Nach seinem “Outing“ bei Sat.1 wurde der junge Lübecker als mutmaßlicher Betreiber von iShareGossip verhaftet. Doch er ist nur ein Schwindler.

Lübeck. Die Suche nach dem Betreiber der illegalen Internetseite iShareGossip, auf der Schüler und Lehrer in übelster Weise gemobbt werden, geht weiter. Der am Donnerstag in Lübeck verhaftete 25 Jahre alte Lagerist entpuppte sich im Polizeiverhör als Trittbrettfahrer. "Er hat nach unserem aktuellen Ermittlungsstand nichts mit den Betreibern der Internetseite zu tun", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Günter Wittig zu abendblatt.de Der junge Lübecker, den Ermittler als "armes Würstchen" einstufen, ist inzwischen wieder auf freiem Fuß.

Der 25-Jährige war nach einem TV-Bericht ins Visier der Ermittler geraten. In der Sat.1-Sendung "Akte 20.11" hatte er sich als Betreiber der Seite geoutet, mit der er angeblich Millionen Euro verdienen würde. Von den TV-Journalisten um Moderator Ulrich Meyer war der Lübecker zwar unkenntlich gemacht worden. Trotzdem war es für die Ermittler der Polizei ein Leichtes die Identität des jungen Mannes zu ermitteln. Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft beantragte nach der Sendung einen Haftbefehl wegen Verdachts der Volksverhetzung.

Am Donnerstag warteten Zielfahnder der Polizei vor dem Haus des Lübeckers. Er ließ sich widerstandslos festnehmen. Die anschließende Durchsuchung der Wohnung brachte allerdings keine Erkenntnisse für die Ermittler. Im Verhör gab der junge Mann dann schließlich zu, sich die Geschichte, die er bei Sat.1 erzählt hatte, nur ausgedacht zu haben.

"Wir mussten der Spur nachgehen", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Wittig dazu. "Seit Wochen versuchen wir die Verantwortlichen der Website zu ermitteln. Wenn dann jemand verpixelt im Fernsehen auftritt, müssen wir handeln." Das Motiv des Lübeckers liegt offenbar in seiner schlechten finanziellen Situation begründet. Möglicherweise wollte er das große Medieninteresse für sich nutzen und hoffte, die Story zu verkaufen.

Die Mobbing-Seite iShareGossip war mit öffentlichen Hetzbeiträgen und derben Beleidigungen gegen Jugendliche immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Im März war die Plattform auf den Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gesetzt worden. Das Internetportal hatte unter dem Motto "100 Prozent anonym an deiner Schule, Universität oder Arbeitsplatz lästern“ dazu aufgerufen, Gruppen zum Beispiel für Schulen oder Ausbildungszentren zu gründen und darin anonym Gerüchte zu verbreiten.

Viele nutzten die Seite vor allem, um andere Jugendliche teils unter Klarnamen zu beschimpfen. Im März war die Kontroverse um die Website nach der Prügelattacke auf einen 17-Jährigen in Berlin eskaliert. Er wollte mit einigen Mädchen sprechen, die seine Freundin in dem Portal angefeindet hatten. Daraufhin war er von einer Gruppe von 20 Jugendlichen zusammengeschlagen worden.

Bei der Generalstaatsanwaltschaft sind bereits mehr als 50 Anzeigen aus ganz Deutschland eingegangen, meist von Eltern, wegen der Verunglimpfung ihrer Kinder im Netz. Die Internetseite zu sperren macht nach Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft keinen Sinn. „Das geht vielleicht in China. Solange der Betreiber nicht bekannt ist, ist das hier nur auf den ersten Blick eine Lösung. Dann beginnt ein Hase-Igel-Spiel“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Seite sei zwischenzeitlich auch bereits einmal kurzfristig vom Netz genommen worden, vermutlich um den Server zu wechseln.

Internetseiten, die von der Bundesprüfstelle indiziert werden, können auf den deutschen Versionen der einschlägigen Suchmaschinen wie Google, Bing oder Yahoo nicht mehr ohne weiteres gefunden werden. Die sechs größten Suchmaschinen in Deutschland hatten sich 2007 in einer freiwilligen Selbstverpflichtung bereit erklärt, die von der Behörde indizierten Seiten nicht mehr in den Suchergebnislisten anzuzeigen.