Hamburg. Am Freitag feiert „Playing Trump“, übrigens ein Ein-Frau-Stück, in der Inszenierung von Opern-Intendant Georges Delnon Uraufführung.

Am Sonntag stemmte der frühere Hamburger Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher bei den Salzburger Festspielen Luigi Nonos System-Anklage „Intolleranza 1960“ auf eine Bühne, ein monströs komplexes Stück über Politik und Moral, das auch nach sechs Jahrzehnten nichts von seiner Wucht und seiner Wut verloren hat.

Und an diesem Freitag erlebt, ursprünglich geplant auf dem Vorplatz der Elbphilharmonie, aus Wettergründen verschoben auf die Probebühne, eine „Cheap Opera“ über den letzten US-Präsidenten ihre Uraufführung, eine billige Oper also: „Playing Trump“ ist ein Ein-Frau-Stück zu Musik von Bernhard Lang mit der Sopranistin Donatienne Michel-Dansac. Und mit nichts als O-Tönen des Seifen-Opern-Stars „The Donald“, inszeniert vom Staatsopern-Intendant Georges Delnon.

Donald Trumnp als Hauptfigur einer Billig-Oper

Hamburger Abendblatt: Wieso jetzt noch dieses Stück, ausgerechnet über Trump? Der ist Geschichte und die Mühe nicht mehr wert, könnte man meinen?

Georges Delnon: Unsere Grundidee war, Reden von Politikern musikalisch zu untersuchen, vielleicht auch weil man so das System dahinter sichtbar macht. Trump ist ein spektakuläres Beispiel für diese Art von Reden, ein Politiker, der seine Zeit extrem geprägt hat.

Es kommen also noch andere Hauptrollen-Kandidaten?

Delnon: Das ist zu befürchten (lacht). Wir dachten an eine Trilogie, aber die anderen beiden werden momentan noch heftig diskutiert.

Dass Politik ein Streichelzoo ist, weiß ich aber doch schon längst, spätestens seit Händels Oper über Julius Cäsar.

Delnon: Natürlich, aber gerade für Neue Musik ist es doch interessant, sich damit auseinanderzusetzen. Wir wollten versuchen, mit wenig Aufwand und sehr überlegt etwas mit neuer Form und Flexibilität zu machen. Wir wollten Trump aber nie wie Cäsar auf die Bühne bringen – er wird bei „Playing Trump“ nur „gespielt“.

Das Libretto besteht praktisch nur aus Trumps „alternative facts“-Geschwafel.

Delnon: Genau. Es sind 16 Nummern, eigentlich wie ein Pop-Konzert mit 16 Titeln.

Inszenieren Sie frei nach der alten Theater-Devise „Komödie ist Tragödie plus Zeit“, ziehen Sie Trump eine Stunde lang durch den Kakao?

Delnon: Es wird ein Pop-Konzert mit der Möglichkeit für die Darstellerin, ihn zu spielen. Und es wird für sie sehr fordernd. Es ist nicht die Idee, eine Geschichte drüberzustülpen. Durch den Kakao ziehen? Nein. Man musste ja ernst nehmen, was er gesagt hat.

Die Bühne ist nicht groß und Sie haben gerade mal zwei Synthesizer, ein Saxophon, Gitarre und Percussion. Das muss man schon als Oper bezeichnen wollen…

Delnon: … „Cheap Opera“…

… und wie muss ich mir die Musik vorstellen?

Delnon: Sehr poppig, sehr schmissig und für Bernhard Lang typisch sehr repetitiv. Pop kennen wir ja auch so, aber nicht so raffiniert.

Über einen anderen Republikaner-Präsidenten, Richard Nixon, wurde 1987 von John Adams die sehr große Oper „Nixon in China“ geschrieben. Spielte dieser Vorgänger bei Ihren Überlegungen eine Rolle?

Nein. Corona hat einen gezwungen, über die kleinere Form nachzudenken.

Ist die Zeit des so konkreten, sich auf lebende Personen der Zeitgeschichte beziehenden Musiktheaters nicht inzwischen vorbei?

Delnon: Hier geht es nicht darum, die Figur Trump auf die Bühne zu bringen, sondern darum, Dinge zu dekonstruieren. Diese Konkretheit braucht es. Wenn man überlegt, wie viel man in früheren Jahrhunderten über Könige, Fürsten, Führungspersonen geschrieben und komponiert hat – warum nicht heute?

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Der nächste große Opern-Stoff, der jetzt quasi auf der Straße läge: Corona. Was meinen Sie: bloß nicht oder unbedingt?

Delnon: Zu früh. Ich bin immer etwas ratlos, wenn ich höre, wie Menschen versuchen, das Ganze jetzt schon intellektuell einzuordnen. Da braucht es Zeit und Reflexion. Aber, eines Tages: ja, auf jeden Fall.

Hinweis: Verlegt

  • Die Premiere von „Playing Trump“ am 20. August, 20 Uhr, wurde wegen der unsicheren Wetterlage vom Vorplatz der Elbphilharmonie auf die Probebühne 1 der Hamburgischen Staatsoper verlegt (Zugang ist über die Kleine Theaterstraße). Dort finden auch alle weiteren Vorstellungen statt (21. / 22. / 24. / 25. August). Bereits erworbene Tickets behalten ihre Gültigkeit. 
  • Der Besuch ist nur mit einem negativen Corona-Testnachweis (Schnelltest, nicht Selbsttest, nicht älter als 48 Stunden, oder PCR-Test, nicht älter als 72 Stunden), dem Nachweis einer vollständigen Corona-Schutzimpfung oder Genesenen-Nachweis möglich. Infos: www.staatsoper-hamburg.de