 2009 Geschäftsführer der Funkzentrale. Danach wechselte er auf eigenen Wunsch zum Konkurrenten Taxiruf 6x6 und ist dort heute für das Qualitätsmanagement verantwortlich.
In einem anderen Verfahren durchsuchte die Steuerfahndung im Sommer 2008 die Räume von Hansa Taxi. "Selbst danach gab es noch Kollegen, die die schwarzen Kassen weiterführen wollten", sagt Kruse. Das sei auch einer der Gründe dafür gewesen, das Unternehmen zu wechseln. "Ich hätte weiter gegen Windmühlen gekämpft, deshalb habe ich mich für einen kompletten Neuanfang entschieden."
Unklar ist laut Staatsanwaltschaft noch der Verbleib von 70 000 Euro. Während das übrige Geld illegal zum Wohl des Unternehmens eingesetzt wurde, steht für den Rest der Verdacht des Betrugs im Raum. Dazu sagt Kruse: "Ich habe mich persönlich nie bereichert, nicht einen Cent in meine eigene Tasche gesteckt." Laut Dirk Schütte, seit Juli Chef von Hansa Taxi, gebe es bei ihm nun keine schwarzen Kassen mehr. "Wir haben aus der dunklen Vergangenheit gelernt."