Hamburg. Das Hamburger Hip-Hop-Trio tritt auf der Trabrennbahn ab. Beim letzten Konzert gelingt ein Überraschungscoup.
Sonnabend (2. September) also. Bis jetzt bekamen Fettes Brot ihre Ehrenrunde mit Würde hin, aber das letzte Konzert überhaupt ist natürlich ein anderer Schnack: Wie soll man das über die Bühne der Bahrenfelder Trabrennbahn bringen, im Wissen, dass es dann vorbei sein wird? Soll man weinen, soll man sich auf offener Szene streiten, soll man sich plötzlich umentscheiden, „Ätsch, reingefallen, wir machen doch weiter“?
Alles keine Alternativen. Fettes Brot probieren es mit: Routine.
Der Vorgruppenblock ähnelt erst mal mit Ausnahme von der Techno-Blaskapelle Meute (die programmatisch „Danke für die Einladung auf die Party des Jahrhunderts!“ skandiert) demjenigen vom Vortag, und die Begleitung, die auch schon am Freitag da war, ist ein bisschen enttäuscht: Fatoni, Grossstadtgeflüster, Antilopen Gang, ja, alles wunderbar, doch die Überraschung ist weg.
Fettes Brot auf der Trabrennbahn: König Boris wirkt bei Abschied geknickt
Fettes Brot derweil sitzen in der Kulisse und markieren kurz Begeisterung, sobald die Kamera über sie schwenkt. König Boris (Boris Lauterbach), Doktor Renz (Martin Vandreier) und Björn Beton (Björn Warns), drei ältere Herren auf der Parkbank.
Fettes Brot waren nie eine Band für die wirklich Coolen. Dass das Trio das weiß, beweist dieser Auftritt, und jetzt, beim letzten Konzert, ist das Selbstbewusstsein da, zu diesem Image zu stehen. Ein bisschen Coolness bringen die Beginner mit, die tatsächlich eine Überraschung unter den Vorgruppen sind, „Ahnma“, „Hammerhart“, leichte Euphorie im Publikum. Dann Umbaupause.
Und schließlich: das Abschiedskonzert. Auch hier wenig Variationen zum Vortag, „Jein“, „Emanuela“, „Erdbeben“, „Spitzer Stein“, eine hübsche Mischung aus Hits und Abseitigem, aber kein Hinweis darauf, dass das jetzt wirklich das Finale sein sollte. König Boris wirkt ein wenig geknickt, im Publikum reckt jemand ein Schild in die Höhe, „Wir sind dagegen, ihr Pimmel!“, okay, kann man machen.
Fettes Brot: Abschiedskonzert in Hamburg – soll es das gewesen sein?
Die Band um DJ exel. Pauli (der optisch deutlich besser gealtert ist als das Trio) und Gitarrist Pascal Finkenauer spielt druckvoll, auf den Punkt, trifft den mit den Jahren immer weiter ausdifferenzierten Fettes-Brot-Sound, der längst viel mehr ist als Hip-Hop, der Northern Soul („Der beste Rapper Deutschlands“) ist, Disco („Nordisch By Nature“), Deutschpop („Amsterdam“), Punkrock („Hamburg Calling“) und der trotzdem immer individuell bleibt. Tolles Konzert. Aber ernsthaft: Das soll es jetzt gewesen sein?
Weitere Umbaupause, man kennt das vom Vorabend, jetzt kommt noch ein Gaststar. Überraschung: Die Ärzte, die Fettes Brot 2003 als Vorband mit auf Tour genommen hatten! Das ist nun allerdings wirklich ein Coup, es erklingen „Teenagerliebe“, „Schrei nach Liebe“, auf Wunsch der Gastgeber „Radio brennt“, das nahtlos in den Fettes-Brot-Song „Was in der Zeitung steht“ übergeht, die Trabrennbahn tobt.
Fettest Brot verabschieden sich auf Trabrennbahn, dann fließen die Tränen
Mittlerweile ist allen klar, dass man hier gerade etwas wirklich Bedeutendes erlebt, dass hier eine Karriere nicht unschön versandet, sondern als Fest beendet wird. Zugabenblock, „An Tagen wie diesen“, „Kannste kommen“, „Bettina, zieh dir bitte etwas an“, schließlich, noch einmal mit Bläserunterstützung von Meute, „Schwule Mädchen“. Tränen im Publikum, tatsächlich.
Ein letztes Mal tritt das Trio vor den Vorhang, sichtlich angeschlagen. Und singt Eric Frantzens „Bugs Bunny“-Klassiker „Das Publikum war heute wieder wundervoll“, mittlerweile weinen fast alle. Schluss. Die Trennungsankündigung war kein Scherz.
Und erst auf dem Weg nach Hause fällt einem auf, dass Die Ärzte als Special Guest womöglich eine tiefere Bedeutung haben – die hatten sich ja auch einmal aufgelöst, 1988, um 1993 umso nachdrücklicher zurückzukehren. Und hieß es bei Bugs Bunny nicht überraschend eindeutig: „Und heißt es Bühne frei / Dann sind wir mit dabei / Wir sagen Dankeschön / Auf Wiedersehen.“ Auf Wiedersehen, nicht Lebewohl. Macht es gut, war schön, bis dann!