„The Magic Flute - das Vermächtnis der Zauberflöte“ ist ein gelungenes Kino-Experiment mit einer Prise Spannung à la Harry Potter.
Die Opernwelt hat ein Nachwuchsproblem. Nicht was Sängerinnen und Sänger angeht. Da drängen genug neue Talente auf den Markt. Aber ganz anders sieht es beim Publikum aus. In Opernhäusern sitzen überwiegend ältere Zuschauer. Und das liegt schon auch, aber eben nicht nur an den hohen Eintrittspreisen. Oper gilt bei Jugendlichen oft als altbacken und uncool. Wie kann man das ändern? Wie ein jüngeres Publikum an diese Kunstform heranführen? Ein Experiment wagt der Film „The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte“. Er verbindet eine der populärsten Opern überhaupt, Mozarts „Zauberflöte“, mit kindgerechter Kino-Fantasy à la „Harry Potter“.
Tim (Jack Wolfe), ein Teenager aus London, der gerade seinen Vater, einen Opernsänger, verloren hat, soll nun an einem Mozart-Internat in der Nähe von Salzburg zur Schule gehen. Dort hat auch sein Vater angefangen und seine Liebe zur Musik gefunden. Und der Papa hat dort damals ein uraltes Buch zur „Zauberflöte“ mitgehen lassen, das der Filius nun zurückbringen soll. Doch das Buch hat magische Kräfte.
Ein Bücherragal als Tor zu einer fantastischen Welt
Für die Mozart-Schule stand das Salzburger Mozarteum Modell, das den Film auch unterstützt hat. Auch wenn das Mozarteum bekanntlich eine Hochschule und kein Internat ist. Die Schule im Film steht auch nicht in Salzburg, sondern wie ein verwunschenes Schloss auf einem Felsen. Da muss man nicht von ungefähr an Harry Potters Hogwarts denken. Und auch an dieser Schule gibt es komische Professoren-Käuze. Aber auch ein Hermine-artiges Mädchen, Sophie (Niamh McCormack), in das sich Tim schon auf der Hinreise (natürlich in einem Zug) verliebt. Als er in der Schule dann das Buch zurück ins Regal steckt, werden Zauberkräfte entfesselt. Und Tim landet in einer Fantasiewelt. Nicht durch einen Kleiderschrank, wie in den „Chroniken von Narnia“, sondern durch die Bücherwand. Dass einen Bücher in Fantasien entführen, kennt man noch aus einem anderen Fantasyfilm: „Die unendliche Geschichte“ nach Michael Ende. Und natürlich ist die Welt, in der Tim landet, die von Mozarts „Zauberflöte“. Und er hat eine Zauberflöte in der Hand. Pfeif auf die Oper: Das ist hier nicht negativ gemeint, sondern als Ermutigung.
Nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen: Das schien die Losung dieser deutschen Produktion, die vor allem mit britischen Darstellern gedreht wurde, aber überwiegend in Salzburg, Mozarts Geburtsort – und in den Münchner Bavariastudios (wie einst „Die unendliche Geschichte“). Zwar geht es musikalisch gleich mit der Ouvertüre los, aber dann folgt erst mal lange die Rahmenhandlung. Tim und Sophie kommen sich näher, indem sie zusammen die Jackson 5 hören. Und als Tim eine Kostprobe seiner Sangeskunst geben soll, stimmt er ein Lied von Andrea Bocelli. Wofür er ausgelacht und verhöhnt wird.
Schlangen bekämpfen, Prinzessin retten
Aber dann steckt der Junge plötzlich in Mozarts „Zauberflöten“-Universum. Wie die jungen Zuschauer muss auch er sich erst mal orientieren, worum es hier gleich noch mal ging. Und dass er hier den Prinz Tamino spielen soll. Dass Tim schon im Namen Tamino steckt, ist ja nur ein erster Verweis. Zunächst muss er gegen eine monströse Schlange kämpfen, dann lernt er Papageno kennen: Iwan Rheon kennt man als Sadisten aus der Serie „Game of Thrones“, hier übernimmt er sehr hübsch den komischen Part. Wie in Mozarts Oper muss Tamino Prinzessin Pamina (Asha Banks) retten. Das Problem ist nur: Tim hat sich doch gerade erst in Sophie verliebt. Und wie soll er Pamina retten, wenn er regelmäßig zurück in die Gegenwart geschleudert wird und wieder in der Bibliothek der Schule landet?
Produziert von Hollywood-Mann Roland Emmerich
„Die Zauberflöte“ ist eine der meistgespielten Opern der Welt. Zahlreiche Inszenierungen wurden abgefilmt. Eine wirkliche Kinoadaption gab es gleichwohl erst einmal, vor 50 Jahren vom großen Ingmar Bergman. Der ließ seine schwedische „Trollflöjten“ aus dem Blickwinkel eines Kindes erleben. Auch das war ein Versuch, den Bühnenzauber an eine jüngere Generation heranzutragen. „The Magic Flute“ aber geht da gewaltige Schritte weiter. Mit dem Zauberkasten des Fantasyfilms.
Produziert wurde der Film von Roland Emmerich. Das überrascht erst mal, ist der Mann doch vor allem für Hollywood-Blockbuster und Katastrophenszenarien bekannt. Aber Emmerich ist auch opern-affin. Unvergessen: Als er 2005 die Berlinale-Jury leitete, erhielt eine südafrikanische Xhosa-Version von Bizets Oper „Carmen“ den Goldenen Bären.
Ein cineastisches Plädoyer für die Oper
Regie führte Emmerich allerdings nicht selbst, das überließ er Florian Sigl, der eigentlich Werbefilmer ist und hier sein Kinodebüt gibt. Aber hier ganz klar einen Werbefilm für die Oper abliefert.
Sigl arbeitete dabei gewissermaßen auf der Klaviatur von gleich zwei Zauberflöten: einmal die der Opernwelt und einmal die der Fantasy. Dabei kommt auch der Opernsänger Rolando Villazón ins Spiel, aber nicht als Sarrastro, sondern als Vater eines Schülers. Und wie als Garant und Pate wird der strenge Professor Longbow (der sich auch noch als Sophies Vater entpuppt) von F. Murray Abraham gespielt, der vor 36 Jahren im Filmklassiker „Amadeus“ den Salieri spielte, der Mozart ins Grab brachte. Nun soll er ihn mit diesem Film also quasi wieder aus dem Grab holen.
Das gelingt aber nur leidlich. Was auch daran liegt, dass die Sänger teils mit Opern-, teils aber auch mit Pop-Stimmen singen. Was der Oper nicht unbedingt bekommt. Und dann werden Jugendliche, die bereits Opern-Erfahrung haben, wohl eher genervt sein, wenn „Die Zauberflöte“ immer für die zweite Handlungsebene im Internat unterbrochen wird. Die anderen dagegen werden eher ungeduldig warten, wann es wieder harrypotterig wird. Ein Zitter- und Zwitterunternehmen, das nicht recht aufgehen mag. Dass man es trotzdem überhaupt versucht hat, ist aber schon ein hehrer Ansatz.
„The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte“, ab 10 J., läuft in den UCIs Wandsbek, Mundsburg und Othmarschen-Park