Hamburg. Das Theater ist in der Lage, den Witz der aus der Feder von Saša Stanišić stammenden Vorlage zu steigern. Mit Spin ins Absurde.
Die Uckermark lag diesmal in Altona. In der Gaußstraße auf der Nebenbühne des Thalia Theaters, das sich des Romans „Vor dem Fest“ annahm. Also eines Stoffes, der zwar manch theatralisches Signal aussendet, aber aufgrund der Vielzahl an Episoden und Geschichten, die er versammelt, und der unbedingt epischen Tiefe nicht zwangsläufig Bühneneignung verspricht.
Aber spätestens, als die menschlichen Glocken über den brandenburgischen Tümpel (Bühnenbild und Kostüme: Aleksandra Pavlović) schwebten, der das Zentrum auch der Bühnenadaption darstellt, war klar: Das Theater ist allemal in der Lage, den Witz der aus der Feder von Saša Stanišić stammenden Vorlage zu steigern.
Spin ins Absurde
In der Inszenierung von Charlotte Sprenger hatte indes das Nebeneinander der Stimmungen, die in der Dorfgemeinschaft des fiktiven Ortes Fürstenfelde herrschen, am Ende Vorrang vor der Brachialkomik. Der Dramaturg Matthias Günther gab dem Stoff einen herrlichen Spin ins Absurde, ohne das Grundthema zu vergessen: das Ausbluten der Provinz, in der sich durch die oral history der Dagebliebenen Lokalgeschichte trotzig fortschreibt.
Der chorische Erzähler der Dorfgemeinschaft ist in der Adaption natürlich der klassische Theaterchor, der Fürstenfelde, seine Bewohner und Geschichten besingt: die Macht der Gemeinschaft, die auf Lokalstolz nicht verzichten kann. Das überzeugende Ensemble (Marie Löcker, Merlin Sandmeyer, Birte Schnöink, André Szymanski, Oda Thormeyer und Tilo Werner) brillierte gesangstechnisch und gab der kargen Bühne, die die Ödnis des Dorfes widerspiegelte, eine spielerische Fülle. Viele dramaturgische Ideen und ein auf das märchenhafte Gepräge des Stoffes zielender Ton ergaben einen gelungenen Theaterabend, der nur manchmal zerfaserte. „Schön bei uns, aber nicht so schön wie woanders“, sagt eine der Figuren einmal. Als Kommentar zum Run auf die Städte taugte diese Sentenz allemal.