Mit ihrem Restaurant im Levantehaus haben sich die Österreicher Yvonne und Alexander Tschebull ihren großen Traum erfüllt. Inzwischen hat sich ihr Laden zu einem der angesagtesten der Stadt entwickelt.
Altstadt. Es ist gerade einmal fünf Minuten nach zwölf. Das Restaurant noch leer. Plötzlich entsteht ein zunächst noch leises unbestimmtes Rauschen. Stimmen, immer mehr Stimmen füllen die Räume im Levantehaus. Wie eine Welle schwappen sie herein. Und innerhalb von höchstens 15 Minuten ist aus dem leeren Tschebull ein volles Restaurant geworden. Nur noch wenige Tische sind frei an diesem Mittag. Und auch auf ihnen stehen bereits Reserviert-Schilder.
Yvonne und Alexander Tschebull betrachten das Treiben entspannt von ihrem Tisch aus, an dem sie für ein Gespräch Platz genommen haben. „So ist das häufig hier“, sagt die freundliche Frau mit den kurzen blonden Haaren und dem leichten bayerischen Akzent. „Manchmal hat man das Gefühl, es wird hier geradezu ruckartig voll.“ Eine gewisse Freude über den großen Zuspruch für ihr Restaurant können beide nicht verbergen.
Kein Wunder, schließlich hat sich das Ehepaar mit seinem Laden in der Innenstadt einen Traum erfüllt – aber vor knapp sechs Jahren auch viel riskiert. 600 Quadratmeter groß ist das Tschebull, rund 140 Leute finden hier Platz. Das ist nicht wenig für ein Restaurant.
Tradition mit modernen Stilelementen verbunden
Aufwendig hat das Ehepaar die Räume gestalten lassen, vier verschiedene Themenzimmer gibt es hier, unter anderem einen Edelweißraum und ein Glockenzimmer. Doch was auf den ersten Blick traditionell klingt, ist stylisch. „Wir wollten Tradition mit modernen Stilelementen verbinden“, sagt Alexander Tschebull über das Konzept. Also österreichische Elemente mit modernen Einrichtungsformen. Das Gleiche gilt im Übrigen für die Küche des Chefs. Lachend fügt er hinzu: „Auf keinen Fall wollten wir mit unserem Bezug zu Österreich in der Hansi-Hinterseer-Ecke landen.“
Dazu kommt der Standort. Ein großes Restaurant in der City war vor rund acht Jahren, als die Planungen für das Tschebull begannen, noch eher ungewöhnlich. Mittlerweile zeigen andere Häuser wie das Apples im Park Hyatt Hamburg, das Sternerestaurant Se7en Oceans in der Europa Passage oder das Tarantella, dass man auch in der abends eher ruhigen Innenstadt mit einem guten Gastronomiekonzept Erfolg haben kann.
„Wir fanden den Schritt hier in die Stadt gar nicht so gewagt“, sagt Yvonne Tschebull heute. „Hier hat für uns so vieles gepasst.“ Schließlich hätten sie ein größeres Restaurant eröffnen wollen. „Und solche Flächen gibt es nicht so oft.“ Dazu kamen beiden die Öffnungszeiten in der Innenstadt entgegen. „In der Woche müssen wir öffnen, dafür haben wir jeden Sonntag frei für die Familie“, sagen sie.
Der Plan reifte für ein eigenes Restaurant
In den vergangenen Jahren hat sich ihr Laden zu einem der angesagtesten der Hansestadt entwickelt. Eine Entwicklung, die beide stolz macht und ihnen auch zeigt, dass ihre Idee richtig war. Eine Idee, die sie schon viele Jahre in sich trugen. Denn, so sagen Yvonne und Alexander Tschebull, sie haben sich verhältnismäßig viel Zeit gelassen mit dem Schritt in die Selbstständigkeit. Hört man den beiden zu, weiß man schnell, warum. Überstürzen wollten und wollen sie nichts. Alles muss genau geplant sein, nichts dem Zufall überlassen werden.
Nach diesem Prinzip haben beide ihre gesamte Karriere in der Gastronomie geplant. Der gebürtige Österreicher Alexander Tschebull ging in Wien in die Lehre. Es folgten Stationen im Hamburger Sternerestaurant Le Canard von Josef Viehhauser und auf Sylt bei Jörg Müller. Dort lernte er 1990 seine Frau kennen, die als Restaurantleiterin arbeitete. „Ein großer Vorteil für eine funktionierende Ehe“, sagen beide und lachen.
„Wir kannten die Vor- und Nachteile der Branche. Wussten aber auch schnell, dass wir dieselben Ziele haben.“ Es folgten Stationen unter anderem in Frankfurt, Dresden und Leipzig. Mal arbeiteten beide gemeinsam, dann wieder in getrennten Häusern. Stück für Stück reifte der Plan für eine eigene Existenz, ein eigenes Restaurant. Und so absolvierte Alexander Tschebull in Heidelberg die Meisterschule. Immer wieder besichtigten beide Räume – erst einmal ohne Erfolg.
Kein Wunsch war zu ausgefallen, nichts unmöglich
Bis beide die Annonce aus Hamburg entdeckten. Das Restaurant im Winterhuder Fährhaus suchte einen neuen Pächter. Innerhalb von gerade einmal fünf Monaten organisierten Yvonne und Alexander Tschebull ihren Weg in die Selbstständigkeit. Liehen sich Startkapital bei der Bank, modernisierten die Räume und eröffneten 1999 das Allegria. „Wir waren aus heutiger Sicht unheimlich blauäugig“, sagt der 48-Jährige. „Uns war nicht bewusst, an was für einem schwierigen Standort wir da eröffnet hatten.
Doch“, so stellt er aber auch sofort klar, „wir haben die ganzen zehn Jahre dort immer Geld verdient. Sonst hätten wir es sicher nicht so lange gemacht.“ Allerdings zu einem hohen Preis, wirft seine Frau ein. „Um Erfolg zu haben, haben wir alles möglich gemacht. Kein Wunsch war zu ausgefallen, nichts unmöglich.“ Sogar ein Kochstudio betrieb das Ehepaar. „Man musste immer fünf Bälle gleichzeitig in der Luft haben, damit es funktioniert. Das hat unheimlich viel Kraft gekostet.“
Auch deshalb beschlossen sie nach etwa sechs Jahren, dass es Zeit sei für einen neuen Laden. Erste Ideen entstanden, immer wieder besichtigten die beiden potenzielle Standorte. „Konkret haben wir dann eineinhalb Jahre lang die Umsetzung des Tschebull geplant. Im Januar 2009, nach genau zehn Jahren Allegria, eröffnete dann das neue Restaurant. Mittlerweile sind Inhaber und Mitarbeiter ein eingespieltes Team.
45 Angestellte beschäftigen die Tschebulls. „Diese große Gruppe gibt uns die Möglichkeit, freie Tage zu machen und Urlaube mit unseren Kindern zu verbringen, sagt die 46-Jährige. Zwei Söhne haben die Gastronomen, acht und zehn Jahre alt. „Deshalb bedeutet dieses Konzept für uns Freiheit trotz der Selbstständigkeit.“ Eine Freiheit, die sie nicht mehr missen möchten.