Hamburg. Die Sängerin (The Weather Girls) ist Teil der „Velvet“-Show im Hansa-Theatersaal. Was sie mit „It’s Raining Men“ zu tun hat.

Es gibt Ohrwürmer, die verbinden ganze Generationen. 1982 geschah es, dass plötzlich zwei Frauen auftauchten und von Männern sangen, die vom Himmel herabregnen. Was für eine Vorstellung. Die beiden Sängerinnen Martha Wash und Izora Armstead nannten sich zunächst The Two Tons of Fun (Die zwei Tonnen Spaß), später wurden sie als The Weather Girls weltberühmt, und ihr Song „It’s Raining Men“ entwickelte sich zum Über-Hit.

Als Wash eine Solokarriere verfolgte, sang Armstead mit ihrer Tochter Dynelle. 2004 stieg die Mutter aus gesundheitlichen Gründen aus und holte ihre Cousine Ingrid Arthur ins Boot. Die schrieb die Erfolgsgeschichte fort – und sang natürlich auch von herabregnenden Männern.

Theater Hamburg: Arthur lebt seit 2002 in Berlin

„Ich habe dieses Lied wirklich in der ganzen Welt gesungen und singe es noch. Es ist eine großartige Erfahrung“, sagt die Mittfünfzigerin. Ganz in Schwarz, die Haare kunstvoll unter einem schwarz-weißen Tuch verborgen, sitzt sie auf einem weich gepolsterten Stuhl im Hansa-Theatersaal am Steindamm und nippt an ihrem Ingwer-Tee. Nebenan breiten Kostümbildnerinnen allerlei Glitzerfummel aus. Arthur wird hier in der neuen Show „Velvet“ auftreten.

Die in Gainsville (Georgia) geborene Soul- und Gospelsängerin lebt seit 2002 in Berlin. Dort entdeckte sie vor einigen Jahren im ZigZag-Jazz-Club ein aus­tralischer Künstleragent, während sie gemeinsam mit ihrer Band The Players Club das Publikum mit Liedern in der Tradition von Aretha Franklin, Mavis Staples und Mahalia Jackson beglückte. Er engagierte sie schon damals für die Show „Velvet“, deren Premiere pandemiebedingt mehrmals verschoben werden musste.

Ingrid Arthur tritt am Steindamm auf

Nun posiert sie mit großer Discokugel und Glitzer-Pumps auf dem Werbeplakat und verspricht vom 22. Juli an ein „Disco-Varieté-Inferno“ im Haus am Steindamm. Ingrid Arthur wird ein wichtiger Teil der Sause sein. Die Show erzählt von der Selbstfindung eines jungen Mannes, von seiner Suche nach Liebe, Freundschaft und einem Platz im Leben. Dabei landet er auf der Bühne des Nachtclubs „Velvet“, in dem er unter anderem auf Ingrid Arthur trifft. Ein wenig wandelt die Geschichte auf den Spuren des berühmtesten aller Clubs, dem legendären Studio 54 in New York.

Arthur steuert elektrisierende Lieder wie „Last Dance“, „Supernature“, „Enough Is Enough“ – und natürlich „It’s Raining Men“ bei. Der Song hat viele kraftvolle Liedzeilen, die überraschend gut in die heutige Zeit passen. „Ich denke, es ist eine Ermächtigung für Frauen, eigentlich für jedermann. Damals haben die Autoren nicht darüber nachgedacht, aber es heißt da zum Beispiel ‚God bless mother nature, she’s a single woman too“, sagt Arthur. Tatsächlich: sehr aktuell.

„Ich singe nicht jeden Tag"

In „Velvet“ leben die 1970er- und 1980er-Jahre fröhlich wieder auf, es ist eine Show, wie gemacht für Nachtschwärmer, die sich nach unbeschwertem Amüsement sehnen. Die elf Künstlerinnen, Artisten und Sänger aus aller Welt verbinden die mitreißende Musik mit Akrobatik- und Comedy-Einlagen. Ihre Weltpremiere feierte die mehrfach preisgekrönte Show 2015 beim Adelaide Fringe Festival. Kreiert haben sie Musical-Direktor Joe Accaria, der auch schon mit Andrea Bocelli gearbeitet hat, und Regisseur Craig Ilott.

„Ich bin glücklich, ein Teil davon zu sein“, sagt Ingrid Arthur. „Es geht hier um einen jungen Mann, der versucht, die Liebe zu finden. Das ist sehr nachvollziehbar. Und wir feiern das auf der Bühne! Die Disco-Ära der 1970er-Jahre, das war echte Musik. Es war roh und frisch.“ Man kann sich die Sängerin gut als dynamische Disco-Queen vorstellen. Privat lässt sie es inzwischen allerdings etwas ruhiger angehen. „Ich singe nicht jeden Tag. Ich höre noch nicht mal jeden Tag Musik. Ich bin gerne in meinem Haus mit meinem Mann.“

Arthur war Background-Sängerin für Cissy Houston

Ihre frühe Liebe galt dem Gospel. Die Familie ging in die Kirche, und Arthur sang schon als junges Mädchen im Chor. „Für mich war das ein Sicherheitsnetz, ein Heilsbringer, der mich erdete. Da komme ich her und es ist das, woran ich glaube“, sagt sie. „Das Singen wurde mir als Geschenk gegeben. Und ich kann bis heute meinen Lebensunterhalt damit sichern.“ Zweimal im Jahr gibt sie Gospel-Workshops in Berlin und reicht ihr Wissen weiter. „Es geht nicht nur darum, die Kunst zu unterrichten. Für einige, die offen dafür sind, ist es eine Art zu leben.“

Auch interessant

In ihrer langen Karriere hat Ingrid Arthur als Background-Sängerin für Cissy Houston (die Mutter von Whitney Houston) gearbeitet, war auch mit Bette Midler im Studio. Seit 20 Jahren lebt sie in Berlin, wo sie mit den Golden Gospel Singers für Aufsehen sorgte. Hier nahm sie an Shows wie „Palazzo“ und „Jamie Oliver“ teil, stand auch mit der Entertainerin Gayle Tufts auf der Bühne – und sie ließ sich von Delle (Seeed) für eine Show seiner „Be­fore I Grow Old“-Tour anheuern. Auch der 2015 gestorbene Bandleader James Last schätzte ihre Gesangs-Qualitäten.

Theater Hamburg: Ingrid Arthur ruht in sich

Ingrid Arthur ruht spürbar in sich. Und so konnte ihr – trotz verschobener „Velvet“-Show – auch die Corona-Pandemie nicht viel anhaben. Sie machte das Beste aus der Situation und entwickelte mit „Soul-full ’n Sassy Cooking“ sogar eine eigene YouTube-Show über Essen und Musik. Dennoch: Vor einem Computer zu singen, das ist für sie nicht die große Erfüllung. Die nun anstehenden Disco-Fieber-Auftritte in St. Georg sind es gewiss umso mehr.

„Velvet“ Premiere Fr 22.7., 19.30, Vorstellungen bis 18.9., Di–Fr, So 19.30, Sa 18.00 und 21.00, Hansa-Theatersaal, Steindamm 17, Karten ab 49,90 unter T. 47 11 06 44; weitere Informationen: www.velvettheshow.de