Hamburg. Das diesjährige Programm soll durch Blicke in die Vergangenheit und die Zukunft zum Diskutieren anregen. Über die Veranstaltungen.

Ausstellungen, die uns die Zukunft weisen, uns stark machen – auch gegen Widerstände. Die uns unsere Vergangenheit und unsere Werte immer wieder aufs Neue bewusst machen. Nichts weniger als das haben sich die Kuratorenteams der historischen Museen Hamburg für dieses Jahr auf die Fahnen geschrieben und ein Programm entwickelt, das Diskussionsstoff liefern und zugleich Konsens durch gemeinschaftliches Mitdenken und Mitmachen stiften dürfte.

„So gelingt es, eine breite Vielfalt von Themen aus verschiedenen Zeiten an den Start zu bringen und zugleich spannende Aspekte unserer seit Langem von Diversität geprägten Gesellschaft in den Blick zu rücken“, sagt Stiftungsvorstand Hans-Jörg Czech dazu.

Ausstellungen Hamburg: Sonderausstellung im Februar

Über allem thront das Museum für Hamburgische Geschichte (MHG): Deutschlands größtes Museum für Stadtgeschichte feiert in diesem Jahr 100. Jubiläum. Und lässt sich, wie es sich in diesem Alter geziemt, eine aufwendige Verjüngungskur verpassen – innen wie außen. Aber vor allem innen, weswegen große Teile der Dauerausstellung ab 2023 erst einmal geschlossen werden. Doch zunächst einmal wird ordentlich gefeiert: etwa mit eintrittsfreien „Langen Donnerstagabenden“ ab Februar.

Dann startet auch die erste Sonderausstellung in diesem Jahr: „Wir sind von hier. Türkisch-deutsches Leben 1990. Fotografien von Ergun Çağatay“ (ab 4. Februar). Der Istanbuler Fotograf Ergun Çağatay (1937-2018) schuf mit seinen Reportagen aus Hamburg, Köln, Werl, Berlin und Duisburg die umfangreichste Bildreportage zur türkischen Einwanderung in Deutschland. Es entstanden Tausende Aufnahmen aus der Arbeitswelt, aber auch aus dem Gemeinschafts- und Privatleben der ersten und zweiten Generation der sogenannten Gastarbeiter, von denen viele blieben und die deutsche Staatsbürgerschaft annahmen.

Bürgerfest und zwei Sonderausstellungen

Zum Festwochenende am 13. und 14. August plant die Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) ein großes Bürgerfest. Außerdem eröffnen zwei Sonderausstellungen, die sich mit der Entwicklung und dem Bild der Stadt auseinandersetzen: Graffiti-Künstler um Mirko Reisser (alias DAIM) zeigen in „Eine Stadt wird bunt“, wie Hamburg durch Graffiti, Hip-Hop und die wachsende Diversität in den 1980er- und 1990er-Jahren geprägt wurde.

Unter dem Titel „Inspiration Geschichte“ wird die II. Biennale der Arbeitsgemeinschaft des Kunsthandwerks (AdK) und der Gedok stattfinden. Im Rahmen der 8. Triennale der Photographie zeigt das MHG ab 20. Mai „Macht Mittel Geld. Image as Currency? Currency as Image!”, eine tänzerische Auseinandersetzung mit den sogenannten „Kolonialmünzen“ aus der Sammlung des Museums, die fotografisch festgehalten werden soll.

World Press Photo-Ausstellung bei Gruner + Jahr zu Gast

Noch bis zum 31. Mai sind unter dem Titel „Kunst. Stube. Bauern. Raum“ zwölf künstlerische Interventionen in den historischen Bauernstuben des Altonaer Museum zu erleben. Bis zum 18. Juli laufen die Ausstellungen „Close-up! Hamburger Film- und Kinogeschichten“ sowie „Trickkiste und Wolkentheater“. Vom 21. September bis 27. Oktober ist erstmalig die World Press Photo-Ausstellung vom Verlagshaus Gruner + Jahr in Altona zu Gast, die den besten Fotojournalismus des vergangenen Jahres zeigt. Der jährliche World Press Photo Award zeichnet seit 1955 professionelle Fotografinnen und Fotografen für die besten Pressefotos aus, die als Einzelmotive oder Bildserien präsentiert werden.

Speziell für Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren wurde die Schau „Von hier nach dort. Unterwegs mit Navi und Kompass!“ (ab 12. Oktober) entwickelt. Anhand von Fragen wie „Wo bin ich?“, „Wo ist mein Ziel?“, „Wie komme ich zum Ziel?“ und „Wie beschreibe ich den Weg dorthin?“ wird das Prinzips des Navigierens erklärt und ausprobiert. Ein mittelalterlicher Steuermann, eine Astronautin, ein Storch und eine Weltumseglerin begleiten die jungen Besucherinnen und Besucher durch die Ausstellung.

Jubiläum im Museum der Arbeit

Im Museum der Arbeit wird in diesem Jahr ebenfalls ein Jubiläum gefeiert: 25 Jahre sind seit Eröffnung der ersten Dauerausstellung vergangen. Noch bis zum 8. Mai ist in Barmbek die großartige Sonderausstellung „Konflikte“ zu besuchen. Anschließend geht es kontrovers weiter: Als Triennale-Beitrag zeigt das Haus am Wiesendamm ab 20. Mai „Streik. Zur Ikonografie des Protestes“.

Streik am Werkstor von Ford in Köln-Niehl, 1973.
Streik am Werkstor von Ford in Köln-Niehl, 1973. © SHMH/Gernot Huber | SHMH/Gernot Huber

Im Fokus stehen die Akteure vergangener Streiks sowie deren Erfahrungen, etwa beim Zechensterben in den 1960er- Jahren, rund um die Stahlkrise ab den 1980er-Jahren im Ruhrgebiet (Besetzung Rheinhausen) oder während der Werftenkrise in Hamburg (HDW-Besetzung), aber auch auf international aufsehenerregende Aktionen gehen die Ausstellungsmacher ein.

Ausstellung in Kooperation mit der Universität Hamburg

Eine spannende Reise verspricht die Ausstellung „Wie alles begann. Von Galaxien, Quarks und Kollisionen“ ab 26. Oktober im Museum der Arbeit. In dem aufwendigen Kooperationsprojekt von Universität Hamburg, DESY und dem Exzellenzcluster Quantum Universe geht es 13 Milliarden Jahre zurück zum vermeintlichen Ursprung des Universums, wobei die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Bereichen der Teilchenphysik, der Astroteilchenphysik und der Kosmologie anschaulich erklärt werden.

„Von Galaxien, Quarks und Kollisionen“ im Museum der Arbeit.
„Von Galaxien, Quarks und Kollisionen“ im Museum der Arbeit. © Unbekannt | SHMH/Alexa Seewald

Seit jeher versucht die Menschheit Antworten auf Fragen wie „Wo kommen wir her, wo gehen wir hin?“ und „Woraus besteht das Weltall?“ zu finden. Diese Ausstellung wird uns den Antworten vermutlich ein Stückchen näher bringen. Auch Künstlerinnen und Künstler versuchen, das Mysterium zu begreifen; zeitgenössische Werke runden die Schau ab.

„Gesamtkunstwerke“ bis zum 18. April im Jenisch Haus

Wie der dänische Stararchitekt und Designer Arne Jacobsen und sein ebenso genialer Partner Otto Weidling in Deutschland wirkten, zeigt noch bis zum 18. April die Ausstellung „Gesamtkunstwerke“ im Jenisch Haus. Anschließend wird dort mit „Chiffren einer Stadt“ der dritte Beitrag der historischen Museen zur Triennale der Photographie gezeigt: Ab 20. Mai ist der Hamburger Fotograf Hans Meyer-Veden (1931-2018) mit seiner ganz speziellen Sicht auf seine Heimat zu entdecken.

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Ob er die kleinen Gassen von Altona, die Hafenanlagen, die Architektur von Speicherstadt und Kontorhausviertel oder die Elbe in verschiedenen Lichtsituationen abbildete – stets scheinen seine Szenerien menschenleer und doch nicht verlassen. Anders als viele Vertreter der sogenannten Street Photography rückte er nicht die Menschen in den Fokus seiner Aufnahmen. Meyer-Vedens Ästhetik zielte vielmehr auf eine „auf das Ganze gerichtete Beobachtung“, mit der er der Großstadt begegnete.

Weitere Infos: www.shmh.de