Hamburg. Hamburgs Kultursenator und Top-Kandidat auf den Staatsminister spricht von „Veränderung“. Preisträgerin dankt einem Duo besonders.
Sie lächelte überlebensgroß als Foto auf einer Leinwand: Barbara Kisseler ist auch fünf Jahre nach ihrem Tod aus der vielfältigen Hamburger Bühnenlandschaft nicht wegzudenken. Seit 2017 wird der nach der früheren Kultursenatorin benannte Barbara Kisseler Theaterpreis alljährlich an Privattheater oder Freie Gruppen vergeben, gefördert von der Hermann Reemtsma Stiftung und dotiert mit je 50.000 Euro. Die Preisverleihung am Sonntag bei einer Matinee im Ernst Deutsch Theater (EDT) brachte mehrfach Neuerungen.
„Veränderung“, dieses Motto wählte Kisselers Nachfolger Carsten Brosda (SPD) in seiner Rede. Und das galt schon beim 17. plattform-Festival des EDT, das im Februar 2020 mit 250 Jugendlichen über die Bühne gegangenen war. Zur Aufführung kam damals auch Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“, in dem Fragen nach Gerechtigkeit und Verantwortung in Zeiten von Klimawandel und Rassismus von jungen Menschen aktualisiert wurden. Weil die Preisverleihung 2020 coronabedingt ausfiel, erhielten Plattform-Leiterin Mia Massmann und EDT-Intendantin Isabella Vértes-Schütter, welche die Jugendsparte bereits 2003 initiiert hatte, stellvertretend für alle Beteiligten den Kisseler-Preis.
Kisseler-Preis: Schauspielerin für eine Idee prämiert
Außerdem zeichnete Brosda für 2020/21 Stella Roberts und „Der fröhliche Fischer“ aus. Aufgrund der pandemiebedingten Theaterschließungen wurde von der Reemtsma-Stiftung und der jährlich wechselenden anonymen Ein-Personen-Jury für die vergangene Spielzeit kein abgeschlossenes Projekt, sondern eine Idee prämiert.
Roberts (32) konnte ihr Stück als Autorin und Regisseurin im September an vier Abenden im Freien am Leuchtturm Wittenbergen an der Elbe herausbringen.
Stella Roberts spielt an der Wiener Staatsoper
Nach dem Abitur hatte Stella Roberts einst selbst bei „plattform“ mit dem Schauspiel begonnen, spielte 2018 am EDT die Titelrolle in Ibsens „Nora“. In dieser Saison ist sie an der Wiener Staatsoper in Hans Neuenfels’ Inszenierung von Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ engagiert.
Ausdrücklich dankte Roberts auf der EDT-Bühne ihren Schauspielkollegen Henry Arnold und Christina Arndt für den Mut, sich auf das Projekt um einen isolierten Fischer eingelassen zu haben. „Ein Leuchtturm-Projekt im wörtlichen und übertragenen Sinn“, nannte es Brosda. Es zeige auch den Wert von derlei Gebäuden und Ideen.
Brosda äußert sich zu Ampel-Verhandlungen
„Kunst kann spielerisch andere Räume öffnen“, spannte der Senator – vom Thema Veränderung – einen Bogen von Theaterschließungen vor einem Jahr bis zur immer noch unsicheren Gegenwart. Ein Kultur-Staatsminister hätte es nicht besser formulieren können. Er selbst gilt im Bund als Top-Kandidat.
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Von diesem Montag an leitet Brosda in Berlin die Gruppe Kultur- und Medienpolitik bei den Ampel-Koalitionsverhandlungen. „Wir tagen so oft, bis wir fertig sind“, sagte der SPD-Politiker am Sonntag. Zielmarke sei der 10. November. Voraussichtlich wird Kultur-Staatsrätin Jana Schiedeck (SPD) deshalb diese Woche alle von Brosdas Hamburger Terminen übernehmen.