Hamburg/Berlin. Zahnärzte aus Hamburg widersprechen den Aussagen des CDU-Chefs zu Asylbewerbern. Zweite Bürgermeisterin Fegebank reagiert heftig.
- CDU-Chef Friedrich Merz sorgt mit seiner provokanten Aussage zu Asylbewerbern für viel Wirbel
- Zahnärzte aus Hamburg stellen sich nun den Behauptungen entgegen
- Auch Hamburgs zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank reagierte auf X – und zwar heftig
Zahnersatz für Asylbewerber und keine Termine für deutsche Patientinnen und Patienten? CDU-Parteichef Friedrich Merz hat mit seinen provokanten Aussagen zur vermeintlichen medizinischen Vollversorgung von Geflüchteten nicht nur die Politiker der Ampelregierung in Berlin in Wallung gebracht. In Hamburg stellen sich Zahnärzte mit nüchternen Argumenten den Behauptungen von Merz entgegen.
Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) postete bei X (ehemals Twitter) ihre Empörung. Merz offenbare eine „rhetorische Grenzüberschreitung“ und eine „erschreckende Gedankenwelt“. Fegebank fragte: „Was soll mit der Ausländer-gegen-Deutsche-Story erreicht werden, Friedrich Merz? Es spaltet & wird der CDU nicht helfen. Echt ganz übel!“
Friedrich Merz und Zahnersatz für Asylbewerber: So reagiert Hamburgs Zweite Bürgermeisterin
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hamburg (KZV), Dr. Eric Banthien, sagte dem Abendblatt: „Zahnersatz für Asylbewerber gibt es nur in seltensten Ausnahmen. Die Krankenkassen müssen ihn genehmigen und gehen damit sehr restriktiv um.“ Banthien verwies auf die Gesetzeslage, die dem CDU-Vorsitzenden augenscheinlich nicht in Gänze bewusst ist. Im Paragrafen 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes sei klar geregelt, dass es für diese Personengruppe nur eine absolut notwendige medizinische Behandlung gebe. Von „vollen Leistungen“ und „voller Heilfürsorge“, von denen Merz sprach, könne keine Rede sein.
Im Gesetz heißt es: „Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren.“ Das Impfen werde im Rahmen des Sozialgesetzbuches bezahlt, bei den Vorsorgeuntersuchungen gibt es schon Einschränkungen. Und dann heißt es klar: „Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.“
Zahnersatz für Asylbewerber nur im Ausnahmefall
Zahnärzte sagten dem Abendblatt, die Krankenkassen kontrollierten die Versorgung sehr genau. Aufwendige Behandlungen oder kostspieligen Zahnersatz könnten sie bei Asylbewerbern gar nicht machen. Die Patienten bekämen, selbst wenn sie kaum noch Zähne haben, eine Kunststoff-Drahtklammer zum Herausnehmen. Das sei das Billigste vom Billigen. Im Gesetz ist noch geregelt, dass „werdende Mütter und Wöchnerinnen“ ärztliche sowie pflegerische Hilfe und Betreuung in Anspruch nehmen könnten sowie Unterstützung durch Hebammen plus Verbands- und Arzneimittel.
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KZV-Vorstandschef Banthien sagte: „Wir sehen in den Zahnarztpraxen geflüchtete Menschen mit einem sehr schlechten, aber auch mit einem guten Zahnstatus.“ Das hänge natürlich auch von den Bedingungen eines mitunter langen Fluchtweges ab. Dort steht nicht immer die Zahnhygiene im Vordergrund, sondern das nackte Überleben.
Der Zahnarzt zog mit den letzten verfügbaren statistischen Daten aus dem Jahr 2021 die Aussage von Merz in Zweifel, dass aufgrund der Behandlung von abgelehnten Asylbewerbern Patientinnen und Patienten hierzulande seltener Termine bekämen: „Bei 92 Millionen Behandlungsfällen im Jahr ist der Anteil von 300.000 abgelehnten Asylbewerbern und ihren möglichen zahnärztlichen Behandlungen sehr gering. Sie können also nicht der Grund dafür sein, dass die Praxen verstopft seien, wie behauptet wird.“