Seine kurzen Videos machten den Hamburger Comedian berühmt. Mehr als 16 Millionen Mal wurden sie angeklickt. Sony nahm ihn unter Vertrag.

Hamburg. Auf Facebook hat er mehr Fans als Atze Schröder, Bastian Pastewka und Dittsche zusammen. Seine neue DVD hat in den Charts die Filme seiner berühmten Kollegen Dieter Nuhr, Mario Barth und Michael Mittermeier verdrängt. Doch wenn der 26 Jahre alte Comedian durch Eimsbüttel läuft, erkennen ihn nur wenige. Wahrscheinlich liegt das daran, dass sein Gesicht bisher selten im Fernsehen oder in der Zeitung zu sehen war. Seine Fangemeinde kennt ihn aus dem Internet. Jetzt geht er auf Tournee durch 35 Städte in Deutschland und Österreich. Und die Hallen sind schon ausverkauft.

Buddy Ogün nennt er sich - und er wechselt seine Rollen wie auf Knopfdruck. Aus Ogün Bastürk, einem fiesen Gangster, der seine Gegner mit Drohgebärden und türkischen Schimpfwörtern einschüchtert, wird der eloquente Studentenvertreter Che. Aus Che wird ein leicht dümmlicher Manager namens Mozart, aus Mozart wird ein näselnder Rapper. Insgesamt zehn Rollen beherrscht der Hamburger Comedian perfekt. Mehr als 16 Millionen Mal wurden seine Videos auf der Internetplattform Youtube schon angeklickt. Seine App für das iphone, eine Best-of-Parade seiner Charaktere, ist zurzeit die erfolgreichste deutsche Künstler-App.

Buddy Ogün ist ein Youtube-Phänomen. Seinen wirklichen Namen hält er streng geheim. Vor drei Jahren stellte er zum ersten Mal ein Video von sich ins Internet, fast acht Minuten lang, verwackelt und an nur einem Ort, gedreht, irgendwo auf einer Wiese. Innerhalb von drei Monaten sahen sich den Clip 100.000 Menschen an. Einfach so, ohne Werbung, ohne Marketing-Kampagne. Buddy drehte ein zweites Video, ein drittes. Jedes wurde von der Gemeinde im Internet euphorisch aufgenommen. Im April 2009 bot ihm das Sony Music Label „Spaßgesellschaft!“ einen Vertrag an. Dort haben auch Mario Barth, Atze Schröder, Michael Mittermeier und Hape Kerkeling unterschrieben.

Buddy verdient mittlerweile so viel mit seinen Auftritten und Videos, dass er von seinen Kunstfiguren leben kann. Und er musste dafür keine Casting-Show durchstehen, niemanden im Vorstellungsgespräch überzeugen, noch nicht einmal eine Bewerbung schreiben. Er hat nur ein Video auf eine Internetseite gestellt.

Doch dort zu überzeugen ist wahrscheinlich schwieriger als jede Bewerbung und jedes Vorstellungsgespräch. Die Nutzer im Netz sind unbestechlich, unabhängig, unvoreingenommen. Sie beurteilen nicht nach Herkunft, Ausbildung oder Aussehen. Sie wollen einfach nur unterhalten werden. Unterhaltung gegen Aufmerksamkeit, das ist das Tauschgeschäft im Internet. Die Währung sind die Klicks. Und wer genug sammelt, kann sie in bares Geld umwandeln.

Filmemacher mit besonders vielen Klicks ernennt Youtube zu sogenannten Partnern und vermittelt Firmen, die Werbeanzeigen neben den Videos schalten. Und manchmal meldet sich, wie bei Buddy Ogün, auch ein Manager oder eine Plattenfirma.

Ein Talentscout von Sony, der auf Youtube nach neuen HipHop-Künstlern stöberte, habe Buddy entdeckt, sagt Sony-Manager Armin Delmar. „Wir gucken alle auf Youtube, es geht gar nicht mehr ohne.“ Die Internetplattform sei das größte Schaufenster für junge Talente. Und die Klickzahlen der Videos ein wichtiger Indikator für potenziellen Erfolg. „Selbst bei Kabarett-Künstlern, die auf Youtube eher wenig vertreten sind, kann man von den Youtube-Klicks auf die allgemeine Beliebtheit schließen“, sagt Delmar. Buddy sei allerdings der erste Comedian, dem die Internetplattform zu einer Karriere verholfen habe: „Sein Erfolg auf Youtube ist einmalig.“

Buddys ehemalige Mitschüler aus Eimsbüttel gönnen dem 26-Jährigen anscheinend den Erfolg. Bislang hat niemand seine wahre Identität verraten. Das ist Buddy Ogün wichtig. Dabei passt das Verschmelzen von Rolle und Darsteller eigentlich gar nicht zu ihm. Denn er ist eben nicht nur eine Figur, wie Atze Schröder oder „Maddin“ Schneider oder Mario Barth, bei denen man sich nicht sicher sein kann, ob sie als Komiker eine Witzfigur darstellen oder ob sie selbst diese Witzfigur sind. Buddy ist Ögun ist Che ist Mozart.

Buddy Ogün ist nur der Oberbegriff für seine Kunstfiguren. In keinem seiner Filme tritt er explizit als Buddy Ogün auf.

Er könnte also genauso gut seinen wahren Namen verraten. Doch dann wäre ein Teil seiner Fans enttäuscht, meint der Manager. „Viele Fans rätseln, ob er Türke ist oder türkische Eltern hat. Wenn Sie seinen Namen wüssten, wäre die Antwort klar.“

Die Figur des Ogün Bastürks ist bei Buddys Fans die beliebteste. Sie hat ihn berühmt gemacht. Aber Buddy will nicht in dieser Rolle erstarren und für immer in ihr gefangen sein, so wie etwa Atze Schröder, der ewige Proll mit Minipli. Buddy will die Figur loswerden. Nicht sofort und nicht endgültig, aber langsam. Deshalb besteht er darauf, beim Abendblatt als Mozart, der debile Manager aufzutreten. Bei itunes führt er in dieser Rolle die Hitliste der Comedy-Titel an, mit dem Lied „Margarethe“. Mozart verarbeitet damit musikalisch seine unglückliche Jugendliebe, für die Figur des Ogün Bastürks oder des Che undenkbar. Zum Lied gibt es ein Video, Buddy hat es, natürlich, auf Youtube hochgeladen. „Sie war vierundvierzig und ich war dreizehneinhalb“, grölt er darin.

In diesem jugendlichen Alter sind auch viele seiner Fans. Es würden durchaus aber auch 50-Jährige lachen, wenn Buddy sich in einer Minute noch als Ogün Bastürk an Fäkalsprache ergötzt und in der nächsten als Che „Hallo Söööööönke, naaa?“ ins Handy flötet, versichert sein Manager.

„Wenn ich hier in Hamburg über den Kiez gehe, erkennen mich die Leute“, sagt Buddy. Er scheint sich über jeden Fan zu freuen, wahrscheinlich so, wie er sich im Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer gefreut hat, wenn seine Mitschüler mal wieder über ihn lachen mussten. Buddy überlegt sich seine Witze genau. Selbst seine derben Sprüche sind einstudiert, er überlässt keinen Lacher dem Zufall.

Eigentlich wollte Buddy Schauspieler werden. 2004 bewarb er sich an der Schauspielschule Berlin. Die Juroren rieten dem Hamburger vom klassischen Schauspiel ab. Er solle es lieber mit Comedy versuchen.

Als nächstes will er die Figur des Florian ausbauen, des Mitbewohners von Che, dem kleinkarierten Studenten. Und ein paar Fernsehauftritte wünscht er sich noch. Zweimal war er schon bei Stefan Raabs „TV Total“ zu Besuch. Lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis ihn auch die Nachbarn in Eimsbüttel erkennen werden.