Hamburg. „Zufall und Wirklichkeit“ ist eine Retrospektive auf das Werk des Bremer Realisten Till Warwas
Das Kloster – immer eine sichere Zuflucht: vor Regen, vor zu großer Hitze, vor zu vielen Menschen, überhaupt vor Reizen. Im Kloster Cismar ist es aber noch etwas anderes, das – ganz gleich bei welchen Temperaturen – Besucherinnen und Besucher anzieht: Es ist der Kunstgenuss. Schon längere Zeit ist es die kleine, feine Außenstelle der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, die zwischen Ostern und Oktober mit besonderen Ausstellungen punktet, seien es die Hamburgerin Karin Witte oder Horst Janssen, Klaus Fußmann oder Karin Székessy. Manchmal gibt es allerdings auch Querschläger wie etwa kunststudentische Interpretationen von Öfen – geschenkt.
Neu in dieser Saison ist, dass das Ostholstein-Museum in Eutin zum ersten Mal eine Sonderausstellung in seiner Dependance im Kloster Cismar zeigt: „Zufall und Wirklichkeit“ des Bremer Künstlers Till Warwas. Das Kloster sei ein toller Ort für eine Ausstellung, so Warwas bei der Vernissage. Im Mai hat im ostholsteinischen Cismar der Jubiläumsreigen für den Künstler begonnen, der in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag feiert. In der Tat ist eine Bilderschau in diesen heiligen Hallen der einstigen Benediktinerabtei etwas ganz Besonderes: An diesem Ort der Stille tritt man mit Respekt vor Gemälde und Skulpturen, kann sich mit ihnen befassen und für sich etwas daraus ziehen, ohne von Eindrücken überflutet zu werden. Eine Ausstellung nur mit Bildern an den Wänden – alles ganz basic hier im Örtchen an der Lübecker Bucht.
Kunst im Kloster Cismar
„Seit 1993 lebt und arbeitet Till Warwas in Bremen und gehört doch fest zur Schleswig-Holsteinischen Kunstszene. Dies hat vor allem auch mit den Norddeutschen Realisten zu tun, zu deren Gruppe der Maler seit Jahren gehört, aber auch mit seiner persönlichen Verbundenheit zu Landschaft und Leuten in Schleswig-Holstein“, sagt Julia Hümme, Leiterin des Ostholstein-Museums. „Die Ausstellung bietet einen Rückblick auf rund 40 Jahre Kunstschaffen. Erstmals wird dem Publikum ein Überblick gewährt, der von den frühen, in Berlin entstandenen Bildern der Anfangszeit bis hin zu den aktuellen Stillleben und Landschaftsbildern reicht.“
Die Ölgemälde, die mit Interieurs, Landschaften, frühen Porträts und Stillleben eine enorme thematische Bandbreite offenbaren, stammen zum größten Teil aus privatem Besitz und wurden eigens für diese Schau ausgeliehen – ein Blick ins Schatzkästchen also. Der detailgenaue Stil des Malers, der an der Hochschule der Künste Berlin Meisterschüler bei Klaus Fußmann war und – besonderes Kennzeichen der Norddeutschen Realistinnen und Realisten seit nunmehr 30 Jahren – tatsächlich noch plein air malt, ist ein feiner, lieblicher, der an Alte Meister erinnert. Er hat nicht die Wucht eines Christopher Lehmpfuhls oder das Mystische eines Jochen Heins, auch sucht man bei ihm die düster-diesige Atmosphäre eines Lars Möller vergeblich.
Nach dem Besuch im Museum ist das Klostercafé Pflicht
Das liegt natürlich auch an seinen Motiven: Alsterlauf, Geltinger Birk, Blumen- und Obstarrangements sind ästhetisch überhöhte Abbilder unserer Umwelt. Wie zum Beweis stehen in der aktuellen Ausstellung eine Keramikkanne mit Apfelsine vor einem Stillleben mit Keramikkanne und Apfelsine. Die Bilder fügen sich gut in die von Rundbögen überspannten Räume der ehemaligen Amtmannwohnung und in den Kuppelsaal. Wer Harmonie im Außen sucht, wird hier ganz sicher fündig.
Nach der Ausstellung oder auch einem der vielen Kreativ-Workshops im Klosteratelier ist ein Besuch im Klostercafé mit angeschlossenem Garten quasi Pflicht. Hier werden Kuchen und Torten aus eigener Herstellung sowie Suppen und Eintöpfe serviert. Zum nächstgelegenen Klosterseer Strand sind es etwa 15 Minuten Autofahrt. Auf dem Weg dorthin passiert man den Hof Klostersee, wo man Kühe, Schweine und Hühner besichtigen und sich mit feinen Biolebensmitteln eindecken kann. Außerdem gibt es Eis, Kaffee, Kuchen und kleine salzige Snacks auf der kleinen Terrasse.
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Auch die Künstler-Werkstatt ist empfehlenswert
Wer lieber im Ort bleiben möchte, dem sei ein Abstecher in die Werkstatt des Künstlers Jan Kollwitz ans Herz gelegt. Sie liegt in der Bäderstraße 23 und ist fußläufig vom Kloster Cismar zu erreichen. Der Urenkel der Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz (1867-1945) brennt in einem riesigen japanischen Anagama-Ofen seine schlichten wie fantasievollen Skulpturen aus Keramik. Wer ihm bei der Arbeit zusieht und seinen Geschichten zuhört, versteht, was das Wort Zen bedeutet. Die Ausstellung ist ganzjährig geöffnet, für Atelierbesuche müssen sich Besucherinnen und Besucher vorher anmelden (www.jankollwitz.de).
Parallel zur Klosterschau zeigt die Hamburger Buchhandlung Felix Jud übrigens ebenfalls eine Geburtstagsschau: Die Ausstellung „Innen und Außen“ mit neuen Landschaften, Stillleben und Interieurs von Warwas läuft bis zum 30. Juli am Neuen Wall 13. Inhaberin Marina Krauth zeigte zuvor Werke des Künstlers unter dem Titel „Am Wasser“. Ein schöner Appetizer, bevor es an die Ostsee geht.