Hamburg. Der Chor des NDR wird 75 Jahre alt und hat einen neuen Namen. Geburtstag feiert er mit Bach und Monteverdi.
Sechs Meter Abstand – für Stimmen eine halbe Weltreise - sind es nicht mehr, inzwischen dürfen sich die Mitglieder des NDR Chors bei ihrer Arbeit bis auf 2,5 Meter annähern, berichtete NDR-Klangkörpermanager Achim Dobschall. Dennoch: „Pandemie ist Höchststrafe“. Noch läuft die Bewährungszeit, nicht nur für diese Vokal-Fachkräfte. Die nächste Saison jedenfalls soll deutlicher besser werden. Anders wird sie auf jeden Fall, schon durch die kostenoptimierende Umstrukturierung des Chors, der mit „geschärftem Profil“ zum „NDR Vokalensemble“ umformatiert wurde.
Tendenziell kleiner also zukünftig, tendenziell vielseitiger aber auch, das ist die Herausforderung, die man mit Beginn der nächsten Spielzeit nutzen will, mit in etwa der gleichen Zahl eigener Konzert-Termine neben den Auftritten mit dem NDR-Orchester, aber einer anderen programmatischen Ausrichtung.
Die „solistischen Qualitäten sollen mehr gefordert werden“, betonte Dobschall am Freitag bei der Programm-Vorschau im Rolf-Liebermann-Studio. So entstanden auch Ideen wie die, bei einem Club-Konzert im Mojo mit einer vierstimmigen Kostprobe aus einer Bach-Passion zu beginnen und dann mit einem DJ-Set weiterzumachen. Interessante Vorstellung, aber coronabedingt noch ohne konkreten Termin.
Buddhistisch inspirierte Musik
Die Saison beginnt mit am 8. September mit einem Jubiläumskonzert zum 75-jährigen Bestehen, mit unterschiedlichsten Besetzungsgrößen und einem Programm, das von Bach und Monteverdi bis zu einer Auftragsarbeit von Eric Whitacre reicht und bei Schnebels „Contrapunctus 1“, auf Bachs „Kunst der Fuge“ anspielend, Solo-Stimmen im Klang-Raum des Großen Saals der Elbphilharmonie verteilt.
Das „Lotusblume“-Konzert am 14. November im Liebermann-Studio kombiniert Werke der deutschen Romantik (Brahms, Schumann) mit buddhistisch inspirierter zeitgenössischer Musik (Harvey, Hosokava). Als Advents-Publikumsliebling wird am 12. Dezember ein „Messiah“ mit Holland Baroque angesetzt. Beziehungsreich auf gesellschaftliche Visionen zielt das gleichnamige Konzert am 29. März, in dem auf historisch wichtige Texte – von der Bibel über Martin Luther King bis zu Frauenrechts-Reden - Bezug genommen wird und Multimedia-Elemente die Aufführung bereichern sollen.
Unveröffentlichtes von Ligeti
„Ein Hammerprogramm“ nannte Dobschall die „Ode à la Musique“ am 5. Juni mit komplexer französischer Chor-Literatur von Martin bis Messiaen, fast durchgängig zwölfstimmig besetzte Höchstschwierigkeiten.
Dass der NDR-Chorleiter Klaas Stock wie der frühbarocke Komponist und Organist Jan Pieterszoon Sweelinck in Deventer geboren wurde, wird als Steilvorlage für ein Programm genutzt, das am 16. Oktober Motetten von Sweelinck selbst und seinen Schülern vorstellt, in einem Doppelkonzert – Teil eins erklingt in St. Jacobi, die zweite Hälfte in St. Katharinen. Ausgrabungen anderer Art prägen das Konzert „Spiegel im Spiegel“: Dort sollen unveröffentlichte Kompositionen des Wahl-Hamburgers György Ligeti vorgestellt werden, die in den Archiven seines Verlags auf Wiederbelebung gewartet haben.
Saisonabschluss ist ein Konzert am 16./17. Juni mit der NDR Bigband und utopischen Text-Vertonungen des Jazz-Trompeters Percy Pursglove.