Hamburg. Neue Verordnung setzt Frist. Mehr als 100.000 Haushalte betroffen. Wie man Bleirohre erkennt und was beim Austausch zu beachten ist.
Hamburgs Trinkwasser ist von hoher Qualität. Enthält es allerdings Blei, kann das – auch in niedrigen Mengen – gesundheitsgefährdend sein. Dennoch sind in mehr als 100.000 Haushalten in Hamburg die Wasserrohre noch mit Blei verarbeitet. Eine neue Trinkwasserverordnung will dies nun ändern: Trinkwasserleitungen und auch Teilstücke davon, die aus Blei bestehen, müssen bis zum 12. Januar 2026 ausgetauscht oder stillgelegt werden, teilt die Hamburger Justizbehörde mit.
Das sei ein wichtiger Schritt für eine gesunde Trinkwasserversorgung: Betreiberinnen und Betreiber von Gebäuden, in denen sich noch Trinkwasserinstallationen aus Blei befinden, sind in der Pflicht, diese auszutauschen oder stillzulegen und über das Datum dieser Maßnahme das zuständige Bezirksamt zu informieren. Aber wie kann es sein, dass immer noch Blei in Trinkwasserrohren verbaut ist? Warum ist Blei schädlich, wie kann man sich schützen und was muss man beim Austausch beachten? Hier gibt es Antworten auf diese und andere Fragen.
Warum gibt es immer noch Bleirohre in Hamburger Immobilien?
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war Blei ein gebräuchliches Material für Trinkwasserleitungen in Gebäuden. Auch in Hamburg wurde Blei ist bis etwa 1970 in Hausanschlussleitungen und Hausinstallationen verwendet. Durch die Bleileitungen können kleine Bleimengen in das gelieferte Trinkwasser gelangen. Der Grenzwert im Trinkwasser wurde in den vergangenen Jahren immer weiter reduziert und viele Bleileitungen ausgetauscht. Noch vorhandenen Bleileitungen können allerdings weiter zu Grenzwertüberschreitungen und die Gesundheit belasten. Der jetzt gültige Grenzwert von Blei im Trinkwasser beträgt 0,01 Milligramm pro Liter (mg/l).
Ab dem 12. Januar 2028 wird dieser Grenzwert noch einmal um die Hälfte auf 0,005 mg/l gesenkt und damit deutlich verschärft. Das macht den Austausch der Leitungen nun dringlicher. Wobei Blei ist auch in anderen Bauteilen, etwa Armaturen, enthalten sein kann, die etwa aus Messing oder Rotguss gefertigt wurden. Aus diesen Metallen, die sich z. B. im Wasserzähler oder Verbindungsstücken befinden, kann Blei in das Wasser abgegeben werden. Neuere Armaturen und Leitungen können Kupfer oder Nickel enthalten. Es ist möglich, dass sich diese Stoffe dadurch im Trinkwasser anreichern und so ebenfalls den zulässigen Grenzwert überschreiten.
Für wen ist Trinkwasser aus Bleirohren schädlich?
Gesundheitlich bedeutend ist vor allem die schleichende Belastung durch regelmäßige Aufnahme kleiner Bleimengen. Sie beeinträchtigt die Blutbildung und Intelligenzentwicklung bei Ungeborenen, Säuglingen und Kleinkindern. Besonders empfindlich auf Blei reagiert das sich entwickelnde kindliche Nervensystem. Beim Erwachsenen wird Blei ausgeschieden oder in den Knochen eingelagert. Es kann von dort aber wieder ins Blut gelangen (z. B. während der Schwangerschaft). Es ist also vor allem für Säugling, Kleinkind und Schwangere schädlich. Blei ist zudem als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen eingestuft.
Wie kann ich mich vor Blei im Trinkwasser schützen?
Es empfiehlt sich, das besonders stark belastete Standwasser (beispielsweise morgens) erst eine Weile ablaufen zu lassen, bevor es als Lebensmittel oder zum Kochen verwendet wird. Schwangere, stillende Mütter und Kleinkinder sollten statt des Leitungswassers Mineralwasser trinken.
Woran erkenne ich, ob in meinem Haus oder meiner Wohnung Bleirohre verbaut wurden?
In Häusern mit dem Baujahr ab 1975 dürften keine Bleileitungen mehr verbaut worden sei. Wer in diesen Gebäuden wohnt, braucht keine Befürchtungen zu haben. In den älteren Häusern können Bewohnerinnen und Bewohner sichtbare Leitungen kontrollieren (z. B. im Keller vor und hinter dem Wasserzähler). Bleileitungen sind im Gegensatz zu Kupfer- oder Stahlleitungen weicher. Sie lassen sich mit einem Messer leicht einritzen oder abschaben und erscheinen silbergrau. Die Rohrenden sind ineinandergeschoben und dort wulstig aufgeworfen.
Beim Vermieter, Hausverwalter oder Eigentümer kann man nachfragen, wann die Wasserleitungen installiert wurden und aus welchem Werkstoff sie sind. Hausanschlussleitungen können ebenfalls noch aus Blei bestehen. Dies sind die Leitungen, die das Wasser von der Versorgungsleitung in ein Gebäude führen. Wasserversorger garantieren die Trinkwasserqualität nur bis zur Übergabestelle an der Grundstücksgrenze.
Mit Gewissheit lässt sich die Konzentration von Blei im Trinkwasser nur durch eine Wasseranalyse feststellen. Hamburg Wasser bietet diese kostenlos an, wenn in dem Haushalt eine schwangere Frau oder ein Kleinkind bis zu einem Lebensjahr wohnt (Servicetelefon 7888-2222, Vorlage des Mutterpasses oder der Geburtsurkunde des Kindes erforderlich). Für alle anderen kostet die Blei-, Kupfer- und Nickel-Untersuchung 45,22 Euro. Die dafür notwendige Probenflasche gibt es im Kundencenter am Ballindamm/Ecke Glockengießerwall.
Welche Fristen gelten für den Austausch der Rohre?
Grundsätzlich müssen die Bleileitungen in einem guten Jahr – also bis zum 12. Januar 2026 – ausgetauscht sein. Doch es gibt Ausnahmen: So kann die Frist verlängert werden, wenn Handwerker keine Zeit haben, also zum Beispiel das mit dem Austausch beauftragte Installationsunternehmen aus Kapazitätsgründen die Arbeiten nicht termingerecht erledigen kann. Diese Fristverlängerung muss aber beim zuständigen Bezirksamt beantragt werden.
Zweite Ausnahme: Wenn das Wasser aus den Bleirohren im Eigenheim ausschließlich zum eigenen Gebrauch genutzt wird, kann die Frist bis zum 12. Januar 2036 verlängert werden. Auch in diesem Fall muss ein entsprechender Antrag beim zuständigen Bezirksamt gestellt werden. Eine solche Fristverlängerung wird aber nur gewährt, wenn eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere bei schwangeren Frauen und Kleinkindern, ausgeschlossen ist. Die Verlängerungsfrist verfällt, wenn das Eigentum verkauft oder vererbt wird, so die Verordnung.
Wer muss wen informieren?
Betreiber von Gebäuden müssen das zuständige Bezirksamt über den Austausch der Leitungen und dessen Datum informieren. Neu in die Verordnung aufgenommen wurde zudem, dass Wasserversorgungsunternehmen oder auch eine Installationsfirma das Bezirksamt unverzüglich darüber informieren müssen, wenn sie entdecken, dass Trinkwasserleitungen oder Teilstücke davon aus Blei bestehen. Auch die Bewohner sind unverzüglich über die Bleiinstallation zu informieren.
Was können Mieter tun?
Selbst veranlasste Wasseruntersuchungen müssen Mieter zahlen. Die Proben können selbst entnommen werden, um die Kosten niedrig zu halten. Die Bauprüfabteilung des Bezirksamts kann bei begründetem Verdacht auf Bleibelastung aber auch vom Vermieter verlangen, mit einer solchen Untersuchung nachzuweisen, dass die Grenzwerte für Blei nicht überschritten werden. Bei zu viel Blei im Wasser kann die Bauprüfabteilung dem Vermieter auch auferlegen, die Rohre auszuwechseln.