Investor plant Neubau in Innenhof in Winterhude. Dort sollen 14 Familien einziehen. Jetzt gründen Anwohner eine Bürgerinitiative.
Winterhude. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp in Hamburg. Das gilt auch für den Großraum Winterhude. Die Gegend zwischen Alster und Stadtpark ist beliebt, entsprechend hoch die Mieten. 6000 neue Wohnungen will der SPD-Senat in der Hansestadt so zügig wie möglich bauen. Allein 900 davon sollen im Bezirk Nord, dem auch Winterhude angehört, entstehen. Mögliche Bauflächen sind vor allem in der belebten Ecke zwischen der Dorotheenstraße und dem Mühlenkamp schwierig zu finden. Die Not macht Bauherren nun offenbar erfinderisch: Innenhöfe rücken in den Fokus.
Nachdem Stadtteilreporter berichtet hatten, dass im Hinterhof an der Ecke Schwanenwik/Hartwicusstraße mehr als 100 Tiefgaragenstellplätze entstehen, ist nun auch der Innenhof der Wohnanlage zwischen dem Heidberg und dem Krohnskamp Mittelpunkt eines großen Bauvorhabens. Dr. Michael und Amanda Börner-Kleindienst, Eigentümer des Grundstücks Heidberg 21 bis 23a, planen auf der Fläche den Bau eines weiteren Wohnhauses. 14 Wohneinheiten zur Miete und eine neue Tiefgarage sollen entstehen. Bereits im November 2009 hat das zuständige Fachamt Bauprüfung des Bezirksamtes Nord einen positiven Vorbescheid erteilt. Die Idee der Schaffung von neuen Wohnungen – innerhalb von altem Wohnraum – findet in den Plänen der Behörden offenbar Gefallen: „Verdichtung von Wohnraum spielt eine große Rolle“, sagt Sprecherin Katja Glahn vom Bezirksamt Nord über die Wohnungsbauprogramme.
Das Baugenehmigungsverfahren für das Projekt am Heidberg ist fast zwei Jahre nach dem Vorbescheid noch immer in der Schwebe, mit einer Entscheidung wird aber zeitnah gerechnet. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bau genehmigt wird, ist groß“, sagt Glahn. Eine Aussage, die Michael Börner-Kleindienst gefallen dürfte. „Sobald die Genehmigung erteilt ist, fangen wir an zu bauen“, bestätigt der Gesellschafter auf Nachfrage der Stadtteilreporter.
Börner-Kleindienst, der mit seiner Firma Harmonia Immobilien GmbH auch für den Bau von mehr als 100 Mietwohnungen auf dem Volksfürsorge-Areal in St. Georg verantwortlich zeichnet, wirbt für sein Vorhaben: „Hier entsteht bezahlbarer Wohnraum für junge Familien in attraktiver Lage“, sagt der 44-Jährige. Börner-Kleindienst versichert, er verfolge nicht die Devise Gewinnmaximierung. „Es muss nicht immer profitabel sein. Wir setzen auf langfristige Investitionen und eine qualitätsvolle Bebauuung“, sagt er mit Blick auf den geplanten dreigeschossigen Rotklinkerbau.
Bei den Anwohnern stößt Börner-Kleindienst auf Unverständnis und Widerstand. „Ich dachte, es wäre ein schlechter Aprilscherz, als ich von den Plänen hörte“, sagt Andreas Kirchner. Der Diplomingenieur und Umweltberater wohnt am Krohnskamp, aus seiner Wohnung guckt er auf den grünen Innenhof. Er befürchtet den Verlust der Wohnqualität durch enge Hofbebauung, Wertverlust durch Verschattung und Beschallung, die Vernichtung des Baumbestandes und die Einengung des Lebensraums zahlreicher Tiere. „Hier leben seltene Singvögel. Der Innenhof hat sich über Jahrzehnte zu einer echten Oase entwickelt“, sagt Kirchner.
Dass die elf edlen Douglas-Fichten, die in einer Reihe bis zu 17 Meter in den Himmel ragen, gefällt werden, müssen die Anwohner indes nicht fürchten. „Die Bäume bleiben bestehen“, sagt Börner-Kleindienst, der das Grundstück 2008 übernahm. Für die Sorgen der Mieter vor den Baubelästigungen hat er zwar Verständnis, die vielen Beschwerden der Bewohner bei der Behörde betrüben ihn. „Das finde ich egoistisch. Hamburg braucht bezahlbaren Wohnraum für junge Familien. Wir wollen einen kleinen Beitrag leisten“, sagt Börner-Kleindienst.
Eine Wertminderung der bestehenden Wohnungen durch den Neubau sieht er nicht. „Ich finde es attraktiver, auf ein Wohnhaus zu gucken, als auf Stellplätze“, sagt er. In dem großen Innenhof befinden sich 14 Stellplätze, die von begrünten Carports überdacht sind. An dieser Stelle soll in Zukunft das Wohnhaus stehen, für die notwendigen Parkplätze ist eine neue Tiefgarage geplant.
Die Anwohner wollen sich dagegen wehren. „Hier wird eine gewachsene Oase zerstört, um auf Teufel komm raus Wohnungen zu errichten“, sagt Ursula Hartwig. Erst vor zwei Jahren hat sie sich ihre Eigentumswohnung am Krohnskamp gekauft. „Am liebsten würde ich die Wohnung sofort wieder verkaufen, aber wer nimmt die jetzt noch?“, fragt sie sich. Gemeinsam mit den Bewohnern will sie eine Initiative gründen.
Auch Dr. Jürgen Geilfuß, Mieter am Heidberg, ist verärgert. Noch im Juli 2008 soll ihm Vermieter Börner-Kleindienst persönlich versichert haben, den Garten im Innenhof in gutem Zustand halten zu wollen. Er fühlt sich getäuscht. Börner-Kleindienst hält dagegen: „Die Grünflächen bleiben bestehen, wir verteilen sie nur anders“. Auch die mangelnde Bürgerbeteiligung verteidigt er: „Wenn wir immer die Anwohner fragen, ob ein neues Bauprojekt gewünscht ist, können wir in Hamburg gar nicht mehr bauen“. Er bittet die Anwohner um Verständnis: „Es wird ein tolles Haus, das hohe energetische Anforderungen erfüllt.“
Von der Idee, in Innenhöfen neuen Wohnraum zu schaffen, ist Michael Börner-Kleindienst überzeugt. „Wenn ein Bau in einem Innenhof möglich ist, kann das eine sehr attraktive Maßnahme sein“.
Die Anwohner, die sich auf eine einjährige Lärmbelästigung durch die Bauarbeiten einstellen müssen, wollen sich mit der Idee nicht anfreunden und kündigen weiteren Widerstand an. Rechtliche Schritte werden bereits geprüft.