Hamburg. Daten zeigen: Autofahrer haben es in keiner deutschen Stadt so schwer wie hier – gerade Pendler. Nur in einem Punkt gibt es Expertenlob.
Nein, diesen Titel möchte man eigentlich nicht verliehen bekommen, aber Hamburg wird ihn einfach nicht los. Auch im vergangenen Jahr war Hamburg die deutsche Stau-Hauptstadt. In keiner anderen deutschen Metropole brauchten die Menschen länger für eine Zehn-Kilometer-Strecke als in der Hansestadt, und nirgends im Lande sorgten Verkehrsbehinderungen für einen größeren Zeitverlust. Das jedenfalls ist das Ergebnis des neuen „TomTom Traffic Index 2024“.
Für sein jährliches weltweites Ranking hat das Navigationsunternehmen nach eigenen Angaben dieses Mal Daten aus mehr als 380 Städten in 55 Ländern verglichen. Diese stammen demnach aus mehr als 600 Millionen Fahrzeugen und mobilen Geräten. Es finden sich 27 deutsche Städte und Regionen aus zehn Bundesländern im neuen Ranking. Und Hamburg kommt dabei nicht gut weg.
Verkehr Hamburg: Warum die Autofahrer hier so lange brauchen
So brauchten Autofahrer in Hamburg (inklusive fünf Kilometer Radius) im Jahr 2023 für eine Zehn-Kilometer-Strecke im Durchschnitt 23 Minuten und 50 Sekunden – das ist der höchste Wert aller deutschen Metropolen. Hamburg ist demnach laut TomTom-Vokabular die „langsamste Stadt“ Deutschlands. Im Vergleich zum Jahr 2022 hat sich die Fahrzeit in Hamburg auch noch einmal um 30 Sekunden erhöht. Auf den Plätzen nach Hamburg folgen Berlin (22:00 Minuten), Leipzig (21:30) und Frankfurt (20:40).
Einen „entscheidenden Anteil“ an Hamburgs unrühmlicher Spitzenposition in dieser Kategorie haben laut TomTom allerdings „statische“, also unabänderliche Faktoren. Denn: „Zahlreiche Tunnel und Brücken sowie der Hamburger Hafen im Stadtgebiet führen dazu, dass selbst unter idealen Verkehrsbedingungen Hamburg die niedrigste Durchschnittsgeschwindigkeit aller deutschen Städte aufweist.“
Nirgends in Deutschland benötigen Pendler im Pkw länger als in Hamburg
Allerdings steht Hamburg auch in einer anderen Kategorie schlecht da, nämlich bei den Zeitverlusten durch Verkehrsbehinderungen und Staus. Hier hat TomTom erhoben, wie viel Zeit Autofahrer im Durchschnitt auf einer Zehn-Kilometer-Strecke durch Störungen des Verkehrs verlieren. In Hamburg verloren sie im vergangenen Jahr demnach sechs Minuten pro zehn Kilometer, im zweitplatzierten Wiesbaden waren es 5:24 Minuten, in Berlin 5:02 Minuten. Gegenüber 2022 hat der Zeitverlust durch Staus auf zehn Kilometern in Hamburg sogar noch einmal um 27 Sekunden zugenommen.
Auch bei den Fahrzeiten für je zehn Kilometer Hin- und Rückweg zur Arbeitsstätte liegt Hamburg an der unrühmlichen Spitze. „Pendler verbringen im Schnitt am Tag 55 Minuten im Auto, wenn sie morgens und abends eine typische zehn Kilometer lange Strecke während des Berufsverkehrs zurücklegen“, schreibt TomTom. „Mehr als 19 Minuten entfallen dabei auf Verzögerungen, die auf Stau und Verkehr zurückzuführen sind. Auf ein Jahr betrachtet summiert sich die Zeit, die ein Hamburger Pendler so zusätzlich im Auto verbringt, auf mehr als 74 Stunden. 2022 waren es noch 8,5 Stunden weniger.“ Im Vergleich zum Vorjahr ist auch die Durchschnittsgeschwindigkeit der Autofahrer in Hamburg um einen Kilometer pro Stunde auf jetzt 25 gesunken.
Verkehr Hamburg: Hartes Urteil der Daten-Analytiker
Es gibt aber auch Bereiche, in denen andere deutsche Städte noch schlechter dastehen als Hamburg: zum Beispiel bei den jährlichen Spritkosten, die für eine tägliche jeweils zehn Kilometer lange Hin- und Rückfahrt zur Arbeit anfallen. Hier liegt München mit 721 Euro knapp vor Hamburg, wo die Berufspendler im Durchschnitt 720 Euro im Jahr für eine solche Strecke ausgeben mussten. Auch beim durchschnittlichen jährliche CO2-Ausstoß pro Pkw während der Rushhour steht Hamburg mit durchschnittlich 903 Kilo CO2 auf einer Strecke von zehn Kilometer hin und zurück nicht am schlechtesten da. 177 Kilo davon waren laut TomTom Verkehrsbehinderungen geschuldet. In Berlin liegt die Belastung hier bei 910 Kilo (165 durch Staus), in München bei 907 (203).
In der Zusammenfassung ihrer Analysen kommen die TomTom-Datenauswerter allerdings zu einem klaren Urteil: „Autofahren ist in Hamburg besonders unattraktiv.“ Zugleich sei der Autoverkehr im vergangenen Jahr tendenziell allerdings auch fast überall langsamer geflossen. Außerdem müsse man bei aller Klage über schwierige Verkehrsverhältnisse in deutschen Städten festhalten: Im internationalen Vergleich steht Deutschland recht gut da.
In anderen Ländern geht es für Autofahrer noch viel langsamer voran
Zum Vergleich: In London brauchen Autofahrer laut TomTom im Durchschnitt 37 Minuten und 20 Sekunden für eine Strecke von zehn Kilometern. Dagegen kommen Hamburgs Autofahrer mit ihren knapp 24 Minuten doch recht gut voran. In Dublin, dem internationalen Spitzenreiter in dieser Kategorie, verbringen Pendler im Schnitt eine Stunde und 17 Minuten im Auto auf dem Weg hin und zurück zur zehn Kilometer entfernten Arbeitsstätte (Hamburg: 55 Minuten).
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Obwohl Hamburg im nationalen Vergleich nicht gut wegkommt bei diesem Ranking: Über ein Ergebnis der TomTom-Analyse kann sich sicher auch der grüne Verkehrssenator Anjes Tjarks freuen. Denn die Datenexperten loben den auch von ihm vorangetriebenen Ausbau der Fahrradinfrastruktur als „durchdacht“. So habe TomTom anhand von zwei deutschen Beispielen untersucht, „wie sich der Verkehrsfluss im Jahr 2023 für Autos verändert hat, nachdem zugunsten eines Radwegs die Fahrbahn von zwei Spuren auf eine Spur reduziert wurde“. Konkret ging es dabei „um den 1,1 Kilometer langen Radweg in der Hamburger HafenCity Am Sandtorkai sowie um den gut 500 Meter langen Radweg in der Kölner Innenstadt von der Siegburger Straße zum Gotenring“, so TomTom.
Verkehr Hamburg: TomTom lobt die Fahrradpolitik und nennt ein Beispiel
„Obwohl in beiden Fällen die Kapazität der Straße für den Autoverkehr zugunsten des Radverkehrs halbiert wurde, zeigen die Verkehrsdaten von TomTom dennoch nur einen moderaten Anstieg der Fahrzeiten“, so das Ergebnis der Analyse. „Die Autofahrer haben sich auf die veränderte Verteilung des Straßenraums eingestellt, der Ausbau der Fahrradinfrastruktur ist in den beiden betrachteten Fällen nicht zulasten des Autoverkehrs gegangen. Im Gegenteil: In Hamburg zeigt sich, dass durch die Aufwertung des ehemaligen Pop-Up Radwegs zu einem ordentlichen Radweg mit baulicher Trennung von der Autofahrbahn der Verkehr nun sogar schneller fließt.“