Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider trifft regelmäßig bekannte und weniger bekannte Menschen auf ein Getränk ihrer Wahl. Das Gespräch endet automatisch immer dann, wenn das Glas - in diesem Fall die Tasse - leer ist.
Die TV-Moderatorin Caroline Winkelmann, geborene Hamann, 41, ("heute journal", "Tagesschau", "Spiegel TV") lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Hamburg-Lokstedt und arbeitet gerade an ihrem ersten Buch. Ein Treffen im Elbgold im Schanzenviertel.
Hamburger Abendblatt: Was trinken Sie?
Caroline Winkelmann: Einen kleinen Cappuccino.
Oh, das wird ein kurzes Gespräch.
Winkelmann: Dann nehme ich einen großen. Der kostet auch nur 60 Cent mehr.
Also 4,60 Euro?
Winkelmann: Nein, 2,90 Euro.
Das ist billig.
Winkelmann: Ja, in einem normalen Coffeeshop zahle ich für das gleiche Getränk zum Mitnehmen 3,20 Euro. Und der Kaffee ist niemals so gut wie hier.
Trotzdem finde ich es absurd, was man heute für Kaffee ausgeben muss.
Winkelmann: Ich rege mich ganz oft auf über schlechten Kaffee, über Milchhauben, die zusammenkrachen und so was. Wenn er aber gut schmeckt, ist es eine vernünftige Investition, finde ich.
Der wie vielte Kaffee ist das heute?
Winkelmann: Der zweite.
Sind Sie so ein Kaffeemensch?
Winkelmann: Nein, ich trinke eher Tee. Davon hatte ich heute schon vier. Am liebsten Ostfriesentee, schön kräftig.
Und trotzdem wollten Sie unbedingt ins Elbgold, das ja nun nicht für seine Tees bekannt ist.
Winkelmann: Ich bin hier einfach sehr gern, kann hier wunderbar arbeiten, Freundinnen treffen oder einfach nur auf der Sonnenterrasse sitzen.
Freundinnen ist ein gutes Stichwort. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass junge Mütter nach nichts so oft gefragt werden, wie danach, wann sie wieder arbeiten wollen. Warum ist das so wichtig?
Winkelmann: Weil viele Frauen Angst haben, dass sie jemand überholt. Mich haben das auch immer alle gefragt: Du bist ja wahnsinnig, deine tolle Karriere, du musst doch wieder ... Und ich habe dann immer gesagt: Ich war jetzt 20 Jahre im Fernsehen, das ist doch eine lange Zeit, nach der ich nicht das Gefühl haben muss, etwas verpasst zu haben. Aber die Frage stellen alle, und sie stellen sie auch immer noch.
Ich finde es furchtbar, dass man sich heute als Mutter quasi verteidigen muss, wenn man nicht sofort wieder arbeitet.
Winkelmann: Ja, das ist schlimm. Wenn ich mir meine Tagesabläufe ansehe, kann ich nicht behaupten, dass ich arbeitslos bin. Also wirklich nicht. Ehrlich gesagt: Ich könnte gar nicht Vollzeit arbeiten.
Und das Buch, an dem Sie arbeiten?
Winkelmann: Daran schreibe ich abends, wenn die Kinder ins Bett gegangen sind.
Gibt es schon einen Titel?
Winkelmann: Sage ich nicht.
Und trinken tun Sie auch nicht. Der Kaffee ist ja schon kalt.
Winkelmann: Ich rede ja auch die ganze Zeit. (Nimmt einen langen Schluck)
Aber es ist ein Mami-Buch.
Winkelmann: Ja.
Als ich Vater wurde, hat mir ein Kollege gesagt: Ich kündige dir die Freundschaft, wenn du jetzt auch ein Vater-Buch schreibst.
Winkelmann: Da ist was dran (lacht). Ich werde sicher die Mami-Welt nicht neu erfinden, aber darum geht es auch nicht. Mir geht es um eine andere Perspektive und darum, zu zeigen, welch ein großer Spaß es ist, Mutter zu sein. Auch wenn es nicht jeden Tag so aussieht.
Zum Beispiel wenn man feststellt, dass die Pizza, die man früher so selbstverständlich jeden zweiten Tag bestellt hat, vielleicht nicht die beste Nahrung für ein Kleinkind ist.
Winkelmann: Ja, irgendwie blöd, oder?
Was ich damit sagen will: Viele Erwachsene unseres Alters stellen erst als Eltern fest, dass Sie eigentlich nicht kochen können.
Winkelmann: Ist das so? Sie kennen ja komische Leute.
Wir beide natürlich ausgenommen. Sie kochen für die Kinder selbst?
Winkelmann: Ich koche in erster Linie für mich und meinen Mann, also für die wirklich Hungrigen. Aber wie kommen wir jetzt vom Muttersein zum Kochen? Ich kenne sehr viele Männer, die fantastisch kochen. Und ich koche nicht gern, weil ich Frau oder Mutter bin, sondern weil es mir einfach Spaß macht. (Trinkt den Kaffee fast aus). Außerdem habe ich das von meinem Vater gelernt.
Ich sehe, wir müssen zum Wesentlichen kommen, die Tasse ist gleich leer.
Winkelmann: Ich verspreche, wieder langsamer zu trinken.
Welche Rolle spielt das Fernsehen heute in Ihrem Leben? Sehen Sie viel fern?
Winkelmann: Nein, wenig. Leider kommen die schönen Dokumentationen und Reportagen zu Zeiten, die für Eltern nicht ideal sind. Und mit Nachrichten versorge ich mich den ganzen Tag über online.
Wie halten Sie es mit dem Fernsehen für die Kinder?
Winkelmann: Von meiner Seite aus hätten die Kinder bis zu ihrem dritten Lebensjahr keinen Tag fernsehen müssen. Mein Mann hat das anders gesehen, zu Deutsch: Beide Töchter haben ihre erste TV-Sendung sehr früh geguckt. Aber seitdem ist der Fernsehkonsum eher rückläufig. Meine Kinder haben weit mehr im ersten Lebensjahr geguckt als heute. Was absurd ist, aber nicht zu ändern. Erziehung durch Erfahrung.
Was ist mit Fernsehen und Ihnen?
Winkelmann: Ich will wieder.
Aber keine Nachrichten.
Winkelmann: Nein. Zum einen, weil sich das nicht mit den Kindern vereinbaren lässt. Zum anderen, weil ich mich nach Jahrzehnten voller Bombenattentate, Kriege und Konflikte mal mit etwas Leichterem beschäftigen möchte.
Was halten Sie von der Diskussion über eine Frauenquote in den deutschen Medien?
Winkelmann: Ich habe sie nicht gebraucht, Anne Will hat sie nicht gebraucht, Marietta Slomka hat sie nicht gebraucht. Das ganze Fernsehen ist voller Frauen, auch ohne Quote. Das scheint mir eher anderswo ein Problem zu sein.
Sollte der "Spiegel" eine Chefredakteurin bekommen?
Winkelmann: Das fände ich ganz toll. (Trinkt den Kaffee aus.) Total.