Hamburg. Hamburger können nach dem dritten Lockdown ab dem 17. Mai wieder Museen besuchen. Was die Kulturschaffenden darüber denken.

Über Wochen dachte man, in Sachen Kultur werde lange nichts gehen in Hamburg. Doch dann kam am vergangenen Freitag die überraschende Wende: Wenn alles weiter so gut läuft (sinkende Infektionszahlen, die leicht entspannte Situation in der Intensivmedizin), werden Museen, Ausstellungshäuser, Gedenkstätten und Bibliotheken am 17. Mai wieder öffnen, verkündete der Senat. Große Freude – bereits zum dritten Mal.

Denn in diesem Jahr hatte es schon einmal eine für die meisten Beteiligten sprunghafte Entscheidung in Richtung Öffnung gegeben. Am 12. März durften die Museen nach mehrmonatigem zweiten Lockdown ihre Türen öffnen. Direktorinnen und Direktoren und ihrem Personal hatte das, bei aller Euphorie, vor allem einen extrem hohen Arbeitsaufwand beschert: Mitarbeiter mussten aus der Kurzarbeit geholt werden und in das neue Abstands- und Hygienekonzept eingewiesen sowie mit den neuen Ausstellungen vertraut gemacht werden. Der gesamte Betrieb musste innerhalb weniger Tage von null auf 100 hochgefahren werden.

Hamburgs Kultur wünschte sich „tragbare Strategie"

Und dann war nach einer Woche auch schon alles wieder vorbei. Die Ausstellungshäuser mussten wegen steigender Inzidenz wieder dichtmachen. Was für die einen ein wichtiges Signal dafür war, dass Kultur eben doch wieder möglich ist, hatte bei anderen für Unmut gesorgt, etwa bei MARKK-Direktorin Barbara Plankensteiner: „Wir haben unter übermäßigem Engagement des Teams trotz der widrigen Bedingungen wunderbare Projekte fertiggestellt, die nun leider nicht zugänglich sind.“

Für die Zukunft wünschte sie sich, ebenso wie Kollegin Tulga Beyerle vom Museum für Kunst und Gewerbe, „eine tragbare Strategie“. Zusammen mit anderen Kulturschaffenden hatten sie sich an einem Brief an Kultursenator Carsten Brosda (SPD) beteiligt mit dem Vorschlag, sich anzusehen, „wie eine gute Kombination aus Teststrategie und andauernder Impfstrategie logischerweise ineinandergreifen kann“, so Tulga Beyerle im Deutschlandfunk.

Hamburger Museen in Kontakt mit Kulturbehörde

Das hat offenbar gefruchtet. Wie jetzt alles geordneter ablaufen kann, darüber wollen sich die Museumschefs mit der Kulturbehörde in den kommenden Tagen austauschen. Hygienevorgaben, Testpflicht, (digitale) Kontaktnachverfolgung und flächenbezogene Personenzahlbegrenzung als Teil des Einlassmanagements – es gibt viel Abstimmungsbedarf.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Zum Beispiel darüber, ob die Auskunft über einen negativen Selbsttest, den man vorher zu Hause gemacht hat, ausreicht, oder es ein zertifizierter Schnelltest sein muss. Oder ob die Museen vor Ort selbst ins Testen involviert sein werden. Ob die Datenregistrierung wie im März über das Online-Buchungssystem oder über eine spezielle App wie in Schleswig-Holstein ablaufen soll.

Großes Interesse von Hamburgern

„Ich bin sehr froh, dass wir den Hamburgerinnen und Hamburgern nun wieder eine Perspektive bieten und erste Öffnungsschritte in der Kultur gehen können“, sagt Carsten Brosda. Das überwältigend große Interesse der Besucherinnen und Besucher während der Öffnung der Museen im März habe ganz deutlich gezeigt, wie groß das Bedürfnis nach Kulturerlebnissen ist. Gleichzeitig dankte er den Kultureinrichtungen, die die „notwendigen Maßnahmen immer mitgetragen und unter großer Kraftanstrengung alles weiter am Laufen gehalten haben, um startklar zu sein, sobald es wieder losgehen kann“.

Ein Paar tanzt am Samstag (31.08.2019) zwischen der Galerie der Gegenwart und der Hamburger Kunsthalle Tango Foto: Roland Magunia/Funke Foto Services
Ein Paar tanzt am Samstag (31.08.2019) zwischen der Galerie der Gegenwart und der Hamburger Kunsthalle Tango Foto: Roland Magunia/Funke Foto Services © Roland Magunia / Funke Foto Services | Roland Magunia

Die Ausgangslage sei dieses Mal besser als im März, weil die Infektionszahlen sinken und sich die Lage mit dem Fortschritt der Impfkampagne langsam stabilisiert. Das macht die Öffnungsschritte möglich. „Bei der Öffnung behalten wir den vorsichtigen Kurs bei, der Hamburg bislang gut durch die Pandemie gebracht hat, um einen Jo-Jo-Effekt zu vermeiden. Meine Hoffnung ist, dass Kunst und Kultur dann Schritt für Schritt wieder mehr Platz in unserem Alltag finden.“

Kurzöffnung im März als Generalprobe

Auch Hans-Jörg Czech, Vorstand der Historischen Museen Hamburg (SHMH), ist sicher, „dass wir vor dem Hintergrund der sehr guten Erfahrungen bei den letzten Öffnungen der Museen auch dieses Mal wieder ein Prozedere vereinbaren können, das allen Besucherinnen und Besuchern einen komplikationsfreien und sicheren Museumsaufenthalt ermöglicht“. Czech war schon 2020 mit dem Masterplan betraut, mit dem die Museen und Ausstellungshäuser als erste kulturelle Einrichtungen nach dem ersten Lockdown im Frühjahr wiedereröffnen durften.

Die Galerien dürfen erst im zweiten Schritt öffnen
Hamburgs Galeristinnen und Galeristen müssen sich noch etwas gedulden, sie dürfen nicht zeitgleich mit den Museen am 17. Mai für Publikumsverkehr öffnen. Galerien zählen zum Einzelhandel. Dieser wird voraussichtlich im zweiten Schritt, der frühestens zehn bis 14 Tage nach dem ersten Lockerungsschritt vom Hamburger Senat vorgenommen wird, ihren Betrieb wieder aufnehmen. Das bedeutet, dass Galerien ab Ende Mai wieder Besucher empfangen dürfen, sollte sich das Infektionsgeschehen weiterhin dementsprechend entwickeln.Voraussetzung für einen Galeriebesuch ist dann, wie bei einem Museumsbesuch, dass Besucherinnen und Besucher einen tagesaktuellen negativen Test vorweisen können. Außerdem ist die (digitale) Kontaktnachverfolgung ebenso wie die Personenzahlbegrenzung, die sich an der Ausstellungsfläche orientiert, vonseiten der Galeriebesitzer zu gewährleisten. Die Abstands- und Hygieneregeln müssen nach wie vor eingehalten werden, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in den Innenräumen ist Pflicht.Die meisten Galerien haben trotz geschlossener Türen ihre aktuellen Ausstellungen aufgebaut, um weiterhin sichtbar zu sein, aber auch um die beantragten Fördergelder weiterhin zu erhalten. Um die Schließzeit zu überbrücken, haben Galeristen Schaufensterausstellungen entwickelt und ihre Angebote ins Netz gestellt, zum Beispiel Filme über die Künstlerinnen und Künstler. In manchen Häusern können die Ausstellungen virtuell erlebt werden oder es kann mit Galeristen gechattet werden.

Aus heutiger Sicht kann man die Kurzöffnung der Ausstellungshäuser im März also als eine Generalprobe dafür sehen, dass eine langfristiger angelegte Öffnung unter der Berücksichtigung aller Vorschriften jetzt gut gelingen kann. So hat man etwa die Erfahrung gemacht, dass das Online-Buchungssystem gut funktioniert und das Publikum sich diszipliniert an die Abstands- und Hygieneregeln hält.

Öffnung von Hamburgs Kultur als „Signal des Aufbruchs"

Andreas Hoffmann, Geschäftsführer des privat betriebenen Bucerius Kunst Forums, wertet die Aussicht, dass die Museen und Ausstellungshäuser in Hamburg ab dem kommenden Montag wieder öffnen können, als „ein ausgesprochen positives Signal des Aufbruchs. Ich hoffe, es ist der Auftakt zu einem großen Kunst- und Kultursommer in Hamburg, wie Carsten Brosda ihn ausgerufen hat.“