Hamburg. Englischer Musiker begeistert mit neuem Album “Fool“ in der ausverkauften Fabrik in Altona. Inklusive sanfter Gesellschaftskritik.

Ein Schweinwerfer taucht das Schlagzeug in rötliches Licht. Nur der gleichförmige Beat von Doug Yowell ist zu hören. Dann kommen auch Joe Jackson und die beiden anderen Musiker seiner Band auf die Bühne der Fabrik.

Sehr verhalten, fast wie Lounge Music, beginnt das Konzert des britischen Sängers und Pianisten mit dem Song „ Alchemy“. Doch plötzlich explodiert das Quartett und wechselt ansatzlos in einen schnellen mitreißenden Rhythmus. „One More Time“ heißt die Nummer. Sie hat schon 40 Jahre auf dem Buckel, denn sie findet sich auf Joe Jackson Debütalbum „Look Sharp!“

Joe Jackson – gerade Songs mit melodischer Akkuratess

"Seit 40 Jahren läuft meine Karriere und das möchte ich auf dieser Tournee feiern“, sagt Jackson und fügt scherzhaft hinzu: „Mit ,Alchemy’ haben wir begonnen und darum geht es heute Abend: Wir spielen ein bisschen Mist und verwandeln den dann in Magie.“

Der Satz klingt wie die Ankündigung eines psychedelischen Konzerts mit wabernden Lichteffekten und verschnörkelten Stücken, doch Joe Jacksons Songs basieren auf geraden Songs, die mit melodischer Akkuratesse und akzentuiertem Rhythmus gespielt werden. Wie „Is She Really Going Out With Him“, ebenfalls ein früher Hit von „Look Sharp!“, der sich anschließt.

"Four Decade"-Tour

„Four Decade“ hat Joe Jackson die aktuelle Tour genannt. Außer „Look Sharp!“ und dem aktuellen Album „Fool“ gehören „Night And Day“ (1982), „Laughter & Lust“ (1991) und „Rain“ (2008) zu den Werken, die besonders im Fokus stehen. Mit Bassist Graham Maby ist zudem ein Musiker dabei, der Jackson seit Beginn seiner Karriere immer wieder begleitet hat.

Aktueller Gitarrist ist Teddy Kumpel. Geschickt variiert der Keyboarder und Sänger die Songs aus den verschiedenen Phasen seines Schaffens, zum Ende des zweistündigen Konzerts nimmt die Intensität mit Nummern wie „Sunday Papers“ und „I’m The Man“ noch einmal zu. Die Band und ihr Chef harmonieren aus dem Effeff, jeder Rhythmuswechsel sitzt, das Quartett macht den Eindruck, als würde es schon Jahrzehnte miteinander musizieren.

Komplexe Kompositionen

Jacksons Kompositionen bedürfen jedoch auch dieser Klasse, weil sie bei allem zupackendem Tempo sehr komplex und ausgeklügelt geschrieben sind. Obwohl er Aberdutzende von Songs geschrieben hat, erweist Joe Jackson zwei Bands seine Hochachtung, weil sie ihn in seinem Schaffen maßgeblich beeinflusst haben. Er covert „Rain“ von den Beatles und „King Of The World“ von Steely Dan.

Eigentlich hätte auch noch ein Song der Kinks gut in dieses Programm gepasst, dann ähnlich wie Kinks-Sänger Ray Davies gehört auch Joe Jackson zu den Textern, die immer einen scharfen, oft auch satirischen Blick auf die Gesellschaft geworfen haben. Einen Song zum Brexit hat Joe Jackson nicht geschrieben, aber sein aktuelles Album heißt „Fool“. „Narren haben mich schon immer sehr interessiert“, hat er gerade in einem Interview geäußert, ein Blick ins englische Parlament dürfte ihm so manches Vorbild liefern.

Begeistertes Publikum

Bevor er das Konzert mit einer Wiederholung von „Alchemy“ beendet und den musikalischen Zirkel schließt, spielt er als Zugabe das jazzige „Steppin’ Out“, 1982 ein gefeierter Hit, und das zackige „ Got The Time“ von „Look Sharp!“. Das Publikum in der seit Wochen ausverkauften Fabrik ist begeistert. Auch am Merchandising-Stand stehen nach Konzertende Dutzende von Fans – immer ein sicheres Indiz für die Qualität eines Künstlers.