Hamburg. Immer mehr sehr große Autos. Sollte Senat hohe Gebühren für sie einführen? Oder Parkplätze für SUV vergrößern auf Kosten anderer?

Der Trend ist eindeutig: Seit vielen Jahren nimmt die Zahl großer und schwerer Pkw in Deutschland zu. Laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) entfielen 30 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen im Juni 2024 auf die großen und schweren SUV, in keinem Segment gab es mehr Anmeldungen. Allein zwischen Anfang 2023 und Anfang 2024 stieg die Zahl der in Deutschland zugelassenen SUV (Abkürzung für „Sport Utility Vehicle“) von etwas unter 5,4 Millionen auf fast sechs Millionen Fahrzeuge, laut KBA ein sattes Plus von elf Prozent in nur einem Jahr.

Die Zahl der Geländewagen wuchs im selben Zeitraum um 3,6 Prozent auf 3,24 Millionen. Bei den Wohnmobilen gab es einen Zuwachs von 8,3 Prozent auf 908.000. Der Bestand von Minis oder Kleinwagen ging im selben Zeitraum dagegen moderat zurück, um 0,5 bzw. 0,8 Prozent.

Verkehr Hamburg: Pkw werden immer größer, Standardparkplätze nicht

Größere und schwerere Fahrzeuge belasten nicht nur die Straßen stärker als Kleinwagen und sind bei Unfällen zwar sicherer für die Insassen, aber gefährlicher für Fußgänger oder Radfahrer. Sie brauchen auch mehr Platz zum Parken im öffentlichen Raum. Auch laut ADAC sind die Längen und Breiten der Pkw zuletzt deutlich gewachsen. „Der Standard-Pkw wuchs allein zwischen 2000 und 2010 um durchschnittlich etwa 19 Zentimeter in der Länge, 15 Zentimeter in der Breite und 25 Zentimeter in der Höhe“, sagt ADAC-Hansa-Sprecher Christian Hieff dem Abendblatt. „Dies liegt nicht nur an der hohen Popularität von SUV, die 2021 zusammen mit Geländewagen etwa 40 Prozent aller neu zugelassenen Pkw ausmachten, sondern auch an der Zunahme der Fahrzeugmaße im Allgemeinen.“

So habe etwa die Breite des VW Golf schon zwischen 1974 (Golf 1) und 2012 (Golf 7) von 1,61 auf 1,80 Meter zugemommen. „Rechnet man noch die Außenspiegel hinzu, wird selbst bei Wagen der Kompaktklasse schnell die Zwei-Meter-Marke überschritten“, so Hieff. „Die Ursachen für dieses Breitenwachstum lassen sich durch das erhöhte Sicherheits- und Komfortbedürfnis der Autofahrer erklären, respektive durch Verbesserungen beim Seitenaufprallschutz, Seitenairbags und bei der Fahrzeugdämmung.“

Verkehrsbehörde Hamburg hält sich beim Thema Parkplatzgrößen lieber bedeckt

Die Größen der Standardparkplätze im öffentlichen Raum sind trotz des rasanten Größenwachstums bei den Pkw allerdings schon länger nicht angepasst worden. Das wäre bei der politisch aufgeheizten Diskussion über die Verteilung von Flächen zwischen den Verkehrsteilnehmern wohl auch derzeit kaum durchsetzbar – und vermutlich auch überhaupt nicht sinnvoll.

In der Verkehrsbehörde von Senator Anjes Tjarks (Grüne) jedenfalls mag man das politisch heikle Thema lieber nicht zu ausführlich behandeln. Seit November 2017 gelte für Parkplätze in Hamburg „die Regelbreite von 2,10 Meter, mindestens 2,00 Meter“, teilte eine Tjarks-Sprecherin auf Abendblatt-Anfrage mit. Wie sich die Parkplatzgrößen davor entwickelt hätten, könne man leider nicht sagen, da es die Behörde ja vorher noch gar nicht gegeben habe.

Parkdruck steigt nicht nur durch Parkplatzabbau, sondern auch durch Autowachstum

Laut ADAC gilt in Hamburg gemäß der „Planungshinweise für Stadtstraßen“ (PLAST) aus dem Jahr 2005 „die Parkplatzbreite von 2,50 Metern bei Querparkplätzen und 2 Meter bei Längsparkplätzen“. Und: „In der Garagenverordnung gilt für Garagen eine Mindestbreite von 2,30 Meter ohne Längsseite, 2,40 mit einer Längsseite und 2,50 wenn beide Seiten baulich begrenzt sind. In modernen Parkhäuser sind die Parkflächen jedoch größer.“ Angesichts des Wachstums der Fahrzeuge empfehle die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) hier angesichts immer breiterer Pkw mittlerweile eine Mindestbreite von 2,65 Meter.   

Eines liegt bei alldem auf der Hand: Dass der Parkdruck in Metropolen wie Hamburg weiter wächst, hat keinesfall nur mit dem Abbau von Parkplätzen zugunsten von Rad- oder Fußwegen zu tun – sondern eben auch damit, dass moderne Pkw immer mehr und mehr Platz für sich beanspruchen. Dabei ist der Raum in Städten ohnedies extrem knapp. Und das Ziel Hamburgs ist es bekanntlich, dass mehr Menschen aufs Rad, auf den HVV oder aufs Zufußgehen umsteigen. Für diese immer wieder postulierte Verkehrswende braucht man mehr Rad- und bessere Fußwege und im Zweifel auch weitere Busspuren. Da man jeden Quadratmeter aber nur einmal nutzen kann, geht diese Umverteilung auf Kosten des Autoverkehrs, wie auch jüngere Zahlen des Senats zeigen.

Verkehr Hamburg: „Ich verstehe nicht, dass so große Autos genehmigt werden“

„Ich verstehe nicht, warum immer größere Autos überhaupt genehmigt werden“, sagte Sonja Tesch von der Fußgängerlobby Fuß e.V. dem Abendblatt. „Es ist ein großes Problem für Fußgänger, dass Pkw schon heute oft weit auf den Fußwegen stehen, vor allem beim aufgesetzten Parken. Das Parken geht immer auch auf Kosten der Fußgänger. Das ist sowieso ein Ärgernis, und wenn die Autos immer größer werden, dann geht das noch stärker zu Lasten anderer Verkehrsteilnehmer“, so Tesch. Im Übrigen seien die immer größeren Fahrzeuge auch aus einem anderen Grund gefährlich. Man könne nämlich oft als Fußgänger „gar nicht mehr drübergucken“.

Auch der Fahrradclub ADFC kritisiert das ungebremste Größenwachstum bei den Pkw. „Dass aktuelle deutsche Automodelle immer größer und dicker werden und so immer mehr vom objektiv begrenzten Platz beanspruchen, ist ein Trend, dem die Politik aktiv entgegentreten könnte“, sagt ADFC-Sprecher Dirk Lau. „Ein 2,4 Tonnen schweres und mit 600 PS absurd übermotorisiertes Auto hat in einer von Menschen bewohnten Stadt nichts verloren.“  

ADAC fordert größere Parkplätze, aber nur in Parkhäusern

Die Verkehrswende könne auch in Hamburg nur gelingen, wenn dem Auto Platz weggenommen werde, so Lau. „Öffentlicher Straßenraum ist in einer Großstadt knapp und viel zu wertvoll, um ihn für geparkte Autos zu verschwenden bzw. damit zu verstopfen. Es geht um Flächengerechtigkeit, das heißt um die gerechte Umverteilung des öffentlichen Straßenraums zugunsten klimafreundlicher, ressourcensparender Verkehrsmittel – und zwar auch durch den massiven, flächendeckenden Abbau von Kfz-Parkständen.“

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Diese Idee will der ADAC zwar nicht unterstützen. Dort hütet man sich allerdings auch vor der Forderung, Parkplätze im öffentlichen Raum jetzt zu vergrößern, weil die durchschnittlichen Pkw immer weiter wachsen. „Um die Lenkungsfunktion zu erhalten und nicht weitere Parkplätze in der Stadt zu verlieren, empfiehlt der ADAC die Beibehaltung die bisherigen Größenvorgaben für Parkplätze im öffentlichen Raum“, so ADAC-Sprecher Hieff. Deutlich größer dagegen werden sollten die Parkplätze in Parkhäusern, Tiefgaragen und auf Großparkplätzen.

Verkehr Hamburg: Sollen SUV wie in Paris bald extrem hohe Gebühren zahlen?

Auch weil es immer mehr ältere Autofahrer „mit erhöhten Komfort- und Sicherheitsansprüchen“ gebe und die Verkaufszahlen von großen Pkw anhaltend hoch seien, solle dort „für ausreichend breite Fahrgassen und Rampen sowie für eine Stellplatzbreite von 2,65 Meter“ gesorgt werden, so der ADAC-Sprecher. „Dies ermöglicht ein einigermaßen bequemes Öffnen der Türen und direktes Anfahren der Stellplätze.“ Noch benutzerfreundlichere Parkhäuser würden stärker genutzt, so die Hoffnung des ADAC. Das hätte dann auch einen weiteren Vorteil: Es würden weniger Autos im öffentlichen Raum abgestellt.

Klar ist dabei allerdings auch: Die Nutzung von Parkhäusern oder Quartiersgaragen hat ihren Preis. Günstiger wird das Parken in Metropolen wie Hamburg wohl ohnedies nie mehr. Es könnte gerade für SUV sogar sehr viel teurer werden – jedenfalls wenn man sich in Hamburg an Großstädten wie Paris orientiert. Dort sollen die Parkgebühren für SUV von außerhalb laut einem Bürgerscheid bald auf satte 225 Euro für sechs Stunden steigen. Begründet wird dies nicht nur mit dem Platzbedarf und der Umweltbelastung durch die so beliebten Fahrzeuge – sondern auch damit, dass Unfälle mit SUVs „für Fußgänger doppelt so tödlich wie mit einem normalen Auto“ seien.