„Stern TV“-Moderator ist Schirmherr der Tagesstätte MAhL ZEIT in Altona und denkt über eine soziale TV-Spielshow nach

Altona-Altstadt. Man kann mit Steffen Hallaschka („Stern TV“) über vieles reden. Vor- und Nachteile der Gentrifizierung („Ich freue mich über Ikea an der Großen Bergstraße“), die Leidenschaft für Reality-TV („Ich habe keine Folge des ,Dschungelcamps‘ verpasst, meine Magisterarbeit über ‚Big Brother‘ geschrieben“) und die Qualität der Radiolandschaft in Hamburg („Ein Jammer“). Aber am liebsten spricht der RTL-Moderator im Moment über die Situation bedürftiger Menschen in Hamburg. Seit eineinhalb Jahren engagiert er sich für MAhL ZEIT, eine Obdachlosentagesstätte in Altona. Das Hamburger Abendblatt traf den 42-Jährigen in seinem Lieblingscafé, dem Saltkråkan an der Großen Bergstraße.

Hamburger Abendblatt:

Als bekannter Fernsehmoderator gehört es sicherlich zum guten Ton, sich sozial zu engagieren. Warum ausgerechnet eine Obdachloseneinrichtung in Altona?

Steffen Hallaschka:

In der Tat wird man mit Anfragen geradezu überhäuft. Aber ich konzentriere mich lieber auf wenige Projekte, die mir am Herzen liegen und engagiere mich nicht wahllos, etwa um mir ein bestimmtes Image zu verpassen. Das bedeutet, dass ich sehr viele Anfragen ablehnen muss. Die MAhL ZEIT gehört in Altona zum täglichen Leben dazu, sie liegt inmitten von Wohnhäusern, nebenan ist eine Kita. Mir war die Einrichtung als Altonaer vertraut.

Und wie kam der Kontakt zu MAhL ZEIT zustande?

Hallaschka:

Ich hörte, dass dort Kleiderspenden gebraucht werden. Also brachte ich häufiger mal Klamotten vorbei. Die haben sich gefreut, weil es in meiner Größe – ich bin 1,98 – nicht so viele Spender gibt, viele Bedürftige deswegen in Hochwasserhosen herumlaufen müssen.

Und weil sie so einen prominenten Unterstützer haben...

Hallaschka:

Die wussten natürlich, wer ich bin. Und als die Leiterin Marion Sachs mich im Herbst 2012 fragte, ob ich Schirmherr werden möchte, habe ich nicht lange gezögert. Es ist eine tolle Einrichtung des Diakonischen Werks: Bedürftige bekommen an der Billrothstraße kostenlose Mahlzeiten, können duschen, ihre Schlafsäcke waschen, werden medizinisch versorgt und beraten. Aber es ist auch einfach ein sozialer Treffpunkt. Jedes Jahr wird dort Weihnachten gefeiert, dann kommen bis zu 400 Menschen zur MAhL ZEIT. Mir ist wichtig, dass Menschen am Rande der Gesellschaft nicht auch noch an den Rand der Stadt gedrängt werden.

Wie sieht Ihre Arbeit für MAhL ZEIT konkret aus?

Hallaschka:

Ich halte Kontakt zur Einrichtung und verstehe mich als ihr öffentliches Gesicht. Wann immer ich bei Quizshows im Fernsehen teilnehme, leite ich die Geldgewinne an die MAhL ZEIT weiter. Damit können dann die Duschräume saniert werden, oder es wird ein Notausgang gebaut, eine neue Spülmaschine angeschafft. Leider ändert sich die Situation gerade sehr zum Schlechten. Es gibt einen enormen Zulauf an Bedürftigen, und Hamburg ist darauf nicht vorbereitet. Mittlerweile muss die MAhL ZEIT langjährige Gäste, die inzwischen einen festen Wohnsitz haben, abweisen. Das verstehen viele nicht, sind frustriert und wütend. Es entsteht ein Verdrängungswettbewerb auf der untersten Stufe.

Was würde die Situation entschärfen?

Hallaschka:

Zunächst ist es ein finanzielles Problem, es müsste mehr Personal eingestellt werden. Wir brauchen vor allem multikulturelle Sozialarbeiter, die sich mit den Menschen aus fremden Kulturen überhaupt verständigen können. Dann ist aber auch die Politik gefragt. Hamburg hat sich immer als weltoffene Stadt gezeigt, und ich hoffe, dass das auch so bleibt.

Das schreit förmlich nach einem Thema für Ihre Sendung „Stern TV“.

Hallaschka:

Wir berichten regelmäßig in den Wintermonaten über die Situation von Obdachlosen. Im Januar war beispielsweise der Obdachlosen-Arzt Gerhard Trabert bei „Stern TV“ zu Gast. Aus Indien brachte er die Idee mit, mit einem Bus die Bedürftigen aufzusuchen und zu versorgen. Das gab es in Deutschland zuvor noch nicht.

In „Wie tickt Deutschland?“ haben Sie, als Obdachloser verkleidet, um Spenden gebeten, einmal in Eppendorf, einmal in Steilshoop (Steilshooper spendeten mehr Lebensmittel, Eppendorfer größere Geldbeträge). Liebäugeln Sie mit der Samstagabend-Unterhaltung? Nicht, dass Ihnen das gleiche Schicksal blüht wie Markus Lanz.

Hallaschka:

Es gibt die Theorie, dass viele Zuschauer Markus Lanz einfach übel nehmen, dass er ihnen Gottschalk „weggenommen“ habe, das vertraute „Lagerfeuer am Samstagabend“. Absurde Unterstellung. Aber ich kenne diese Last der großen Fußstapfen ja selbst. Bei „Stern TV“ haben unter den Zuschauern die einen anfangs gesagt: „Der versucht ja, so zu sein wie Günther Jauch.“ Und die anderen: „Der ist ja ganz anders als Jauch.“ Die Zuschauer lieben eben einfach das Vertraute und gewöhnen sich eher langsam an Veränderungen.

Elegant ausgewichen. Jetzt noch einmal zurück zur Frage, bitte!

Hallaschka:

Ich bin von Haus aus Journalist und befasse mich gern mit Inhalten. Sozial relevante Themen in einer Unterhaltungsshow spielerisch umzusetzen, das wäre eine Herausforderung.

Ich wüsste noch eine Herausforderung: Sie haben früher bei Radio Eins und Radio Fritz in Berlin gearbeitet. Was halten Sie davon, mal einen richtig guten Sender in Hamburg aufzubauen mit Wortbeiträgen, Nachrichten, cooler Musik? Viele Zuhörer wären Ihnen dankbar.

Hallaschka:

Kann ich mir vorstellen, aber als Idealist einen kompletten Radiosender zu stemmen, versuchen ja auch andere und kommen dabei mehr schlecht als recht über die Runden. Ich halte nichts von beruflichem Harakiri.