Hamburg. Für die Ausstellung über Max Beckmann gibt es Restkarten. Was die anderen Häuser zu bieten haben und wie ein Besuch läuft.

„Ungläubige Freude.“ Das ist es, was Karin Schick im Moment empfindet. Außergewöhnlich lang und steinig war der Weg der Kuratorin zur besonderen, großartigen Ausstellung über den Moderne-Maler Max Beckmann. Das Schicksal legte ihr gleich zwei Mal große Brocken in diesen Weg: Beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 musste „weiblich/männlich“ vom einen auf den anderen Tag verschoben werden.

Der Herbst erschien als geeignetes Ausweichdatum, rechtzeitig zur klassischen Museumssaison. Doch dann kam es pandemiebedingt zum zweiten Lockdown. Und Max Beckmann musste nach gut vier Wochen – und immerhin 23.000 Besuchern – erneut schließen.

Kunsthalle in Hamburg öffnet als erstes

Von den ersten Lockerungen in der Kulturszene erfuhr Karin Schick in den Märzferien von ihrem Chef Alexander Klar. Der Kunsthallen-Direktor („großes Wiedereröffnungsglück“) hatte in der Direktorenrunde am vergangenen Donnerstag mit Kultursenator Carsten Brosda (SPD) getagt.

Um die Museen für die Wiedereröffnung vorzubereiten, Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu holen, sie in die Ausstellungen einzuweisen, das Ticketsystem sowie die Abstands- und Hygieneregeln anzupassen, einigte man sich auf den 12. März als Wiedereröffnungsdatum. Lediglich die Kunsthalle startete bereits am Dienstag mit zwei ihrer Sonderausstellungen durch: „De Chirico. Magische Wirklichkeit“ und eben „Max Beckmann. weiblich/männlich“. Der Hauptgrund für diesen, laut Brosda, „Sonderstatus“: Beckmann läuft nach Verlängerung nur noch bis Sonntag.

„Erst haben wir um einige Monate verlegt, dann haben wir vom 24. Januar auf den 14. März dieses Jahres verlängert. Das alles bedeutet einen irrsinnigen Organisationsaufwand“, sagt Karin Schick. An die 40 private und öffentliche Leihgeber und Förderer mussten angeschrieben werden, damit die Werke noch länger in Hamburg bleiben können; die ausgestellten Kunstwerke stammen unter anderem aus dem Frankfurter Städel Museum, dem St. Louis Art Museum in Missouri und dem Stedelijk Museum in Amsterdam und sind größtenteils schon für anschließende Ausstellungen reserviert. Versicherungsverträge und konservatorische Gutachten mussten aktualisiert werden.

Nur noch wenige Zeitfenster-Tickets für Max Beckmann

„Dass ich Max Beckmann nun noch einmal sichtbar machen kann, freut mich riesig“, sagt Karin Schick. Schließlich mache sie die Ausstellung nicht für sich, sondern, um sie mit der Öffentlichkeit zu teilen. Diese hat nun noch sechs Tage Zeit, um den Künstler auf eine ganz andere Art zu entdecken, nämlich als Analysten weiblicher und männlicher Geschlechterrollen, durch „eine Konstellation von bedeutenden Werken, die so noch nie zu sehen waren“, so die Kuratorin. Darunter auch die Neuerwerbung des Hauses: das „Selbstbildnis Florenz“ von 1907.

Zwar ist der Ticketshop noch nicht wie im Fall der Warhol-Schau im Kölner Ludwig-Museum zusammengebrochen, doch gebe es laut Besucherinformation nur noch wenige Zeitfenster-Tickets. Das zeige „das starke Bedürfnis der Menschen nach Kunst und Kultur“, sagt Karin Schick. Wie für viele Kolleginnen und Kollegen ist es auch für sie unverständlich und ärgerlich, dass die Museen so lange schließen mussten. Schließlich seien Ausstellungshäuser nicht nur zur geistigen Erbauung da, sondern auch Wirtschaftsunternehmen. „Gerade bei einer Blockbuster-Ausstellung wie Max Beckmann hätten wir die Einnahmen gut gebrauchen können.“

Museumsgänger müssen einen Termin vereinbaren

Es sei „richtig und zu verantworten, dass die Kultur bei den ersten Öffnungsschritten dabei ist. Die Museen bieten mit ihren erprobten Hygienekonzepten, weitläufigen Räumen und guten Lüftungsanlagen beste Bedingungen für ein sicheres Kulturerlebnis“, sagt Carsten Brosda. „Jetzt können wir die Orte wieder entdecken, die uns als Gesellschaft so wichtige Impulse durch Kunst und Kultur geben. Perspektivisch hoffe ich, dass der Fortschritt beim Impfen und kluge Teststrategien weitere Öffnungen für die Kultur ermöglichen.“

Da Hamburg beim Inzidenzwert über 50 liegt, müssen Museumsgänger vor dem Ausstellungsbesuch einen telefonischen Termin vereinbaren oder ein Zeitfenster-Ticket online buchen. So könne ein kontrollierter Publikumsverkehr unter Wahrung der gegebenen Auflagen garantiert werden. Wie viele Menschen zur selben Zeit ins Museum dürfen, hängt von der jeweiligen Größe des Hauses ab. In den Räumen müssen Schutzmasken getragen und Abstände eingehalten werden. Die Museen verpflichten sich außerdem, die Kontakte aller Besucherinnen und Besucher zu dokumentieren, um sie gegebenenfalls nachverfolgen zu können.

Ein spontaner Kunstausflug sieht anders aus, aber immerhin

„Für die Öffnung wurde auch diesmal ein gemeinsames Vorgehen der staatlich getragenen Museen und Ausstellungshäuser abgestimmt. Für den sicheren Aufenthalt der Besucherinnen und Besucher unter Einhaltung der geltenden Hygiene- und Distanzauflagen ist verlässlich gesorgt“, versichert Hans-Jörg Czech, Direktor und Vorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg. Gut, ein spontaner Kunstausflug sieht anders aus, aber immerhin ist eine Begegnung mit der Kunst wieder möglich.

Deichtorhallen-Intendant Dirk Luckow wird vielen aus der Seele sprechen: „Der Lockdown hat uns gezeigt, wie schmerzlich wir es vermissen, wenn die gezeigte Kunst weder angeschaut noch sich über sie ausgetauscht werden kann. Er hat auch verdeutlicht, dass die digitale Vermittlung nur ein bedingter Ersatz für das physische Erleben kultureller Äußerungen ist.“

Auch die Georges-Braque-Schau konnte verlängert werden

Karin Schick wird sich am Sonntag mit der digitalen Führung „Adieu Herr Beckmann“ vom Maler verabschieden. Anschließend wird es etwa eine Woche in Anspruch nehmen, bis die Ausstellung zusammen mit Registraren und Restauratorinnen abgebaut ist. Für die Kuratorin hatte Corona auch eine gute Seite: „Obwohl wir mit anderen Museen im Wettbewerb stehen, hat man eine große Kollegialität und großes Verständnis für diese schwierige Situation gespürt. Keiner der Leihgeber hat gezögert, uns die Werke länger zu überlassen.“

Dieses Gefühl, dass alle in einem, wenn auch stark schwankenden, Boot sitzen, kennt auch Kathrin Baumstark, künstlerische Leiterin des privat betriebenen Bucerius Kunst Forum. Auch sie verlängerte die aktuelle Sonderausstellung und wurde dabei vom Pariser Centre Pompidou, dem Kooperationspartner der Ausstellung „Georges Braque. Tanz der Formen“, unterstützt.

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Ursprünglich wäre die erste seit mehr als 30 Jahren in Deutschland gezeigte Retrospektive über den französischen Kubisten am 24. Januar zu Ende gegangen. Nun konnte sie bis zum 30. April verlängert werden. „Wir freuen uns sehr, dass Kunstinteressierte nun auch nach der Wiedereröffnung unseres Hauses Braques erstaunliche schöpferische Vielfalt entdecken und in den unersetzlichen Genuss der Originale kommen können“, sagt Kathrin Baumstark. Einziger Wermutstropfen: Für Braque musste die für Ende Februar geplante „Samurai“-Schau abgesagt werden.

Karten für „Max Beckmann“ und „De Chirico“ gibt es im Ticket-Shop auf www.hamburger-kunsthalle.de. Für Georges Braque gibt es Zeitfenster-Tickets unter buceriuskunstforum.de. Außerdem verlost das Abendblatt unter seinen Leserinnen und Lesern jeweils 40 Karten für die Kunsthallen-Ausstellungen.

Aktuelle Ausstellungen in den Hamburger Museen

Das Ernst Barlach Museum im Jenischpark zeigt vom 9. bis 14. März in „Kanzlers Kunst“ die private Kunstsammlung des Ehepaares Loki und Helmut Schmidt (Mi–So, 11.00–18.00, Terminabsprache unter 040/82 60 85, Baron-Voght-Straße 50a, www.barlach-haus.de). Im Bargheer Museum wurde die Ausstellung „Ein anderes Afrika“ mit Werken des Malers Eduard Bargheer bis zum 3. Mai verlängert (Di–So, 11.00–18.00, telefonische Voranmeldung unter 040/89 80 70 97, Hochrad 75, Eintritt 7,-/5,-; www.bargheer-museum.de).

Die Deichtorhallen zeigen ab Freitag, dem 12. März, „William Kentridge. Why Should I Hesitate: Putting Drawings To Work“ im Haus für aktuelle Kunst (Deichtorstraße 1-2, Eintritt 12,-/7,-; www.deichtorhallen.de) sowie ab Sonntag, dem 14. März, die Ausstellung der Künstlerin Katharina Sieverding „Fotografien. Projektionen. Installationen. 2020–1966“ in der Sammlung Falckenberg in Harburg (sonntags, 12.00–17.00, Wilstofer Straße 71, Eintritt 10,-/6,-; www.sammlung-falckenberg.de). Für beide Ausstellungen können ab dem 11. März individuelle Zeitfenster gebucht werden.

Das Museum für Kunst und Gewerbe wartet gleich mit fünf neuen Ausstellungen auf: „Together. Die neue Architektur der Gemeinschaft“, „Schule der Folgenlosigkeit“, Life On Planet Orsimanirana“, „Peter Gustav Dorén. Ein Hamburger Raumkünstler um 1900“ sowie „Tiere, Tampons und Theater. Das MK&G kuratiert kollektiv“ (Steintorplatz, Eintritt 12,-/8,-; mkg-hamburg.de). Unter https://tickets.mkg-hamburg.de/#/tickets/time?group=timeSlot kann ab Donnerstag ein verbindliches Zeitfenster gekauft werden.

Fisch, Gemüse, Wertpapiere, Steppen und Gladiatoren

Im Museum der Arbeit in Barmbek läuft ab 12. März die Ausstellung „Grenzenlos. Kolonialismus, Industrie und Widerstand“ (Wiesendamm 3, 8,50/5,-). Das Altonaer Museum zeigt „Glaubensfreiheit. Gegeben und gefordert – seit 1901“ sowie die Fotoschau um Fide Struck „Fisch. Gemüse. Wertpapiere“ (Museumstraße 23, Eintritt 8,50/5,-). Das Museum für Hamburgische Geschichte präsentiert die Kunstintervention „Erinnerungsmosaik. Zur Wahrnehmung und Erzählung von Geschichte“ (Holstenwall 24, Eintritt 9,50/6,-). Für alle Ausstellungen sind Zeitfenster-Tickets ab 11. März online buchbar über www.shmh.de oder telefonisch unter 040/428 13 10.

Das MARKK, Museum am Rothenbaum, zeigt ab 12. März die Schau „Steppen und Seidenstraßen“ (Rothenbaumchaussee 64, Eintritt 8,50/4,50; www.markk-hamburg.de). Im Archäologischen Museum Hamburg dreht sich alles um „Gladiatoren – Helden des Kolosseums“ (Museumsplatz 2, Eintritt 6,-/4,-, Tickets ab Donnerstag buchbar über die Website www.museumsdienst-hamburg.de oder telefonisch unter 040/428 13 10).