Hamburg. Mit ihrem neuen Album wird sich die Sängerin auf ihrem Thron halten können – auch einige Hamburger halfen ihr dabei.

Helene Fischer könnte ein Weltstar sein. Ja, wirklich. Wer ihre fünf Showabende 2017 in der Barclays Arena oder das Doppelkonzert 2018 im Volksparkstadion erlebt hat, muss zwangsläufig zu dieser Schlussfolgerung kommen.

Was Inszenierung, Effekte, Artistik, Choreographien und unzählbare technische Finessen betrifft, kann fast niemand mit ihr mithalten. Weder Rihanna noch Lady Gaga, nicht Taylor Swift und auch nicht Beyoncé. Nur Pink ist im Stadion mit ihr auf Augenhöhe. Alles was Helene Fischer jetzt noch braucht, sind exzellente, englischsprachige Songschreiber und Komponisten aus Schweden und Nordamerika.

Helene Fischer gibt Konzert in München

Aber Deutschlands erfolgreichster Popstar will Deutschlands erfolgreichster Popstar bleiben, mit viel Abstrahlung nach Österreich und in die Schweiz. Höhere Ziele hat sie derzeit nicht, es läuft ja auch so. Am 20. August 2022 sollen 150.000 Fans zu ihrem Konzert auf dem Messegelände in München kommen, das größte Konzert einer Solokünstlerin in Deutschland.

Und als sie am Donnerstagabend zur Präsentation ihres neuen Albums „Rausch“ auf YouTube und TikTok einlud, war das ein Großereignis – auch wenn technisch nicht alles rund lief. Vom Rummel um neue Details aus ihrem Privatleben, die an dieser Stelle keine Rolle spielen, ganz zu schweigen.

Zuletzt erschien 2017 das Album „Helene Fischer“

„Rausch“ heißt also der Nachfolger ihrer drei Nummer-eins-Alben „Für einen Tag“ (2011), „Farbenspiel“ (mit „Atemlos durch die Nacht“, 2013) und „Helene Fischer“ (2017). Rausch heißt Kontrollverlust, Übermaß, Ekstase. Also nichts, was in die in jeder Hinsicht kalkulierte Perfektion eines Helene-Fischer-Liedes oder -Auftritts passt.

Auch wenn sie immer wieder rauschhafte Momente auslöst – auf Après-Ski-Feiern, Schützenfesten, auf Hochzeiten und bei Fußball- Auswärtsfahrten. Wo Frikadellen unter Folie schwitzen, bringen „Achterbahn“ und „Atemlos durch die Nacht“ Pep in die Playlist. Noch einen Baileykaner (Baileys mit Mexikaner, sprich Korn, Tomatensaft und Tabasco), und ab geht es auf die braun geflieste Tanzfläche unter der kegelballgroßen Discokugel. Unser Lied!

Helene Fischer arbeitete 18 Monate lang an Album

An „Rausch“ arbeitete Helene Fischer 18 Monate lang zusammen mit einem großen, internationalen Team für Produktion, Songwriting und Texte. Aus Hamburg sind unter anderem Axel Bosse, Farsad „Fayzen“ Zoroofchi und Alexander „Ali“ Zuckowski dabei. Und neben so ungewöhnlichen wie bewährten Partnern wie dem Hip-Hop-Produzenten B-Case (Farid Bang, Kollegah), der bereits an „Achterbahn“ mitarbeitete, sind auch neue Songschreiberinnen wie „DSDS“-Kandidatin Alina Wichmann oder die junge britische Sängerin Becky Hill aufgenommen worden.

Zudem ist zu hören, dass Helene Fischer selber so viel wie noch nie an den Liedern mitgefeilt hat und die persönliche Note entsprechend groß sei. Das wird ein Spaß für die Klatschblätter, die jede Textzeile vom Abschiedslied „Volle Kraft voraus“ und der Hochzeitshymne „Alles von mir“ in die brodelnden Töpfe ihrer Gerüchteküche kippen und kräftig umrühren werden.

24 neue Lieder finden sich auf der Deluxe-Ausgabe

Satte 18 Lieder finden sich auf der Standard-Edition von „Rausch“ und 24 Songs auf der Deluxe-Ausgabe. Aber egal wie viele kreative Köpfe an der Ballermann-Nummer „Vamos a Marte“ (mit Louis Fonsi) und dem Clubfeger „Wenn alles durchdreht“ mitarbeiteten, am Ende klingt es immer nach Konsens.

Man könnte es auch Dutzendware nennen, aber Helene Fischer drückt mit einer auffällig raueren Stimme stets ihren Stempel auf. Die Fans wollen ihre Helene schließlich wiedererkennen. Das fängt schon bei den stoischen Beats an, die die abgehobene House-Powerballade „Wann wachen wir auf“ oder den Discospaß „Liebe ist ein Tanz“ nie aus dem Bumm-Bumm-Korsett entlassen.

„Rausch“ ist Helene Fischers vielseitigstes Album

„Liebe ist ein Tanz, sich im Beat ganz verlieren“, mehr ist auch textlich oft nicht drin. Eine der Ausnahmen ist „Engel ohne Flügel“, eine Ode an Pflegekräfte, Nahverkehrspersonal und alle anderen, ohne die nichts geht. Eine schöne Geste. Ansonsten gibt es viel Liebe in „Hand in Hand“, „Wir werden eins“ oder „Danke für dich“ und „Wunden“, wo irgendjemand Fischers innere Welt ins Gleichgewicht bringt.

Stilistisch ist „Rausch“ Helene Fischers vielseitigstes Album, aber unter dem Strich natürlich voll auf die gigantischen Bühnen der Stadien und Messegelände konfektioniert. „Wir werden eins“, „Rausch“, „Genau dieses Gefühl“, „Jetzt oder nie“ und - kicher - „Blitz“ sollen und werden Hamburg und Berlin, Zürich und Wien, Bielefeld, Dresden und Heilbronn zum Tanzen bringen. Kartoffelstampf. Mit diesem Album bleibt Helene Fischer die Königin des Schlagers – wenn man ihren Pop noch Schlager nennen möchte – und der Schlagzeilen. Und sie bleibt weltberühmt. In Deutschland.