Als Popband mit Konfetti im Köcher taugte Coldplay ziemlich gut. Für „Music of the Spheres“ gilt das aber nur noch bedingt.

Zu den Sternen sollte man gucken. Um zu sehen, wie sie für uns scheinen: „Look at the stars/Look how they shine for you“, sang Chris Martin in „Yellow“. Und dann war das erledigt, Coldplay die neue beste Band der Welt und bald nicht mehr Indie, sondern Stadion. Coldplay wollten nichts anderes als allergrößten Ruhm, und dafür gingen sie Wege, die manche frühen Fans ihnen übelnahmen.

Denen sei gesagt: Quietschbunte Popsongs wie „Every Teardrop Is A Waterfall“, „Paradise“ und „A Sky Full of Stars“ sind eigentlich ziemlich geil. Pop braucht eines gar nicht immer: Tiefgang, Intimität, „Authentizität“, was immer das ist. Als Popband mit Konfetti im Köcher taugte Coldplay auch ziemlich gut. Aber gilt das auch noch für „Music of the Spheres“, das neue Album, mit dem die Engländer nun extraterrestrisch werden?

Bedingt. Das Weltall erobern, das musste eh nicht unbedingt das Ziel sein. Wobei andererseits eine derartig ehrgeizige Band nach einem künstlerisch gelungenen, aber kommerziell miesen Album wie „Everyday Life“, das vor zwei Jahren erschien, Konsolidierung nicht für eine Option halten konnte. Dann schon lieber Rumspinnen mit Außerirdischen. Das neue Album ist das Gegenteil des nach innen gewandten Vorgängers. Ein nach den aktuellen Soundstandards, also viel zweckmäßigen Synthiesounds, überirdischen Chorgesängen, meist Upbeat-Geflacker designtes Werk, auf dem, allerwichtigst: das Label „Max Martin“ zu finden ist. Der Produzent ist die personifizierte Hitgarantie.

„My Universe“ landete auf Platz eins in Amerika

„Higher Power“, die erste Single, ist catchy und ein Feuerwerk der allerbesten Laune. Dem muss man sich entziehen können, wenn man keinen Bock auf den Populärwahn der Briten hat. Kann man aber eben nicht, und selbst die erstaunlichste oder viel eher logischste Anwanzung an den Weltpopgeist, die K-Pop-Variation „My Universe“, ist so eingängig, dass man halt doch mitsingen mag.

Der Boyband BTS, Speerspitze des südkoreanischen Popsiegeszugs, gelang es 2018, als erster nichtenglischsprachiger Band seit Langem, sich auf Platz der amerikanischen Charts zu platzieren. Ebenjenes Phänomen BTS half Coldplay nun als Kollaborateur mit „My Universe“ zur zweiten US-Single-Nummer-eins nach „Viva La Vida“. Mission erfüllt.

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Coldplay, die kommendes Jahr auf möglichst klimaneutrale Welttournee – sie spielen je zweimal in Berlin und in Frankfurt – gehen, kreisen eh im eigenen Sonnensystem. Für ihr Album haben sie ein eigenes Gestirn von Planeten und Sternen erfunden. Dort spricht man Fantasiesprachen. Fantasie haben Coldplay längst mit ihrem Werk bewiesen, in der Gute-Laune-Lieder wie „Humankind“ die Hit-verdächtige Endstufe sind.

Die Frage ist, ob die Band jetzt, wo sie weiß, dass sie auch das Konzept „Plötzlich Boygroup mit Mitte 40“ kann, zurückfindet auf den Weg der Tugend. Oder ob die verbotene Frucht zu gut schmeckt – diese Band fürchtet nichts. Auch nicht, dass man ihr attestieren kann, dass man sie für den lieblichen Mainstreampop von „Music of the Spheres“ ab einem gewissen Punkt nicht mehr braucht. Da kann man ja gleich BTS hören!