Hamburg. Ist Hamburg wirklich das Tor zur Welt? Rund 100 Studierende wurden von Wissenschaftssenatorin Fegebank im Rathaus willkommen geheißen.

Bingduo Jang lacht ein wenig verschämt. Was er vor seiner Ankunft über Hamburg gedacht hat? „Ich dachte, dass Hamburg eine große Stadt ist, in der die Menschen vor allem Hamburger essen“, sagt der chinesische Student, der es anderthalb Jahre später besser weiß. Gute Burger gibt es zwischen Alster und Elbe in etwa so selten oder so oft wie gute chinesische Restaurants. Und eine wirklich große Stadt ist die 1,8-Millionen-Metropole auch nicht – zumindest nicht nach chinesischem Maßstab.

„Aber Hamburg ist eine sehr schöne Stadt“, sagt der Student der Kosmetikwissenschaft. Jang ist einer von rund 100 international Studierenden, die vor wenigen Tagen im Hamburger Rathaus von Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank offiziell in der Hansestadt willkommen geheißen wurden – und die das Abendblatt zum großen Hamburg-Gespräch bittet.

Was die Studentenwelt über Hamburg denkt: Fegebank empfängt im Rathaus

Was hatten die Studierenden vor ihrer Ankunft für ein Bild von Hamburg im Kopf? Wie hat sich dieses Bild mittlerweile revidiert? Was gefällt ihnen in der Hansestadt? Was nicht? Sind die Hamburger offen? Und natürlich: Ist Hamburg wirklich das Tor zur Welt?

„Natürlich ist Hamburg das Tor zur Welt“, sagt Hauwa Yunusa. Die Nigerianerin ist gerade erst vor ein paar Monaten hier angekommen – und schon jetzt begeistert. Die Masterstudentin, die in Harburg untergekommen ist, hatte die Sorge, dass Hamburger vor allem sehr ernsthaft, strebsam und ganz und gar nicht lustig sind. „Aber das stimmt gar nicht“, sagt Hauwa. „Natürlich ist das Studium und die Arbeit wichtig, aber der Spaß und das Miteinander kommt hier auch nicht zu kurz“, sagt sie. „Die Stadt und die Uni sind total international – und das gefällt mir am besten.“

Hauwa Yunusa aus Nigeria will ihr Masterstudium in Hamburg absolvieren.

Hauwa Yunusa
Hauwa Yunusa aus Nigeria will ihr Masterstudium in Hamburg absolvieren. Hauwa Yunusa © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Doch gibt es auch etwas, was Hamburg verbessern könnte? Hauwa überlegt eine Weile, sagt dann: „Warum wollen Hamburger immer cash mit Bargeld zahlen? Das verstehe ich wirklich nicht“, sagt die Studentin, die auch schon in Italien und Spanien ein paar Semester verbracht hat. „Das scheint keine europäische, sondern eine deutsche Sache zu sein.“

Katharina Fegebank freut sich über die vielen kurzen und längeren Gespräche rund um ihre Stadt. „Für mich ist das ein ganz besonderer Moment, all die internationalen Studierenden in unserem Rathaus willkommen zu heißen“, sagt die Zweite Bürgermeisterin, die in ihrer Rolle als Wissenschaftssenatorin zu Beginn des Abends darauf aufmerksam macht, dass jeder einzelne der Gäste wichtig für Hamburg ist: „Sie alle sind ein großer Mehrwert für unsere Stadt.“

In Hamburg gibt es 16.000 Studierende aus anderen Ländern

Tatsächlich ist die Gruppe der akademischen Gäste aus anderen Ländern in Hamburg groß. Es gibt 16.000 internationale Studenten und Studentinnen in Hamburg, womit 13 Prozent aller Studienenden nicht aus Deutschland kommen. Bei Studiumsanfängern sind es sogar 23 Prozent.

Auch Pinar Dincer ist gerade erst vor wenigen Wochen in Hamburg angekommen. Die Studentin aus Istanbul hat sich für die Hansestadt entschieden, weil sie gerne in einer Hafenstadt studieren, lernen und leben wollte. „Ich hatte mir Hamburg als große Metropole vorgestellt. Wirklich groß ist die Stadt aber nicht“, sagt sie. „Aber trotzdem ist Hamburg für mich die perfekte Stadt zum Leben.“

Die Türkin Pinar Dincer studiert Architektur in Hamburg.

Pinar Dincer
Die Türkin Pinar Dincer studiert Architektur in Hamburg. Pinar Dincer © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Pinar hat in Neapel gelebt, in Istanbul und war auf der ganzen Welt mit dem Rucksack unterwegs. „Die Lebensqualität hier ist hoch, man kann eigentlich alles mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Und was mir besonders gut gefällt: Menschen mit einer Behinderung sind meiner Meinung nach sehr gut integriert.“

Allerdings sei auch in Hamburg nicht alles gut. „Die Digitalisierung muss unbedingt besser werden“, sagt die Architekturstudentin, die in Stellingen lebt. Ihr Lieblingsort in der Stadt: der Volkspark. „Verglichen mit anderen internationalen Städten ist Hamburg wirklich sehr grün. All die Parks gefallen mir richtig gut.“

Wissenschaftssenatorin Fegebank kämpft um die besten Köpfe für Hamburg

Wissenschaftssenatorin Fegebank weiß, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass sich internationale Studierende für Hamburg entscheiden. Die Konkurenz ist groß, genauso wie der Kampf um die besten Köpfe der Zukunft. „Wir bieten hervorragende Studienbedingungen und freuen uns sehr über weitere internationale Studierende“, sagt Fegebank, die daran erinnert, dass es diese Willkommensveranstaltung im Rathaus bereits seit 2004 gebe.

Im gleichen Jahr wurde Amine Belgaid geboren. Seit neun Monaten ist der Student nun schon in der Hansestadt, um an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Information Engineering (übersetzt: Informationsingenieurswesen) zu studieren. Sein Plan: Erst sein Barchelor in Hamburg abzuschließen, dann den Master draufzusetzen. „Ich würde gerne vier oder fünf Jahre bleiben. Vielleicht sogar länger“, sagt der Algerier.

Amine Belgaid aus Algerien ist vor neun Monaten gekommen, um an der HAW Information Engineering (übersetzt: Informationsingenieurswesen) zu studieren.

Amine Belgaid
Amine Belgaid aus Algerien ist vor neun Monaten gekommen, um an der HAW Information Engineering (übersetzt: Informationsingenieurswesen) zu studieren. Amine Belgaid © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

„Zuvor war ich noch nie außerhalb Algeriens, deswegen war ich sehr aufgeregt hierherzukommen“, sagt Amine. Und: All seine Erwartungen seien übertroffen worden. „In meinem Studentenwohnheim in Othmarschen wohnen überwiegend Deutsche – und fast alle sind extrem offen und nett.“

Studentenwelt und Hamburg: Kutenda Makahamadze möchte vielleicht in Hamburg bleiben

Das sieht auch Kutenda Makahamadze ähnlich. Kurioserweise kam die Studentin im vergangenen Jahr am 3. Oktober an, also am Tag der Deutschen Einheit – und hat nach nicht einmal einem halben Jahr bereits entschieden, dass sie sich sogar vorstellen könnte, in der Hansestadt zu bleiben.

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„Ich hatte vorher noch nie etwas über Hamburg gehört“, sagt die Wahl-Hanseatin aus Simbabwe, die Engeneering Science studiert. Ihre größte Sorge zuvor: die Sprache. „Glücklicherweise kann hier fast jeder Englisch. Das hätte ich so nicht erwartet“, sagt Kutenda. Sind Hamburger offen? „Ganz unterschiedlich“, sagt die Afrikanerin, die in Neugraben wohnt. „Die einen sind extrem offen, die anderen beäugen einen schon ein wenig skeptisch. Ich sehe anders aus – und das spüre ich schon hier und da.“

Auch Muruhaiya Gunasekaran fällt auf der Straße auf. Trotzdem habe er keine schlechten Erfahrungen gemacht, sagt der Inder. „Ich hatte mir Hamburg sehr international vorgestellt – und bislang wurde ich nicht enttäuscht“, sagt der Global-Technology-Student. Sein einziger Verbesserungsvorschlag: „Der öffentliche Nahverkehr könnte besser sein.“

23 Prozent aller Studiumsanfänger kommen aus dem Ausland

Diesen Hinweis darf Katharina Fegebank gerne an ihren Parteikollegen und Verkehrssenator Anjes Tjarks weitergeben. Kurioserweise verriet die Grünenpolitikerin in ihrer Willkommensrede, dass sie selbst gerade erst im Familienurlaub in Muruhaiyas Heimat in Indien gewesen sei. Es sei eine großartige Erfahrung gewesen, aber: „Das Essen war sehr scharf.“

Und Bingduo Jang und seine Burger? Natürlich habe er mittlerweile einen guten Burger gegessen, sagt der Chinese. Ein wirklich gutes, chinesisches Restaurant habe er aber nicht gefunden. „Aber man kann in Hamburg sehr gut thailändisch oder indisch essen gehen“, sagt der angehende Akademiker, der nun auch die kulinarische Vielfalt in Hamburg ganz genau studieren will.