Hamburg. Ex-Staatsrätin geht gegen Urteil in Berufung. Karten-Skandal um die Rolling Stones könnte eine überraschende Wendung nehmen.

Das Konzert der Rolling Stones zum Auftakt der Europatour 2017 im Stadtpark ist mittlerweile Teil der Hamburger Musikgeschichte. 90.000 Fans bejubelten Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts (mittlerweile verstorben), Ron Wood und die fantastisch aufspielende Band. Das ist der eine Teil der Geschichte.

Der andere ist der Ticket-Skandal um den Liveauftritt, in dessen Mittelpunkt der damalige Nord-Bezirksamtsleiter Harald Rösler steht. Er soll sich Hunderte Rolling-Stones-Karten vom Veranstalter zum Kauf und zur Weitergabe an Beamte und politische Weggefährten gesichert haben. Das große Wort von einer Korruptionsaffäre stand im Raum. Das Landgericht Hamburg hatte Rösler und einen Dezernenten wegen Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung zu Geldstrafen verurteilt.

Rolling Stones 2017 in Hamburg: Ticket-Affäre nach Stadtpark-Konzert

Der Bundesgerichtshof hob die Urteile auf und sprach von „durchgreifenden Rechtsfehlern“. Zuvor war bereits gegen mehrere Beamte und Staatsräte ermittelt worden. Zudem gab es Anklagen und Geldbußen. Eine frühere Staatsrätin wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie aus dem „Rösler-Kontingent“ Tickets erworben hatte. Ob sie überhaupt das Konzert besuchte, ist fraglich.

Nun steht die ehemalige Staatsrätin (64) am kommenden Dienstag (20. August) erneut vor Gericht. Denn sie wehrt sich in der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wegen Vorteilsnahme (120 Tagessätze). Sie soll die beiden von Rösler angebotenen Karten „widerrechtlich“ angenommen haben, wirft ihr die Staatsanwaltschaft vor. Diese „vergünstigten“ Karten seien „vom regulären Verkauf ausgenommen“ gewesen. Denn sie gehörten ja zum Rösler-Kontingent, das der damalige Bezirksamtsleiter vom Veranstalter bezogen haben soll: 100 Freikarten (Gegenwert: 14.743,90 Euro) und 300 Kaufkarten. Die angeklagte Ex-Staatsrätin soll Tickets für knapp 360 Euro bei Rösler geordert haben.

Berufung nach Urteil gegen Staatsrätin wegen Rolling-Stones-Karten

Gleichfalls soll sie als für die Bezirke zuständige Staatsrätin Rösler in einem rückdatierten Schreiben den kostenlosen Konzertbesuch plus weitere Karten für Bekannte erlaubt haben. Bei einem Empfang vor dem Konzert habe Rösler ebenfalls teilnehmen dürfen. Wie dieses Berufungsverfahren als Teil der Stones-Affäre ausgeht, ist offen. Spannend wird ebenfalls die Hamburger Neuverhandlung bei Rösler. Sie ist noch nicht terminiert. Juristen sehen den Ausgang völlig offen.

Musikkenner blicken dagegen in die USA. Völlig unbeirrt von Affären jeder Art, haben die überlebenden Stones Gründer Mick Jagger (81) und Keith Richards (80) gerade mit der „größten Rock-‚n‘-Roll-Band der Welt“ eine umjubelte Tournee absolviert.