Hamburg. Die Schauspielstars diskutierten beim Hamburger Theater Festival im St. Pauli Theater über Gerechtigkeit, Film und Wirkung von Musik.
Vor gut 15 Jahren standen Nina Hoss und Burghart Klaußner gemeinsam für Christian Petzolds ausgezeichnetes Kinodrama „Yella“ vor der Filmkamera. Nur ein Anlass für das Hamburger Theater Festival, zwei der hierzulande bekanntesten Schauspielpersönlichkeiten zum Gespräch zu bitten. Zumal beide auch auf deutschen Bühnen ihre Meriten erworben haben. Und so nahmen Hoss und Klaußner vor der Kulisse des Dramas „Heilig Abend“ im St. Pauli Theater auf zwei kleinen Sesseln Platz. „Zündstoffe“, sichtbar an einem senkrecht angebrachten Banner, nannte der Veranstalter das Format dieser Wiederbegegnung. Brisant war sie kaum, interessant dennoch.
St. Pauli Theater: Nina Hoss und Burghart Klaußner im Gespräch
„Nina Hoss im Gespräch mit Burghart Klaußner“ lautete der Titel des Abends, aber mangels Moderator führte der Wahlhamburger und im St. Pauli Theater gut bekannte Klaußner mehr oder minder das Wort. „Ich komm’ mir schon vor wie ein Talkmaster“, erschrak der 72-Jährige nach einer Weile beinah, doch je länger das Gespräch dauerte, desto mehr Wechselwirkung ergab sich. Ausgehend von Nina Hoss’ politisch-künstlerischem Elternhaus – ihr Vater Willi Hoss war Gewerkschafter und Mitbegründer der Grünen, ihre Mutter Heidemarie Rohweder Schauspielerin am Stuttgarter Staatstheater und später Intendantin – reflektierten beide über Gerechtigkeit.
„Bei diesem Thema wurde ich von meinem Vater geprägt“, sagte die Mittvierzigerin. „Die Stolz des Stärkeren ist es, sich um die Schwächeren zu kümmern“, entgegnete Klaußner, im Vorjahr mit dem Bundesverdienstkreuz und einige Jahre zuvor für die Titelrolle in „Der Staat gegen Fritz Bauer“ mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet.
Nina Hoss und Burghart Klaußner im St. Pauli Theater
Nina Hoss, als von der Stasi bedrohte DDR-Kinderärztin Barbara in Petzolds gleichnamigen preisgekrönten Film bei der Berlinale 2012 erneut geehrt, bekannte, nach ihrem Wechsel an die Berliner Schaubühne 2019 das Theater etwas vernachlässigt zu haben. Die von ihr mit persönlichen Erfahrungen und Gedanken angereicherte „Rückkehr nach Reims“ hatte Klaußner als „Dokumentar-Theater“ dennoch beeindruckt. In Filmdrehbüchern stecke meist nicht so viel wie etwa in Stücken oder Romanen, so Klaußner. Ausnahme: Michael Hanekes Cannes-Erfolg „Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte“, in dem er einen Pastor spielte.
Einig waren sich die Schauspiel-Enthusiasten über die befreiende, Gemeinsamkeit stiftende Wirkung der Musik. Beide, so stellten sie fest, seien durch ihre Großmütter zum Singen gekommen. Als Hoss mit den Manic Street Preachers 2014 den Song „Europa geht durch mich auf“ aufgenommen hatte, trat sie mit der britischen Band sogar beim Glastonbury Festival vor 40.000 Menschen auf – für sie unvergesslich und einmalig.
Klaußner hingegen gibt regelmäßig seinen Liederabend „Klaussner! – Die musikalische Reisegaststätte der bedenkenlosen Art“. „Ich habe auch ein Gastwirts-Gen“, sagte der Sohn eines Berliner Gastronomen lachend. „Ich schenke gern ein!“ Auch für diese Gabe dankte ihm und seiner Kollegin das Publikum applaudierend nach gut 80 Minuten Gedankenaustausch.