Hamburg. In Sönke Wortmanns Satirefilm wird das Lehrerzimmer zum Schlachtfeld. Die Realsatire läuft in ausgewählten Kinos in Hamburg.

Das Lehrerzimmer: Das ist der blinde Fleck aus jedermanns Schulzeit. Die einzige Zone, die einem als Schüler verwehrt war, von ein paar Botengängen abgesehen. Oder ein paar Streichen, die man sich meist erst zu Abschlusszeiten traute. Ein Refugium der Lehrkörper vor ihren omnipräsenten Schutzbefohlenen. Aber auch dort geht es nicht immer ruhig zu, wie man im neuen Film von Sönke Wortmann genüsslich studieren kann. Denn auch ohne Schüler prallen da verschiedene Generationen und Berufsverständnisse aufeinander. Und nicht selten – Lehrer sind ja auch nur Menschen – auch Temperamente, Launen und steinerne Herzen.

So beginnt „Eingeschlossene Gesellschaft“: Jeder Lehrer sitzt auf seinem Platz, Kommunikation findet kaum statt. Das Kollegium ist keine Wahl-, sondern Zweck- und Qualgemeinschaft. So macht sich der eitle Sportlehrer (Florian David Fitz) über den nerdigen Chemielehrer (Torben Kessler) lustig und flirtet mit der übereifrigen Referendarin (Nilam Farooq), während die Dienstältesten, der steife Schülerschreck (Anke Engelke) und der blasierte Oberstudienrat (Justus von Dohnányi), das lakonisch kommentieren. Das Lehrer- ist wie ein Klassenzimmer: ein Hort des Unfriedens und der Späße auf Kosten anderer, von Gemeinschaft keine Spur.

Neuer Satirefilm: Wortmanns zweiter Schulfilm

Doch dann stürmt, Freitagmittag, kurz vorm Wochenende, ein aufgebrachter Vater (Tobias Merten) herein, dessen Sohn nicht versetzt werden soll wegen eines fehlenden Punkts. Der Vater hat eine Knarre in der Hand. Und schließt die Lehrer in ihrem Zimmer ein. Damit sie darüber nachdenken, ob sein Sohn nicht noch eine Chance verdient hat.

Das ist der Auftakt zu einem „Huis Clos“, einer geschlossenen Gesellschaft wie in Sartres gleichnamigem Stück. Und es weckt natürlich Assoziationen zu Sönke Wortmanns anderem großen Schulfilm: „Frau Müller muss weg“ von 2016. Damals haben sich aufgebrachte Eltern auf einem Elternabend gegen eine Lehrkraft verschworen, damals waren Engelke und Dohnányi noch die Chef-Aufwiegler.

Das Lehrerzimmer wird zum Schlachtfeld

„Eingeschlossene Gesellschaft“ sieht sich wie eine Spiegelung darauf an. Selber Ausgangspunkt: ein einziges Zimmer. Verkehrtes Kräfteverhältnis zwischen Lehrer und Eltern. Und wieder ein Aufeinanderprall von Egos und Arroganz. Ein Geschenk für alle Schauspieler. Und das Lehrerzimmer wird zum Schlachtfeld.

Der Gegenentwurf ist so klar, dass man glauben könnte, Erfolgsregisseur Wortmann habe da selbst eine Art Fortsetzung geschrieben. Doch schon „Frau Müller“ basierte auf einem Theaterstück aus fremder Feder und der neue Film auf einem Hörspiel von Jan Weiler, der wiederum von einer Reportage des „Pubertier“-Autors bei seinen ehemaligen Lehrern im Lehrerzimmer inspiriert war.

Erfolgsregisseur zeigt Satire vom Feinsten

Auch wenn Sprüche wie der von Anke Engelke („Ich hasse die Jugend nicht, ich kann sie nur nicht leiden“) klare Pointen sind, sollen sie genauso unter den Pädagogen gefallen sein. Realsatire, nur ein kleines bisschen überhöht.

Und sosehr man auch unter solch verdrießlichen Lehrern und frustrierten, elitären Machtmenschen gelitten hat, so viel Spaß macht es, im Kino über sie lachen zu können. Wie sich jeder über die anderen erhaben fühlt und gegenseitig bloßstellt, wie sie aber alle eklatante Fehler gemacht haben, die nach und nach herauskommen.

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Neuer Satirefilm „pädagogisch wertvoll"

Einige wenige Szenen draußen zeigen eine laxe Polizeidienststelle, die einen Notruf erst nicht ernst nimmt und dann mit ganz großem Besteck anrückt. Und zu alldem brennt im Chemielabor ein Bunsenbrenner, der dringend abgestellt werden müsste, damit es nicht zur Explosion kommt.

Ein Knaller ist die Komödie in jedem Fall. Prädikat: pädagogisch wertvoll. Fehlt nur noch ein dritter Film, der dann die ins Zentrum rückt, über die bisher nur geredet wurde: die Schüler. Das sollte das nächste Klassenziel von Herrn Wortmann sein.

„Eingeschlossene Gesellschaft“ läuft in den Cinemaxx-Kinos, den UCI-Kinos, in der Koralle, der Passage und der Astor Film Lounge, im Abaton, Elbe, Holi und im Zeise.