Hamburg. Das Berlin Boom Orchestra eröffnete die Freiluft-Konzertsaison auf dem Lattenplatz - und weihte so auch die neue Bühne ein.
Knappe 12 Grad und leichter Wind: Wenn das mal nicht allerbestes Freiluft-Konzert-Wetter ist. Wofür hat man sich sonst zur Windjacken-Figur gehungert? Mütze, Schals und Zwiebellook sind am Freitag mehr als angebracht beim ersten Konzert seit acht Monaten auf dem Lattenplatz vor dem Knust mit dem Berlin Boom Orchestra. Dafür schallt der Jubel schon beim Soundcheck bis zur U-Bahnstation Feldstraße. Ein leichtes Schauern im Magen von Bass und Schlagzeug, das wurde vermisst. Endlich wieder Livemusik.
Die Einschränkungen, die so ein Vorabend mit sich bringt, kennen viele Lattenplatz- und Konzertgänger schon aus dem Vorjahr. Die Kapazität ist auf 250 namentlich registrierte Gäste begrenzt, die maximal zu fünft und aus zwei Haushalten stammend an einer der Biertischgarnituren Platz nehmen dürfen.
Erstes Live-Konzert seit acht Monaten vor Zuschauern
Dort darf auch die Maske fallen, die auf dem Weg zu den WCs, zur Bar oder zum Burgerstand zu tragen ist. Neu hinzu kommt bis auf Weiteres die Nachweispflicht eines tagesaktuellen negativen Corona-Schnelltests und das Fehlen einer Abendkasse. Wer spontan zu den Konzerten am neuen Kamp kommt, muss sich mit dem Smartphone ein Ticket besorgen.
Ist das Prozedere mit Konto anlegen, AGBs bestätigen und mobil bezahlen erst einmal absolviert, wird man mit dem Blick auf die neue große Bühne auf dem Lattenplatz mit der Rückseite zur Feldstraße belohnt.
In den Vorjahren zwängten sich die Bands auf einer kleinen Holzdiele neben der Eingangstür vom Knust, direkt neben dem Hin und Her zum Klo und zum Bier. Die Musikanlage erinnerte an die Beatles im Shea Stadium, ein überfordertes Brüllköfferchen.
Berlin Boom Orchestra liefert sehr guten Sound
Das Berlin Boom Orchestra feiert die Saisoneröffnung hingegen mit genug Platz für alle neun Musiker. Schlagzeug und Bläsertrupp, Bläser und Gesang, Gitarren und Keyboards verbinden Kreuzberg und Kingston mit Reggae, Dancehall und Dub - und einem Ska-Song.
Der Sound ist sehr gut bis an die hintersten Tische zu hören und definitiv lauter als die Unterhaltungen des Publikums. Früher war das auf dem Lattenplatz auch mal ein Problem, als die Bands noch für freiwillige Hutspenden spielten und viele Gäste eher für Saufi als für die Musik kamen. Allerdings hatte das lockere Beisammensein zu unaufdringlichen Akustiksounds von der Bretterdiele besonders im Hochsommer auch seinen improvisierten und familiären Charme.
Im Juni starten mehrere Open-Air-Konzertreihen
Aber „Im Sitzen geht’s“: So heißt auch das kommende Album des Berlin Boom Orchestras, dessen Titel schon vor der Pandemie entstanden ist, wie Sänger Filou erzählt. „Ich schwöre, ich mache keine Corona-Ansagen mehr“.
Stattdessen geht es weiter mit „VXV“, „Bunte Mauer“, „Leave No One Behind“, „Kein Stück schlauer“ und weiteren entspannten Songs mit zeit- und gesellschaftskritischen Texten.
Kochende Stimmung kommt damit im steif gefrorenen Hamburg nicht auf, aber trotzdem fordern 150 Zahlende und einige Zaungäste nach 100 Minuten Zugaben.
Die Premiere ist gelungen, jetzt fehlt nur noch der Sommer. Der zweite Lattenplatz-Abend am Sonnabend mit Boy Division ist sogar ausverkauft, danach geht es am 2. Juni mit dem Hamburger Kneipenchor weiter.
Am 3. Juni beginnt die Reihe „Super People Stage“ von RockCity Hamburg mit Ayu und am 23. Juni ist der Auftakt für „Acoustics“ mit Jenobi, Lukas Droese und Elena Steri. Davor, danach und dazwischen warten viele weitere Shows auf dem Lattenplatz auf Applaus.
Das ganze Programm steht auf der Knust-Homepage, dort wird man ein Stück schlauer.