Zahlreiche Trend-Limos kommen aus Hamburg; das ist kein Wunder, denn in der Hansestadt sind die Startvoraussetzungen perfekt.
Hamburg. Limo ist häufig nicht mehr nur ein Getränk, sondern ein Statement. Getreu dem Motto "Du bist, was du trinkst" gibt es trendige Sorten und solche, die es nicht mehr sind beziehungsweise nie waren. Viele angesagte Getränke haben ihren Ursprung in Hamburg. Und die nächste Generation ist schon da.
Am Anfang dieser Entwicklung stand kein unalkoholischer Softdrink, sondern ein Bier. "Astra hat ein lokales Gebiet mit einer eigenen Marke wieder belebt, und in Hamburg gab es großes Potenzial", sagt Professor Peter Wippermann, Gründer des Trendbüros Hamburg. Danach folgten mit Bionade und Fritz-Kola zwei antialkoholische Getränke. Aber warum ist gerade Hamburg eine Getränkehochburg? "Das ist ganz einfach: Hauptzielgruppe dieser Marken sind junge, kreative Menschen, denn diese Leute interessieren sich für alternative Getränke", sagt Wippermann.
Aber auch soziale Faktoren spielen eine Rolle. "Soziale Getränke", also solche, die fair und nachhaltig hergestellt werden, finden immer stärker Absatz. "Der karitative Gedanke im Lebensmittelbereich hat auf jeden Fall extrem zugenommen", sagt Wippermann. Das funktioniere vor allem bei Getränken gut, da diese in relativ kleinen Mengen herstellbar seien und einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft hätten.
Man könne zudem von einer Regionalisierung des Ernährungsmarkts sprechen: Kommuniziert wird, woher man kommt und woher die Produkte kommen. Glaubwürdigkeit spielt in dieser Regionalisierung ebenfalls eine große Rolle. "Als Bionade von Oetker übernommen wurde, wurde die Glaubwürdigkeit natürlich erst mal erschüttert", sagt Wippermann. Und auf Astra etwa seien die Hamburger stolz, finden es aber gleichzeitig merkwürdig, wenn es in anderen Städten getrunken wird.
Die Wortakrobaten
"Die sozialen Aspekte der Getränkebranche haben eindeutig das Stadium der Nische verlassen", sagt Wippermann. Das beste Beispiel dafür sind diese drei Getränke direkt aus St. Pauli, Eimsbüttel und Eppendorf:
LemonAid und ChariTea steht auf den bunten Flaschen. Und das Wortspiel ist nicht nur witzig, sondern auch wahr. Diese Limonaden und Eistees werden nachhaltig produziert und fair gehandelt, fünf Cent pro verkaufter Flasche gehen in soziale Projekte in die Länder, aus denen die Rohstoffe kommen. Jakob Bernd, einer der beiden Gründer, erzählt im LemonAid-Büro an der Bernstorffstraße von dem Getränk: "Die Idee hatte mein Kollege Paul Bethke, mit dem ich zur Schule gegangen bin. Er ist studierter Volkswirt und hat eine Weile in Sri Lanka gearbeitet. Dort hatte er schon 2008 die Idee, ein sozial nachhaltiges Getränk auf den Markt zu bringen." Ein Dreivierteljahr dauerte es, bis die beiden die erste fertige Flasche in der Hand hielten, Kunden gab es da bereits.
"Am Anfang war es schwierig, in den Läden für unser Produkt zu werben. Wir hatten ja weder Flaschen noch Visitenkarten", erzählt Bernd von den Anfängen, die Limonade in Hamburg, vor allem auf St. Pauli, bekannt zu machen.
Die Resonanz sei dennoch positiv gewesen. Auch Läden, die zum "neueren St. Pauli" gehören, nahmen die Getränke ins Sortiment auf.
Der Kollektive
"Premium Cola" ist eine Cola mit Weltverbesserungswunsch. Uwe Lübbermann will Lieferanten, Abfüllbetriebe, Großhändler, Gastronomen und Kunden in einem Kollektiv zusammenholen. "Normale Unternehmen reden mit den Beteiligten eher wenig. Es werden Preise verlangt, die das abbilden, was am Markt erzielbar ist. Es ist ein Gegeneinander-Wirtschaften", sagt Lübbermann. Bei Premium läuft das anders: Im Kollektiv, dem derzeit 168 Personen angehören, werden alle Entscheidungen demokratisch per Mail getroffen. Vertreiber werden zu festen Sätzen beteiligt, egal, wie viel verkauft wird. Die Verkaufspreise sind teilweise variabel, wodurch die individuelle finanzielle Lage berücksichtigt wird. Ein Teil der Kunden ist als "Sprecher" aktiv und überzeugen Gastronomen, die Cola ins Sortiment zu nehmen.
"Das könnte man natürlich auch für eine verrückte Weltverbesserungsidee halten", sagt Lübbermann. "Aber es funktioniert ganz gut." Inzwischen hat er sechs anderen Marken bei der Gründung geholfen.
Die Schlaflosen
Irgendwie verkünstelt sehen die Flaschen des Mate-Getränks "1337Mate" aus. Kein Wunder: Die Gründer Daniel Plötz, 28, und Claudius Holler, 29, trieben sich viel auf Computer-Veranstaltungen herum, bei denen reichlich Mate getrunken wird. Spaßeshalber kauften sie 2010 zwei Paletten der Mate "Flora Power", entwickelten eine neue Marke und etikettierten die Flaschen um. Bei der nächsten Abfüllung, die sie sich mit "Flora Power" teilten, versetzten sie die Mate mit mehr Kohlensäure und mehr Koffein. Die Konsumenten waren begeistert.
Gestartet haben sie dieses Projekt in ihrem Werbeagentur-Büro an der Holstenstraße, mittlerweile sind sie nach Eppendorf gezogen. "Der Stadtteil wird unterschätzt. Alte Leute, blauer Anzug mit goldenen Manschettenknöpfen - diese Zeiten sind vorbei", sagt Plötz über Eppendorf. In drei bis fünf Jahren soll "Mate1337" ein tragfähiges Gewerbe sein. Pro verkaufter Flasche legen sie einen Cent zur Seite - für ein unterstützenswertes Projekt, das sich die Konsumenten aussuchen. "Wir haben aus Versehen total das Richtige gemacht", sagt Plötz.