Hamburg. Das Museum am Rothenbaum feiert seine Umbenennung und die Schau „Erste Dinge“. Das Markk interpretiert die Bestände neu.

„An diesen Tag werden wir uns wahrscheinlich erst viele Jahre später als einen denkwürdigen zurückerinnern“, begann Carsten Brosda (SPD) seine Rede. „Den Tag, an dem sich das Museum für Völkerkunde neu erfunden hat.“ Der Kultursenator ­bezeichnete Museen als Orte, „an denen wir uns als Gesellschaft unserer selbst vergewissern und über gemeinsames Handeln verständigen. Das MARKK wird ein Ort sein, wo solch spannende Diskurse stattfinden werden.“ Und ­Museumsdirektorin Barbara Plankensteiner ergänzte: „Jetzt können wir freier in die Zukunft blicken.“

Aufgeregtes Fahnengeflatter hatte diesen Auftritt angekündigt. Ausgerechnet am Dienstag war es sehr windig, weswegen die Mitarbeiter ihre liebe ­Mühe damit hatten, die Banner mit dem neuen Namen im neuen Erscheinungsbild am Eingang des Museums zu verhüllen. Um Punkt 14 Uhr war es dann endlich so weit: „Jetzt geht’s ins MARKK!“ war überall zu lesen. Und die Umbenennung dieses 1871 gegründeten Hauses nach langem Vorlauf und vielen Diskussionen perfekt: Aus dem Museum für Völkerkunde ist das Museum am ­Rothenbaum Kulturen und Künste der Welt, kurz MARKK, geworden.

Die Designer erinnerten an den Rapper Cro

Die beiden Hamburger Designer der Agentur Rocket & Wink, die für den neuen Auftritt verantwortlich zeichnen und sonst für ihre Pressescheu bekannt sind, kamen (mit Helm und Maske im Stil des Sängers Cro, auch das soll ­üblich sein) zum Fototermin an die Ro­thenbaumchaussee und sorgten mit ihren lustigen Posen für gelöste Stimmung. „Ein Großteil unserer Arbeit liegt hinter uns“, sagte Barbara Plankensteiner. Sie sei erleichtert, dass nun dieser erste Meilenstein in der Neuausrichtung des Museums gelegt sei, dessen ­Bestände unweigerlich mit den umstrittenen Errungenschaften aus der Kolonialzeit verflochten sind.

In der Ausstellung „Erste Dinge – Rückblick für Ausblick“, die erste, die komplett unter der Leitung der Direktorin aus Bozen entstanden ist, wird diese Herausforderung klar. Tanzkeulen von den Fidschi-Inseln stehen neben Tee- und Kuchendosen aus Japan oder einer Hängematte aus Brasilien; in mehreren Vitrinen liegt prächtiger Kopfschmuck aus Federn, vermutlich vom Rio Negro – ein Geschenk des Hamburger Kaufmanns Gustav Julius Vollmer. Aber ­woher kamen all diese Geschenke, wer brachte sie unter welchen Umständen mit nach Hamburg?

Provenienz: Wie geht man mit dem kulturellen Erbe um?

Jahrzehntelang war es das Bestreben des Museums für Völkerkunde, ­bestimmte Objekte und umfangreiche Bestände zu erwerben, um die letzten authentischen Zeugnisse der materiellen Kultur vermeintlich aussterbender Bevölkerungsgruppen sicherzustellen. Heute geht es darum, angemessene Formen des Umgangs und der Präsentation dieses kulturellen Erbes zu entwickeln. Provenienz lautet das Stichwort: Mithilfe von Nachfahren aus den Herkunftsländern wollen die Museums­macher das Potenzial der Sammlung und ihre Geschichte in den nächsten Jahren weiter erforschen.

Dieses Potenzial offenbart sich in der Ausstellung, kuratiert von Jeanette Kokott: Auf ­königsblauem Grund werden hier rund 200 bislang selten oder gar nicht gezeigte Exponate präsentiert, die zum Gründungsbestand des Museums zählen. ­Darunter die imposante Figur der Göttin Durga als Retterin der Welt (Indien, erste Hälfte des 19. Jahrhunderts). Das mit A1 beschriftete Werk kam 1852 als erstes Stück in die Sammlung – also lange, bevor es das Museum gab.

Verzeichnet ist die Figur in „Die Ethnografische oder Sammlung für Völkerkunde im ­Anschluß an das Naturhistorische Museum in Hamburg“, verfasst von den damaligen Sammlungsverwaltern Adolf Oberdörffer und Ferdinand Worlée im Jahr 1867. Die 645 Positionen umfassende Schrift gilt als die erste systematische Auflistung der ethnografischen Sammlung der Stadt Hamburg.

Markk-Museum am Rothenbaum:
Markk-Museum am Rothenbaum: "Erste Dinge - Rückblick für Ausblick" © P. Schirmweg/MARKK | P. Schirmweg/MARKK

Dass an der Rothenbaumchaussee 64 die Wiege der Hamburgischen ­Museumsgeschichte steht, wird im ersten Ausstellungskapitel beschrieben: Die Idee, öffentliche Sammlungen im Dienste der allgemeinen Bildung anzulegen und dafür Museen zu gründen, entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts.

Vorreiter war das Naturhistorische Museum

Vorreiter dafür war das ­Naturhistorische Museum, das 1871 das Culturhistorische Museum hervorbrachte und acht Jahre später in ­Museum für Völkerkunde umbenannt wurde. Auf diese kulturgeschichtlichen Wurzeln wolle man sich nun im MARKK zurückbesinnen, sagte die Direktorin.

„Wer sich mit Kulturgeschichte ­beschäftigt, wird unweigerlich auf sich selbst zurückgeworfen“, zitierte sie die Begründung der Designer für das Motto „Geht ins MARKK“. Entweder man mag’s, oder man mag’s nicht.