Hamburg. Lyrics für jede Lebenssituation, die Zahl 13 und Swiftmania-Erklärungsversuche: Wir stellen drei neue Titel aus dem Taylorverse vor.
Sie ist die „Queen of Bridges“, das ist bekannt. Taylor Swift komponiert irre gerne das, was zwischen Strophe und Refrain liegt. Der Produzent Jack Antonoff – seine Arbeit an den Reglern ist stilbildend für den Sound der Gegenwart – beschreibt das dritte Element der Songstruktur so: „Du braucht dieses dritte Element, das dich von dort, wo du bist, wegführst, damit du es kaum erwarten kannst, wieder dorthin zurückzukehren“. In dem Büchlein „Taylor Swift“ (12,90 Euro), das in der „100 Seiten“-Reihe von Reclam erscheint, spricht der Germanistikprofessor, Popkulturspezialist und erklärte Swiftie Jörn Glasenapp die Bridge-Geilheit des Superstars explizit an. Das ist völlig richtig so. Ebenso, dass er wie alle anderen Autorinnen und Autoren von Swift-Studien ausführlich aus den Lyrics der weltberühmten Frau zitiert.
Glasenapps pointierter Ritt durch die Diskographie der Ausnahmekünstlerin (wann hätte der Begriff je besser gepasst) ist allein Grund genug, die Lektüre seiner Taylor-Swift-Einführung wärmstens zu empfehlen. Vielleicht sogar denen, die durch ihr jahrelanges Anhimmeln so Taylor-informiert sind, dass sie selbst eine dicke Swift-Bibel schreiben könnten. Wobei es beim Thema „Taylor Swift“ ja in der Tat so ist, dass es durch die Einmaligkeit ihrer Fans und deren Hingabe – nennen wir es den „Swiftie-Komplex“ – erst komplettiert wird.
Anders gesagt, wer über Swift nachdenkt, muss gleichzeitig über die Swifties nachdenken. Das tut der Autor, und wenn er über Erdbeben, Ticketmaster-Crashs, Fan-Beefs und Easter-Egg-Exegesen schreibt, bekommt man die heftig wie nie pulsierende Swiftie-Welt in komprimierter Form serviert.
Taylor Swift in Hamburg: Das sind die besten Bücher über den Superstar
Die Analyse der Swift‘schen Strategien der unbedingten Nahbarkeit ist erhellend. Um auf die erwähnten potenziellen Swift-Bibeln aus Fan-Feder zurückzukommen: Wenn Swifties über Swift schreiben, schreiben sie unweigerlich immer auch über sich. Wobei Glasenapp das genau nicht tut. Er ist als 1970 geborener Mann wohl auch eher ein Meta-Swiftie. Die Begeisterung für seinen Gegenstand klingt aber nie aufgesetzt. Die Swiftmania bekommt in diesem Buch eine griffige Gestalt.
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Um auf einen 100-Prozent-Swiftie zu kommen, den Swiftie, wie man ihn sich wohl idealerweise vorstellt:die im Taylor-Geburtsjahr 1989 geborene Hamburger Podcasterin, Moderatorin und Literaturvermittlerin Anne Sauer. Ihr Buch „Look What She Made Us Do. Über Taylor Swift“ (Rowohlt, 16 Euro) ist deshalb eine fesselnde Lektüre, weil Sauer ihre Taylor-Swift-Erfahrung so persönlich macht. Sauers Reflexionen über Swifts so völlig außergewöhnliche Karriere sind auch analytisch, aber immer dann besonders plausibel, wenn sie die Distanz verliert. Klar, die sattsam bekannten Geschichten über Swifts Glückszahl 13 hat man einmal zu viel gelesen. Wenn Sauer jedoch ihre Aufregung um das Bemühen um Konzerttickets beschreibt, weiß man, dass sie ihren Gefühlen stellvertretend für Hunderttausende, ja Millionen Fans Ausdruck verleiht.
Swift agiert auch deshalb jenseits vieler bekannter Maßstäbe, weil die Swifties selbst so sagenhaft begeistert von ihrer eigenen Begeisterung sind. Es ist, als hätte diese Sängerin die perfekte Annäherung an die Massen geschafft, nicht nur mit ihrer Musik; in einer Zeit, in der man mit Posts im Internet jederzeit Zugang zu den Fans hat, stillt sie das Verlangen dieser nach gemeinsamer Begeisterung wie niemand sonst. Von der Ergebenheit der Swifties und deren permanentem Bock auf Hype erzählt „Look What She Made Us Do“ beispielhaft.
Buch über Taylor Swift von der Hamburgerin Anne Sauer: „Anne‘s Version“
Dabei ist die Autorin nicht unkritisch, besonders, was die obsessive Seiten der Bewunderung angeht oder den von beiden Seiten beförderten Kommerz: Swift veröffentlicht zig Sondereditionen ihrer Alben, und die Fans drehen bei jeder einzelnen durch. Puh. Warum lieben (vor allem) junge Frauen Taylor Swift? Was ist mit Swifts Feminismus? Wie Glasenapp behandelt Sauer auch Swifts mediale Rezeption, ihre künstlerische Selbstermächtigung („Taylor‘s Version“) und den von Männern gerne infrage gestellten weiblichen Super-Erfolg. Wobei man dazu sagen muss: Dies kann keine grundsätzliche Beobachtung sein. Plattenfirmen machen seit Jahrzehnten sehr gerne sehr viel Geld gerade mit weiblichen Stars wie Whitney Houston und Madonna.
Anne Sauers Buch ist ein Text über Erfolg und wie anziehend er ist. Und ein Text darüber, wie wichtig eine Künstlerin einer Einzelnen sein kann. Pop ist eine große, geniale, sensationelle Sache, und er lebt von Geschichten wie dieser. Lesen Sie hier einen exklusiven Auszug aus Anne Sauers Buch – Taylor Swift: Bin ich noch cool genug, wenn ich die höre?
Taylor Swift in Hamburg: Dieses Buch ist ein echtes Fan-Buch – Quiz inklusive
Noch übersichtlicher und strukturierter, deswegen auch niedrigschwelliger ist „Taylor Swift. Das große Fanbuch“ (Riva-Verlag, 14 Euro) von Sina Buchwitz. Die Autorin erzählt Swifts Vita mit allen Kapiteln – vom Start als ambitioniertes Country-Mädchen in Nashville bis zur alle überstrahlenden Pop-Ikone der Gegenwart – beherzt nach. Dass Buchwitz dabei die Erbauungslyrik und Pep-Talk-Tendenzen von Swifts öffentlichen Äußerungen in den Mittelpunkt rückt, ist nur richtig. Swift ist eine Mutmacherin, die besonders für ihre jungen Fans eine immense Bedeutung hat. Kapitelüberschriften wie „Sei zielstrebig, jedoch sanft zu dir selbst“ und „Liebe dich selbst“ geben einem dennoch das Gefühl, sich in ein Ratgeberbuch veirrt zu haben.
„Das große Fanbuch“ ist, mit Kurzcharakteristiken der Alben, Statistiken und Quiz, kein Einsteiger-, aber auch kein Fortgeschrittenenbuch, sondern genau das, was es im Namen verspricht: ein Fan-Service und eine Huldigung der Frau, die auf dem Peak ihrer Karriere von so vielen Menschen geliebt wird wie vermutlich derzeit kein anderer. Allen drei Büchern gemein ist, dass keines bis ins Letzte hinein erklären kann, warum es gerade dieser Frau gelungen ist, praktisch der ganzen Welt den Kopf zu verdrehen.