Hamburg. Diskussion mit Almuth Schult und Julia Jäkel zur EM in der Elbphilharmonie: Kann das Fußball-Geschäft geschlechtergerecht werden?
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) hat sich für mehr Frauenquoten im Profifußball und im Sport-Management insgesamt ausgesprochen. Die Wissenschafts- und Gleichstellungssenatorin sagte am Donnerstag bei einem Kongress zur Fußball-EM 2024 in der Elbphilharmonie: „Das Thema Quote gehört in den Sport, sonst verzichten wir auf die Hälfte der Bevölkerung: die Frauen.“
Fegebank gab vor den Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern von „Building a diverse future for sports“ einen improvisierten Einblick in ihre eigenen sportlichen Erfolge im Handball und Schwimmen („Aus Niederlagen kann man lernen. Ich habe viel gelernt“) und die bisherige Europameisterschaft 2024 und diskutierte mit Almuth Schult (Ex-Nationaltorhüterin und TV-Kommentatorin) sowie Julia Jäkel (ehemals Vorstandschefin von Gruner + Jahr) über Diversität. Der Sport müsse geschlechtergerechter gemacht werden, so Fegebank. „Nichts wirkt stärker als Vorbilder.“
EM 2024 in Hamburg: Kongress zu Diversity in der Elbphilharmonie
Dabei hatte sie offenbar unter anderem ihre Vorrednerinnen Prof. Laura McAllister und Vero Boquete vor Augen. McAllister ist aktuell Vizepräsidentin der Europäischen Fußballunion Uefa. Der Weg der früheren Fußballerin aus Wales dorthin war hart erkämpft, wie sie sagte. „Es ist immer noch eine Schlacht“, so McAllister in Hamburg. Mit ähnlichem Vokabular beschrieb Boquete den Weg der Frauen an die Fußballspitzen. Der ehemalige internationale Star (unter anderem Espanyol Barcelona, 1. FFC Frankfurt, Bayern, AC Florenz) hatte sich mehrfach mit Funktionären des spanischen Fußballverbandes angelegt.
Nach dem „Kuss-Skandal“ um Verbandschef Luis Rubiales, der nach dem WM-Sieg 2023 Jennifer Hermosos Kopf in beide Hände genommen und sie auf den Mund geküsst hatte, organisierte Boquete Widerstand. Sie formte eine WhatsApp-Gruppe aus ehemaligen und aktuellen Spielerinnen. Ihr Ziel: „Wir ziehen in den Krieg!“ Sie gesteht sich ihre martialische Strategie ein. In Hamburg sagte sie mit Blick auf ihre Aufgabe, für Frauenrechte und Diversität in Führungspositionen zu streiten: „Wenn ich aggressiver sein muss, um Aufmerksamkeit zu erregen, dann tue ich das.“
Frauenquoten in Hamburg gegen „old boys networks“
Das sind augenscheinlich nicht die Mittel Fegebanks, aber dieselben Ziele. Die Senatorin beklagte, dass „in unserer Stadt die old boys networks eine große Tradition“ haben. Dagegen könnten Frauen noch immer schwer ankommen. 16 Jahre habe Angela Merkel als Bundeskanzlerin regiert. Für die Sache der Frauen sei das nicht unbedingt hilfreich gewesen. Denn es habe von Quotengegnern geheißen: Es gebe ja eine mehrmals wiedergewählte Frau an der Spitze der Bundesregierung. Fegebank meinte: „Eine Kanzlerin macht noch keine Gleichberechtigung.“
Die Methode Fegebank geht in etwa so: „Ich bilde Banden um mich herum, um Frauen nachziehen zu können und die Strukturen nachhaltiger aufstellen zu können.“ Sie glaubt, dass der Sport wie Unternehmen davon profitieren, wenn sie von diversen Teams geleitet würden. In der Fernsehberichterstattung zur EM fällt ihr auf: „Schon dass nach den Spielen in den Analysen immer eine Frau dabei ist, das verändert den Spirit.“
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Julia Jäkel: „Wir waren so fucking divers“
Das bestätigte – mindestens für den Medienbereich – die ehemalige Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel. Möglicherweise hätten die CEOs vor 20 Jahren noch geglaubt, den Überblick über Unternehmen, Geschäft und Markt zu haben. „Heute ist das alles viel komplexer, da geht es um das Wissen einer Organisation“, sagte Jäkel. Sie war auch die Vorsitzende des „Rates für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, der auch kurz Zukunftsrat genannt wurde. Darin saßen nach ihren Angaben junge Wissenschaftler, ein früherer Verfassungsrichter, „ein Bayer, auch hochintelligent“, und im Übrigen eine bunte Mischung an Mitgliedern. „Wir waren so fucking divers“, sagte Jäkel, „es war eines meiner befriedigendsten Erlebnisse der letzten Jahre, zu sehen: Da geht was, weil wir alle zu einem Ziel kommen wollten.“
In der von Julia Möhn (Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Fußball kann mehr) moderierten Diskussion ging es auch um „klassische preußische Tugenden“, die offenbar kein Tabu sind in Frauen-Netzwerken, um Durchsetzungsvermögen und das „harte Geschäft“ des Kompromisses in der Politik. Fegebank sagte mit der Lakonie zweier rot-grüner Senate auf der Zunge: „Wir suchen uns ja oft nicht aus, mit wem wir zusammenarbeiten müssen, Stichwort: Koalition.“