Hamburg. Die am Freitag erscheinende Single „Mittendrin“ ist der Auftakt in ein Panik-Jahr mit großen Jubiläen. Ein weiterer Hut-Sänger half mit.
„Selbst die dunkelste Stunde hat nur 60 Minuten“: Auch Pessimisten müssen zugeben, dass in diesem Satz sehr viel Wahrheit steckt. Ein Satz, der vom vielleicht unerschütterlichsten Optimisten der Stadt kommt. Einer, der mehrfach wie Phönix aus der Flasche auferstanden ist, und der schon vor Jahren sang: „Ich trag’ dich durch die schweren Zeiten“: Udo Lindenberg.
An diesem Freitag stellt er mit „Mittendrin“ ein neues Lied vor, das wieder die Hand ausstreckt, um gemeinsam durch dunkle Stunden zu gehen. „Wir starten wieder durch, das war genug Entbehrung“, gibt Udo das Signal für den Aufbruch. In Zeiten wie diesen, wo von Künstlerinnen und Künstlern jeder Satz, jede Songzeile und jeder Facebook-Beitrag von drei Seiten beleuchtet wird, gibt es jetzt neues Futter. Dabei meldet sich der Panik-Präsident nur zurück „mittendrin im auge des orkans, des hurricanes. da wo es gaaanz cool ist und der udonaut relaxt und seine power nachladen kann, bevor er wieder rausspringt in den rock’n’roll-wirbelsturm, in die volle action (muss ja demnext mal wieder losgehn)“ wie Udo auf Facebook schreibt. „Malen uns wie Likörelle die dunkle Welt wieder bunt.“
1971 erschien Udos erstes Album „Lindenberg“
Mit „Mittendrin“ läutet Udo sein besonderes Jubiläumsjahr ein, zusammen mit Johannes Oerding übrigens, der an diesem Lied mitschrieb und half, es unter zwei Hüte zu kriegen. Am 17. Mai wird Udo 75 Jahre alt, aber tatsächlich wird er gar nicht so gern daran erinnert, auch wenn er schreibt: „grow old, stay trotzdem good looking and even more famous.“ Vor 50 Jahren hingegen, und das ist eine größere Leistung als das Einfach-nur-Älterwerden (okay, es war knapp bei Udo manchmal), erschien Udos erstes Album „Lindenberg“. Kein Knaller im Vergleich zu seinem Durchbruch zwei Jahre später mit „Alles klar auf der Andrea Doria“, aber ein erstes Ausrufezeichen. Und der Start einer Musikfigur, die einen sehr langen Weg ging und 40 Jahre brauchte, um die deutschen Stadien zu füllen. Langer Atem.
Das wird am 14. Mai gefeiert mit „Udopium – Das Beste“. Es ist eine Werkschau zurück – und voraus – auf 50 Jahre Udo Lindenberg. Fünf Jahrzehnte Eldorado mit Schrittmachern deutschsprachiger Rockmusik. Gefühle, Exzesse, Krisen und Erfolge und die zeitlichen Umstände von Rechtsradikalismus, DDR-Regime und Eiserner Vorhang, Mauerfall und Klimaschutz sind so auch 50 Jahre Geschichte der mal grauen, mal bunten Bundesrepublik.
2008 begann Udos großes Comeback, das ihn in die Stadien führte
„Udopium“ ist natürlich nicht der erste Rückblick des Künstlers. So erschien bereits 1999 die Songsammlung „30 Jahre Udo Lindenberg“ oder 2018 die 20-CD-Box „Das Vermächtnis der Nachtigall“ mit dem kompletten Lied-Archiv aus Udos Polydor-Ära der Jahre 1983 bis 1998. Aber für nicht wenige Fans begann Udos stärkste Phase 2008, 16 Jahre nach seinem – hahaha – „Echo“ für sein Lebenswerk: Das Comeback-Album „Stark wie zwei“ 2008 und der Nachfolger „Stärker als die Zeit“ 2016 wurden seine ersten Nummer-Eins-Platten. Ebenfalls ganz oben an der Spitze landeten seine beiden in Hamburg aufgenommenen „MTV Unplugged“-Livealben 2011 und 2018.
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Im Hotel Atlantic brennt noch Licht, und so gibt es auf „Udopia“ nicht nur „Mittendrin“, sondern noch drei weitere neue Lieder zu hören. Der Exzessor hat also wieder einiges ausgeheckt, sein Panikorchester zusammengetrommelt und sein Telefonbuch gezückt. „Für jeden deutschsprachigen Songwriter ist es ein Ritterschlag, mit Udo zu arbeiten“, sagt Johannes Oerding, „schließlich war er der Auslöser, das Fundament und der Wegbereiter für eine neue deutsche Songsprache. Udo Lindenberg ist für mich und viele Künstlerinnen und Künstler der letzten Jahrzehnte und bis heute eine große Inspiration – aber nicht nur wegen seiner Arbeit im Studio, auf Platten oder auf der Bühne, sondern ganz besonders aufgrund seiner Haltung, seiner Botschaft und seines Mutes als ein Teil unserer Gesellschaft.“
Zeit, sich die Welt wieder etwas bunter zu malen. Ob mit Likörellen oder nicht, ist nur eine Geschmacksfrage.