Mit Maike Bollow in der Hauptrolle holte die beliebte Telenovela „Rote Rosen“ ihre besten Quoten. Jetzt kehrt die vielseitige Schauspielerin auf die Theaterbühne in Hamburg zurück. Ein Porträt.

Es ist bloß ein Wimpernschlag, bis aus Tine Hedelund, Hauptfigur in der ARD-Serie „Rote Rosen“, Maike Bollow wird. Moment mal: Bollow? Maike? Den Namen kennt man doch. Und das Gesicht irgendwie auch...

Aber ja. Natürlich kennt man Maike Bollow, die zweifellos das Glück hat, zu jenen deutschen Schauspielerinnen zu gehören, die derzeit am Arbeitsamt vorbeigehen können. Man kennt sie von der Bühne im hannoverschen Staatstheater, wo sie fast ein Jahrzehnt lang unter der Leitung von Ulrich Khuon zum festen Ensemble gehörte. Man kennt sie vom Tourneetheater, wo sie unter anderem mit dem Stück „Sei lieb zu meiner Frau“ zweieinhalb Jahre mit Hugo-Egon Balder unterwegs war. Im Fernsehen hat sie als Dr. Susanne Vahrenholt in „Ärzteteam Nord“ und als Chefärztin Dr. Juliane Dietrich in „Notruf Hafenkante“ zahllose Filmleben gerettet; sie verkörperte die LKA-Chefin im Hamburger „Tatort“ mit Mehmet Kurtulus – doch sie spielte vor allem immer wieder attraktive Mütter in den besten Jahren, die „leiden und weinen müssen“, sagt sie. Und lacht. Besonders überzeugend gelang ihr das in dem Kinofilm „Heute bin ich blond“ (Regie: Marc Rothemund) als Mutter einer krebskranken Tochter.

Maike Bollow trinkt einen Schluck Apfelsaftschorle und überlegt. „Ja“, sagt sie dann, „von den Müttern und Ärztinnen komme ich wohl einfach nicht weg. Bei vielen Castings habe ich immer wieder den Satz gehört: ‚Weißt du was, Maike, du bist eine ganz tolle Schauspielerin.‘ Aber die lustige Rolle bekommt dann jemand anderes.“ Das sei eine der Schattenseiten ihres Berufs, für den sie jedoch brenne.

Hinter ihr, auf der Brausebrücke in der Lüneburger Altstadt, stehen ein paar Touristen und beobachten die Arbeit der Filmcrew, die pro Tag eine 45-Minuten-Folge der Telenovela produzieren muss. „Rote Rosen“ (durchschnittlich 1,5 Millionen Zuschauer) ist für die alte Salzstadt an der Ilmenau ein touristischer Glücksfall, für die Beteiligten ist es ein knochenharter Job mit Zwölf-Stunden-Tagen. Für Maike Bollow als Hauptdarstellerin heißt das im Durchschnitt zehn Bilder pro Drehtag, „ein mörderisches Pensum“, sagt sie. Und dennoch fühle sie sich ein wenig unterfordert, „weil ja alles sehr schnell geht. Die Themen werden meist nur angerissenen, so hat man gar nicht die Zeit, wirklich alles auszupacken, was man drauf hat.“ Doch insgesamt habe sie großes Glück mit ihrer Staffel gehabt. „Das lag unter anderem auch an meinem Serienpartner Markus Bluhm, der auch vom Theater kommt. Wir haben nicht nur für den besten Staffelstart aller Zeiten gesorgt, sondern jetzt Mitte Juli sogar die beste Quote geholt. Da haben wir wohl wirklich eine gute Arbeit abgeliefert.“

Normalerweise ist für die Haupt-darsteller in „Rote Rosen“ stets nach 200 Folgen Schluss. Spätestens dann muss klar sein, ob sich die Filmpartner für immer kriegen. Aber Maike Bollow kam als „dänische Modedesignerin Tine Hedelund“ bei der nachmittäglichen Zielgruppe so gut an, dass die ARD den endgültigen Wechsel noch um ein paar zusätzliche Folgen hinauszögerte. Doch am 15. September wird Tine Hedelund zum letzten Mal zu sehen sein. An diesem Tag wird Maike Bollow auch ihren 51. Geburtstag feiern, eine Zahl, die ihr keine Probleme bereitet. „Ich möchte gar nicht jünger sein“, sagt sie und klimpert dabei kokett mit ihren Augenlidern, „wirklich nicht. Ich genieße jeden Tag, und das macht mich zufrieden.“

Vor nicht allzu langer Zeit hätte sie ein solches Rollenangebot wie das der Tine Hedelund abgelehnt. Und wäre damit sicherlich nicht alleine gewesen. „Damals trugen wir Schauspieler die Nase auch noch höher im Wind“, sagt sie und gibt offen zu, dass das Mitwirken in einer Telenovela sich Mitte der 90er-Jahre für sie jenseits aller Vorstellungskraft bewegte, „doch der Markt hat sich ja dramatisch verändert“. Sie verweist auf die rund 12.000 Schauspieler allein in Deutschland, von denen zurzeit viele erzwungenermaßen spielfrei haben, „da der Kuchen für uns alle immer kleiner wird, weil die Sender sparen und auch an den Bühnen unglaublich viel gekürzt wird. Zum Glück wird aber gerade wieder ein bisschen mehr gedreht.“ Sie selbst wird nach ihrem „Rote Rosen“-Engagement wieder zurück auf die Theaterbühne gehen, erstmals im Winterhuder Fährhaus. Dort wird sie in der Uraufführung „Mittendrin“ von Folke Braband eine Frau in der Midlife-Crisis spielen – und dabei ihr komisches Talent ausleben dürfen. Endlich mal wieder.

Denn zum Thema „Mutter“ hat sie wahrhaftig ein gespanntes Verhältnis: Als sich die gebürtige Berlinerin, die nördlich von Bremen in Meyenburg auf dem Land aufwuchs, nach ihrem Abitur dafür entschied, Schauspielerin zu werden, löste sie Diskussionen aus, durch die zuerst der Familienfrieden und dann langfristig auch die Beziehung zu ihrer Mutter zerbrach. „,Und wie willst du deine Miete bezahlen?‘ – Dauernd musste ich mir diese Frage stellen lassen“, erinnert sich Maike Bollow, die in festem Glauben an Bodenständigkeit erzogen worden war. Dazu gehörte auch, dass sie es als sportliches und kräftiges Mädchen im Faustball zu zwei deutschen Meistertiteln gebracht hatte.

Letztlich hatte sie es ihrer Tante, einer verständnisvollen Sonderschullehrerin, zu verdanken, dass sie ihre Aufmüpfigkeit beibehielt, ihrem inneren Kompass folgte und auf der Stage School of Music, Dance and Drama in Hamburg angenommen wurde. Nach dieser dreijährigen Ausbildung absolvierte sie noch ein vierjähriges Schauspielstudium in Hannover. „Meine Tante hat mich dazu ermuntert, nur das zu tun, woran mein Herz wirklich hängt. Und man kann sagen, dass ich durch diese lange Ausbildung meinen Beruf gelernt habe“, sagt Maike Bollow selbstbewusst. Sie sei auch felsenfest davon überzeugt, dass alles, was man mit Liebe tue, zwangsläufig gelingen müsse. Ihre erste große Rolle am Hannoverschen Schauspielhaus war die der Desdemona in Shakespeares „Othello“. Ein Kritiker schrieb damals, Maike Bollow habe „ätherisch in Gummistiefeln“ gewirkt. Frei übersetzt heißt das, sie habe „trotz engelsgleicher Zartheit nie die Bodenhaftung verloren“.

So sucht man in ihrer Vita auch vergeblich nach Skandalen und Skandälchen. Und auch den einen großen Schicksalsschlag in ihrem bisherigen Leben, ein Knoten in der Brust, behielt sie 15 Jahre lang für sich. Es ist alles gut gegangen, „aber das Leben ändert sich durch eine solche Diagnose von jetzt auf gleich. Du stehst plötzlich vor dem Nichts – aber jetzt begreifst du, wie kostbar jeder einzelne Tag ist.“

Unter den Regisseurinnen und Regisseuren quer durch die Republik, genießt sie den Ruf, immer präsent zu sein, penibel und ein Musterbeispiel an Disziplin. Dieses Image bekam auch keinen Kratzer, als ihre Tante in diesem Januar starb. An Krebs. Mehrere Wochen lang hielt sie die Hand der Frau, die sie längst als ihre eigentliche Mutter ansah. In jenen Tagen fuhr sie vom Set in Lüneburg nicht nach Bergedorf, wo sie mit dem Fotografen und Agenturchef Michael Wiese lebt, mit dem sie seit 18 Jahren verheiratet ist, „und das sehr, sehr glücklich“, wie Maike Bollow betont. Vom Sterbebett ging es dann zurück an den Drehort, wo sich die übermüdete Sterbebegleiterin wieder in die verliebte dänische Modedesignerin verwandelte. „Das ganze Team, allen voran die Maskenfrauen, haben mich in dieser schweren Zeit durch die Produktion getragen“, sagt sie, „und dabei half natürlich auch das erlernte Handwerk.“

Hohe Kunst dagegen sei es, eine langjährige Beziehung am Leben zu erhalten. Maike Bollows Rezept: „Nur durch genügend Freiräume kann man seinem Partner immer wieder etwas Neues von draußen mitbringen, um nicht nur in der eigenen Welt daheim auf dem Sofa zu verharren.“ Was bei dem Ehepaar klappt, was andererseits ein Schicksal sei, das vermutlich viele ihrer Zuschauer ertragen müssten, die von montags bis freitags immer um 14.10 Uhr die „Roten Rosen“ schauen. „Wir bedienen sicher Klischees “, sagt Maike Bollow, „aber das Verrückte ist, dass diese Klischees stimmen und im Leben vorkommen. Es gibt diese herzzerreißenden Briefe, in denen mir Zuschauerinnen schreiben: ‚Liebe Frau Hedelund, Sie haben mir ja so aus der Seele gesprochen!‘“

Das Mutterglück ist ihr versagt geblieben. „Irgendwie kam es nicht dazu“, sagt Maike Bollow knapp, „es sollte wohl einfach nicht sein.“ Aber da ist keine versteckte Bitternis zu hören. Stattdessen erzählt sie voller Enthusiasmus von ihrem sozialen Engagement für krebskranke Kinder bei den Organisationen „Flugkraft“ und „Herzen gegen Schmerzen Lüneburg“. Mit „Nobby“, dem langohrigen Hasen und „Sorgenfresser“, hat sie sogar ein Stofftier erfunden, das die kleinen Patienten trösten soll. „Aber trotz allem bin ich keine Mutter der Nation, und ich möchte das auch nie werden“, sagt Maike Bollow, „aber wer weiß: Es gibt ja einen Plan...“

3 Fragen

1 Was zieht sich wie ein roter Faden durch Ihr Leben?

Das Herz – es zu haben, es in die Hand zu nehmen und herzlich zu sein.

2 Was verbindet Sie mit der Person, an die Sie den roten Faden weitergeben?

Eine Freundschaft zu einem coolen Typ mit einem Riesenherz; einem Menschen, der seinen Lebensmut wiedergefunden hat.

3 Warum geben Sie den roten Faden an diese Person weiter?

Uli Salm ist ein gestandener, großartiger Rock’n’Roller, der mit einem reichen Leben gesegnet ist, aus dem es allerhand zu erzählen gibt...