In Hamburg liebt man edlen Strick. Alexandra Maschewski stellt zwei Labels vor, die nicht bloß den klassischen Kaschmirpulli ein bisschen bunter machenAlexandra Maschewski

Weder Yannik Heydorn noch Jan-Hendryk Büse hätten damit gerechnet, dass eine gemeinsame Nepal-Reise dazu führen würde, dass aus zwei besten Freunden auch Geschäftspartner werden. 2012 war das, damals lernten die heute 26- und 28-Jährigen jemanden kennen, der in seiner Manufaktur in Kathmandu Kaschmir verarbeitete. Die gebürtigen Kieler nahmen ein paar Teile mit, die zu Hause schnell Fans fanden. Und da im deutschen Norden, dem man ohnehin eine besondere Beziehung zu dem edlen Material nachsagt, irgendwie jeder eine andere Farbe haben wollte, war die Grundidee für das eigene Label „Me&My Style“ geboren: Kaschmirstücke zum Selbstgestalten.

Rund 60 Farben haben die Kunden mittlerweile zur Auswahl und können sich damit ganz entspannt nach den aktuellen Farbtrends richten, im kommenden Sommer etwa Rosa und Gelb. Dank eines speziellen Konfigurators am Computer werden sie selbst zum Designer, das funktioniert im Me&My-Style-Shop im Hanse-Viertel genauso wie im heimischen Wohnzimmer. „Wir haben bei unserem Start gar nicht vor Augen gehabt, dass das Thema ,Customizing‘ gerade so ein Trend ist“, sagt Jan-Hendryk Büse.

Das Anpassen eines Serienprodukts an den individuellen Geschmack des Kunden kommt augenscheinlich auch in Hamburg an: Es gab schon Kunden, die sich fünf verschiedene Farben für bloß einen Kapuzenpulli ausgesucht haben.

„Wenn man sich nicht für ein Kleidungsstück entscheidet, das es hier im Laden gibt, wird es tatsächlich erst nach der Bestellung gefertigt“, erklärt Yannik Heydorn. Drei bis fünf Wochen müsse der Kunde dann schon noch Geduld haben, bis das Teil nach einer Endkontrolle zu ihm komme. „Bevor wir uns selbstständig gemacht haben, haben wir die Qualität unserer Kaschmirteile vom Deutschen Wollforschungsinstitut bestätigen lassen“, sagt Yannik Heydorn. Die beiden studierten Betriebswirte mussten selbst erst in die Materie einsteigen – heute wissen sie genau, was hochwertigen Kaschmir auszeichnet, und dass der Laie die Qualitätsunterschiede kaum erkennen kann. Qualität, die ihren Preis hat: Die beliebte Loungehose für Frauen kostet 280 Euro. „Mittlerweile führen wir aber auch Schals oder Mützen, die gerade die jüngere Zielgruppe ansprechen“, sagt Jan-Hendryk Büse. Vorteil der individualisierten Herstellungsweise: Demnächst sollen Kleidungsstücke auch nach Maß angefertigt werden. Bald zu bestellen auch im eigenen Laden auf Sylt, wo die Geschichte der Firma in einem Kampener Shop begann.

Es gibt noch so eine Mode-Erfolgsgeschichte aus Hamburg, deren Protagonisten nicht etwa Design studiert haben, sondern aus der Wirtschaft kommen. Henning Kunstreich und Christian Holst haben ihr Label „Henry Christ“ 2009 in ihrer Heimatstadt gegründet. Seitdem überlassen die beiden modeaffinen 30-Jährigen nur wenig dem Zufall. Ebenfalls befreundet, wussten die beiden immer schon, dass sie einmal ein eigenes Unternehmen gründen möchten. Und als Henning Kunstreich auf einen Kaschmirproduzenten aus Indien stieß, versuchten sie ihr Glück zunächst mit Schals und Tüchern. „Die ersten Prints haben wir noch in Powerpoint erstellt“, sagt Henning Kunstreich. Heute arbeiten die beiden mit professionellen Grafikprogrammen, denn die Marke wird mittlerweile nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland und demnächst sogar in Japan vertrieben. Kerngeschäft sind Strickteile und eben die Tücher mit ihren auffälligen Rankenmustern oder schlichten Ringen, aktuell gern verwaschen pastellig. „Wir arbeiten sehr marktorientiert“, sagt der Mode-Quereinsteiger. Der Handel wünscht in diesem Frühjahr Rosenmuster? Kein Problem. Natürlich seien auch die aktuellen Schnitte wichtig. „Momentan sind ja immer noch eher schmale Hosen angesagt, deshalb können die Oberteile gern etwas kastiger geschnitten sein.“

Henry Christ gehörte übrigens zu den Marken, die bei der TV-Sendung „Fashion Hero“ um die Gunst von Modeindustrie und Claudia Schiffer buhlten. Ein cleverer Marketing-Schachzug, der den beiden Hamburgern neben größerer Bekanntheit aktuell auch eine Kooperation mit s.Oliver eingebracht hat.