Tolles Obst ist reif und damit die Zeit, für ein gut gefülltes Marmeladenregal zu sorgen. Alexandra Maschewski über Zutaten, Tricks und Techniken

Es soll sie geben, Rezepte, die von Generation zu Generation weitervererbt werden. Und ganz ehrlich – wer sich an selbst gemachte Marmeladen gewöhnt hat, dem wird der Griff zu industriell gefertigten Aufstrichen aus dem Supermarktregal schwerfallen. Frisches Obst gibt es momentan im Überfluss: Himbeeren, Heidelbeeren, Pfirsiche, Mirabellen oder Pflaumen. Man sollte sich immer für die Sorten entscheiden, die gerade reif und daher besonders aromatisch sind. Vielleicht entsteht so ja auch schon bald das nächste Geheimrezept, das es wert ist, weitergegeben zu werden.

Schnelles Erfolgserlebnis

Ausreden sind unnötig, denn Marmelade kochen kann selbst derjenige, der nicht zu den versiertesten Hobbyköchen zählt. Zur Grundausstattung gehören Kochtopf, Kochlöffel, Sieb, Messer und Küchenwaage. Gläser mit innen beschichteten Schraubdeckeln kann man vorher kaufen oder auch im eigenen Haushalt sammeln und sorgfältig reinigen. Bevor es losgeht, müssen die Lieblingsfrüchte gewaschen, entsteint oder entkernt und klein geschnitten werden. Erst dann wird das Obst gewogen! Klassischerweise geht man von einem Mengenverhältnis von 1:1 aus, das bedeutet, dass auf einen Teil Früchte auch ein Teil Zucker kommt. Bei einem Kilo Früchte sind das demnach 1000 Gramm Gelierzucker.

Wer es weniger süß mag, der kann den Zuckeranteil reduzieren, muss dann jedoch bedenken, das dies Einfluss auf die Haltbarkeit hat. „Die Haltbarkeit hängt aber auch von der Hygiene ab. Man kann davon ausgehen, dass die Marmelade auch dann ein Jahr hält, wenn nur die Hälfte vom Zucker verwendet wird“, sagt Marge Ziegler. Ihre „Feinen Creationen“ sind zum Beispiel bei Mutterland zu kaufen. Absolute Kundenlieblinge sind die Sorten Hamburger Kirsch, verfeinert mit Schoko-Likör, und Hamburger Hafenrundfahrt mit Banane, Grapefruit, Pfirsich und Maracuja. „Der Trend geht grundsätzlich dahin, weniger Zucker zu verwenden. Relativ neu sind auch Austauschstoffe wie Stevia.“ Sie selbst arbeitet zum Beispiel mit Birkenzucker, der nicht ganz so viel Süßkraft hat wie etwa die Pflanze Stevia. „So schmeckt die Marmelade fruchtiger. Birkenzucker ist ebenfalls diabetikergeeignet und überdies kariespräventiv.“

Wer seine Marmelade besonders fein mag, der püriert die Früchte, bevor sie in den Kochtopf wandern. Dieser sollte möglichst nur bis zur Hälfte befüllt sein: Spritzgefahr! Anschließend peu à peu den Zucker dazugeben und rühren, rühren, rühren. Dann die Masse erhitzen. Kocht das ganze Fruchtpüree schön sprudelnd, beginnt die eigentliche Kochzeit. Vier Minuten reichen meist aus. Dann kommt die Gelierprobe: Einen Teelöffel voll möglichst heißer Marmelade auf einen kalten Unterteller tropfen. Wird diese nicht fest, kann man Zitronensaft hinzufügen, um den Geliervorgang voranzutreiben, und die flüssige Marmelade noch einmal ein bis zwei Minuten kochen lassen. Dann fix in die präparierten Gläser füllen, ein Trichter ist hilfreich. Tipp: Gläser auf ein feuchtwarmes Tuch stellen, damit sie nicht springen. Vor dem Verschließen den Glasrand säubern und dann für einige Minuten auf den Kopf stellen. Auf diese Weise wird der Deckel keimfrei, und der Inhalt des Glases bleibt tatsächlich länger haltbar.

Experimentieren erlaubt

Einkochen für den Hausgebrauch muss nicht allzu lange dauern. Ein wenig mehr Zeit braucht da schon Angela Rüther, wenn sie Nachschub herstellt für das Café Eppenlove, das sie vor einem Jahr mit Geschäftspartnerin Nina Danz eröffnet hat. „Es gibt Samstage, an denen ich schon einmal an die 100 Gläser schaffe.“ Von der Massenproduktion sind die Eppendorfer Café-Betreiberinnen natürlich trotzdem meilenweit entfernt. Ist eine Sorte einmal ausverkauft, müssen Fans sich in Geduld üben – bis wieder Saison ist. Angela Rüther liebt es, in der Küche zu experimentieren. Und so kommt in den Aprikosen-Aufstrich auch Rosmarin und in den mit japanischen Pflaumen noch Limette, Zimt und Lavendel. „Mutigere Kunden wagen sich auch an unsere Tomaten-Aufstriche. Die passen nicht nur aufs Brötchen, sondern auch wunderbar zu Käse.“ Zur „Tomaten-Tochter“ gehören nicht nur das rote Gemüse, sondern auch Apfel, Vanille und Chili. „Ich koche eigentlich nie nach Rezept – meine Ideen entstehen direkt am Herd.“

Wildfrüchte sammeln

Wer sich für Wildfrüchte begeistern kann, der findet eine Rezept-Liste mit interessanten Kreationen wie Hagebutten-Marmelade, Kornelkirschen-Konfitüre und Vogelbeer-Holzapfel-Gelee auf der Seite des Nabu Hamburg (hamburg.nabu.de). „Privat habe ich auch schon einmal Walderdbeeren-Marmelade gemacht“, erzählt Marge Ziegler. Da war fleißiges Sammeln angesagt. Die Früchte des Sanddorns, bekannt für ihren hohen Vitamin-C-Gehalt, hat sie ebenfalls schon verarbeitet. „Da sie sehr bitter schmecken, habe ich die Beeren mit Mango und Birne kombiniert.“

Fruchtige Geschenke

Präsente aus der Küche sind zurzeit extrem beliebt. Dass die Juristin Katharina Lachmund heute neben ihrem Hauptberuf auch noch „Glück im Glas“ verkauft, hat mit ebendiesem Trend zu tun. „Auf unserer eigenen Hochzeit hatten wir als Gastgeschenk Marmelade vorbereitet. Die kam so gut an, dass daraus eine Geschäftsidee wurde“, erzählt die 34-Jährige. Heute kann man die hausgemachten Sorten für besondere Feierlichkeiten wie Taufen oder Firmenjubiläen bestellen.

„Ich habe festgestellt, dass für viele Kunden die Farbe entscheidend ist. Es gibt tatsächlich solche, die nur rote Aufstriche essen.“ Wie schade, lohnt es sich doch auch, Carla’s Quitte oder Kathinka’s Kiwi zu probieren. Und wer glaubt, dass das Prosecco-Rose-Gelee der Renner auf Hochzeiten sein muss, der irrt. Denn eine Sorte bleibt anscheinend auf ewig unschlagbar. „Die Kunden bestellen als Gastgeschenk meist unsere Erdbeermarmelade.“