Hamburg. „Wegen der kostenmäßigen Unbestimmtheit des Projekts“ ist bis 2028 kein Geld eingestellt; Ploß (CDU) spricht von „großer Enttäuschung“.

Es dürfte das spektakulärste Bauprojekt des nächsten Jahrzehnts werden: Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) rechnet nach jetzigem Stand mit Kosten zwischen 4,4 und 5,3 Milliarden Euro für die neue Köhlbrandbrücke, die das 1973 eröffnete und mittlerweile marode Bauwerk ersetzen soll. Grundsätzlich hat der Bund seine Bereitschaft erklärt, zusammen mit Hamburg „den Ersatz der Köhlbrandquerung sicherzustellen“, wie es in einer gemeinsamen Absichtserklärung vom 13. Februar 2020 heißt. Laut Leonhard ist der Bund bereit, 50 Prozent der Kosten zu übernehmen. Doch auch mehr als vier Jahre danach drückt sich das Engagement des Bundes noch nicht in der konkreten Bereitstellung finanzieller Mittel aus.

„Im Haushaltsplanentwurf 2025 und in der Finanzplanung bis 2028 sind aufgrund des derzeit frühen Projektplanungsstadiums und der deshalb aus haushälterischer Sicht zeitlichen und kostenmäßigen Unbestimmtheit keine Mittel eingeplant“, teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß mit. Gesprochen wurde allerdings zwischen Hamburg und Berlin über das Projekt auf Beamtenebene: Nach Angaben der Bundesregierung hat es vier Gespräche seit Mitte 2023 „zwischen der Fachabteilung Bundesfernstraßen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, der Behörde für Wirtschaft und Innovation, der Hamburg Port Authority und der Realisierungsgesellschaft“ gegeben. „Derzeit sind keine weiteren Gespräche terminiert“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung.

Neue Köhlbrandbrücke: Christoph Ploß spricht von einer „großen Enttäuschung für Hamburg“

CDU-Politiker Ploß kritisiert das Vorgehen Hamburgs und des Bundes. „Das ist dilettantisches politisches Handwerk zulasten Hamburgs. Der rot-grüne Senat hat bis heute so gut wie keine Planungen für den Neubau der Köhlbrandbrücke erstellt, obwohl seit vielen Jahren bekannt ist, dass Hamburg spätestens im Jahr 2030 eine neue Köhlbrandbrücke braucht“, sagt Ploß, der sich dabei auf eine Aussage aus der gemeinsamen Absichtserklärung des Bundes und Hamburgs bezieht: „Das Ende der Lebensdauer der Brücke wird für das Jahr 2030 prognostiziert.“

„Dass die Ampel-Koalition jetzt einräumt, dass sie in den nächsten Jahren keine Finanzmittel für den Neubau eingeplant hat, ist eine große Enttäuschung für Hamburg und lässt die Finanzplanung des rot-grünen Senats wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Das Agieren der Ampel und des rot-grünen Senats entwickelt sich für Hamburgs Wirtschaft zu einem echten Standortnachteil“, sagt Ploß. Die CDU werde darauf drängen, Planung und Bau der neuen Brücke deutlich zu beschleunigen. Bislang gilt die Fertigstellung Anfang der 2040er-Jahre als wahrscheinlich.

Behördensprecher sieht keine Auswirkungen auf Planung und Realisierung der neuen Brücke

Martin Helfrich, Sprecher der Wirtschaftsbehörde, betont, dass die ausstehende Beteiligung des Bundes keine Auswirkungen auf Planung und Realisierung des Projekts habe. „Grund dafür ist die Jährlichkeit des Bundeshaushalts. Der Bund plant nur Jahr für Jahr und bewilligt finanzielle Mittel erst dann, wenn Projekte baureif sind“, sagt Helfrich. „Daher war immer das verabredete Vorgehen, dass Hamburg plant – und dafür sind Haushaltsmittel von der Bürgerschaft beschlossen – und, sobald die entsprechende Planungsstufe erreicht ist, der Bund Finanzmittel im Haushaltsgesetz einplant.“ Vorher sei eine finanzielle Beteiligung des Bundes nicht möglich. „Das ist nicht nur bei der Köhlbrandbrücke so, sondern stets und immer bei Bundesförderungen“, sagt Helfrich.

Indirekt bestätigt auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Ploß-Anfrage die Arbeitsteilung zwischen Bund und Land. Als „Baulastträgerin“ sei es die Aufgabe Hamburgs, „die für den Ersatzneubau der Köhlbrandbrücke erforderlichen Planungen durchzuführen und die zur Baurechtserlangung notwendigen Genehmigungsverfahren bei der zuständigen Behörde der Freien und Hansestadt Hamburg zum gegebenen Zeitpunkt zu beantragen“.

Neue Köhlbrandbrücke: Senat hat sich gegen deutlich teurere Untertunnelung entschieden

Wie Ploß verweist auch Behördensprecher Helfrich auf die gemeinsame Absichtserklärung von 2020, in der der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die nationale Bedeutung der Brücke bestätigt und eine Kofinanzierung des Bundes in Aussicht stellt. „Wir haben keinen Anlass, davon auszugehen, dass sich der Bund daran nicht mehr gebunden fühlt“, sagt Helfrich.

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Der Senat hatte sich Anfang April für die Brückenlösung und gegen einen Tunnel unter dem Köhlbrand entschieden – eine Variante, die lange verfolgt worden war. Ausschlaggebend waren die Kosten, die bei einer unterirdischen Querung auf 6,0 bis 7,15 Milliarden Euro taxiert werden, die geringeren Emissionen während des Baus sowie die stadtbildprägende Funktion, die schon die jetzige Köhlbrandbrücke hat.